Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)
Altsass versammelte sich hinter verschlossenen Türen, das wusste Tyrion; ihre Beratungen wurden streng geheim geführt. Demnach hat Varys auch in der Citadel kleine Vögelchen. »Ich verstehe. Mein Vater hat beschlossen, die Rose zu pflücken, ehe sie blüht.« Er musste kichern. »Pycelle ist eine Kröte. Aber besser eine Lennisterkröte als eine Tyrellkröte, nicht wahr?«
»Großmaester Pycelle war stets ein guter Freund Eures Hauses«, antwortete Varys süß. »Vielleicht tröstet Euch die Nachricht, dass Ser Boros Blount ebenfalls wieder eingesetzt wurde.«
Cersei hatte Ser Boros den weißen Mantel abgenommen, weil er sein Leben nicht eingesetzt hatte, als ihm Bronn auf der Straße nach Rosby Prinz Tommen abgenommen hatte. Der Mann war nicht Tyrions Freund, doch nach alldem hasste er Cersei wahrscheinlich genauso sehr wie er selbst. Ich denke, das ist schon etwas. »Blount ist ein aufgeblasener Feigling«, sagte er wohlwollend.
»Ist er das? Meine Güte. Trotzdem dienen die Ritter der Königsgarde der Tradition nach ihr ganzes Leben lang. Vielleicht wird Ser Boros in Zukunft größere Tapferkeit an den Tag legen. Er wird ohne Zweifel sehr treu ergeben sein.«
»Meinem Vater«, sagte Tyrion scharf.
»Wo wir gerade von der Königsgarde sprechen ... Ich frage
mich, könnte dieser entzückende und überraschende Besuch vielleicht zufällig mit Ser Boros’ gefallenem Bruder zusammenhängen, dem tapferen Ser Mandon Moor?« Der Eunuch strich sich über die gepuderte Wange. »Euer Bronn scheint sich in letzter Zeit sehr für ihn zu interessieren.«
Bronn hatte alles über Ser Mandon herausgefunden, was er konnte, doch ohne Zweifel wusste Varys eine Menge mehr über ihn ... wenn er dieses Wissen teilen würde. »Der Mann hatte offenbar keine Freunde«, wagte sich Tyrion vorsichtig vor.
»Traurig«, sagte Varys, »sehr traurig. Im Grünen Tal würdet Ihr vermutlich ein paar Verwandte finden, wenn Ihr genug Steine umdreht, aber hier ... Lord Arryn hat ihn nach Königsmund mitgebracht, und Robert hat ihm den weißen Mantel gegeben, doch keiner der beiden mochte ihn sehr, fürchte ich. Trotz seines unzweifelhaften Könnens vermochte er in Turnieren das einfache Volk nicht zu begeistern. Ja, sogar seine Brüder in der Königsgarde haben sich nie für ihn erwärmen können. Ser Barristan hat einmal gesagt, der Mann habe keinen Freund außer seinem Schwert und kein Leben außer seiner Pflicht ... nur, wisst Ihr, ich glaube, Selmy meinte das nicht als Lob. Was doch eigenartig ist, wenn man es recht bedenkt, oder? Genau diese Eigenschaften wünschen wir für die Männer der Königsgarde, könnte man sagen ... Männer, die nicht für sich selbst, sondern für ihren König leben. In diesem Licht betrachtet war unser tapferer Ser Mandon der vollkommene weiße Ritter. Und er starb, wie es einem Ritter der Königsgarde gebührt, mit dem Schwert in der Hand bei der Verteidigung eines Blutsverwandten seines Königs.« Der Eunuch lächelte ihn verschlagen an und beobachtete ihn scharf.
Beim Versuch, einen vom Blute des Königs zu ermorden, meint Ihr. Tyrion fragte sich, ob Varys mehr wusste, als er preisgab. Nichts von dem, was er gehört hatte, war ihm neu; Bronn hatte genau das Gleiche berichtet. Er brauchte eine Verbindung
zu Cersei, ein Zeichen, dass Ser Mandon der Handlanger seiner Schwester gewesen war. Was wir wollen, ist nicht immer das, was wir bekommen, dachte er bitter, und das erinnerte ihn an etwas ...
»Ich bin nicht wegen Ser Mandon hier.«
»Gewiss.« Der Eunuch schritt zu dem Wasserkrug hinüber. »Darf ich Euch etwas einschenken, Mylord?«, fragte er.
»Ja, aber kein Wasser.« Er faltete die Hände. »Ihr sollt Shae zu mir bringen.«
Varys trank einen Schluck. »Ist das weise, Mylord? Das liebe süße Kind. Es wäre zu schade, wenn Euer Vater sie aufhängte. «
Dass Varys darüber Bescheid wusste, wunderte ihn nicht. »Nein, weise ist es nicht, sondern reiner Wahnsinn. Ich will sie nur ein einziges Mal sehen, ehe ich sie fortschicke. Ich kann es nicht ertragen, sie länger in meiner Nähe zu wissen.«
»Ich verstehe.«
Wie könntet Ihr? Tyrion hatte sie erst gestern gesehen, als sie mit einem Eimer Wasser die Serpentinentreppe hinaufstieg. Er hatte einen jungen Ritter beobachtet, der ihr anbot, den schweren Eimer zu tragen. Bei der Art, wie sie ihm die Hand auf den Arm gelegt und ihn angelächelt hatte, war Tyrion flau im Magen geworden. Sie waren nur wenige Zoll entfernt aneinander vorbeigegangen, sie
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