Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell
zu bringen. Macht, Lady Arryn und ihren Sohn zu schützen, falls das Schlimmste wirklich wahr sein sollte.«
Hilflos sah sich Ned im Schlafgemach um. Catelyns Herz strebte ihm zu, doch wusste sie, noch durfte sie ihn in diesem Augenblick nicht in die Arme schließen. Erst musste der Sieg errungen sein, um ihrer Kinder willen. »Ihr sagt, Ihr liebt Robert wie einen Bruder. Würdet Ihr zulassen, dass Euer Bruder von Lennisters umzingelt bleibt?«
»Sollen die Anderen Euch beide holen«, murmelte Ned finster. Er wandte sich von ihnen ab und trat ans Fenster. Sie sagte nichts, und auch der Maester nicht. Sie warteten schweigend, während Eddard Stark Abschied von seinem Heim nahm, das er so sehr liebte. Als er sich schließlich vom Fenster abwandte, war seine Stimme müde und voller Melancholie,
und etwas Feuchtes glitzerte in seinen Augenwinkeln. »Mein Vater zog einmal gen Süden, um dem Ruf eines Königs zu folgen. Er kehrte nie mehr zurück.«
»Es war eine andere Zeit«, erwiderte Maester Luwin, »ein anderer König.«
»Ja«, sagte Ned wie betäubt. Er setzte sich auf einen Stuhl vor dem Kamin. »Catelyn, Ihr bleibt auf Winterfell.«
Wie ein eisiger Lufthauch trafen sie seine Worte ins Herz. »Nein«, sagte sie plötzlich erschrocken. Sollte das ihre Strafe sein? Nie wieder sein Gesicht zu sehen, nie wieder seine Arme um sich zu spüren?
»Ja«, sagte Ned mit einer Stimme, die keine Widerworte duldete. »Ihr müsst an meiner Stelle im Norden regieren, während ich mich um Roberts Angelegenheiten kümmere. Stets muss ein Stark auf Winterfell sein. Robb ist vierzehn. Bald wird er erwachsen sein. Er muss lernen zu regieren, und ich werde nicht für ihn da sein. Lasst ihn an Euren Entscheidungen teilhaben. Er muss bereit sein, wenn seine Zeit gekommen ist.«
»Mögen uns die Götter gnädig sein, dass es noch viele Jahre dauert«, murmelte Maester Luwin.
»Maester Luwin, ich vertraue Euch wie meinem eigenen Fleisch und Blut. Steht meiner Frau in allen großen und kleinen Dingen zur Seite. Lehrt meinen Sohn alles, was er wissen muss. Der Winter naht.«
Maester Luwin nickte feierlich. Dann machte sich Stille breit, bis Catelyn den Mut fand, die Frage zu stellen, deren Antwort sie am meisten fürchtete. »Was wird mit den anderen Kindern?«
Ned stand auf und schloss sie in die Arme, dann brachte er sein Gesicht ganz nah an ihres. »Rickon ist noch sehr klein«, sagte er sanft. »Er sollte hier bei Euch und Robb bleiben. Die anderen werde ich mit mir nehmen.«
»Das könnte ich nicht ertragen«, sagte Catelyn bebend.
»Ihr müsst«, gab er zurück. »Sansa muss Joffrey heiraten, das ist jetzt klar, denn wir dürfen ihnen keinen Anlass bieten,
an unserer Ergebenheit zu zweifeln. Und es ist schon lange überfällig, dass Arya die Sitten und Gebräuche der Höfe im Süden lernt. In wenigen Jahren wird auch sie im heiratsfähigen Alter sein.«
Sansa würde aufblühen im Süden, so dachte Catelyn bei sich, und – bei den Göttern – Arya hatte eine Verfeinerung ihrer Umgangsformen bitter nötig. Widerstrebend löste sie sich im Herzen schon von ihnen. Doch nicht Bran. Niemals Bran. »Ja«, sagte sie, »aber bitte, Ned, bei aller Liebe, die Ihr für mich empfinden mögt, lasst Bran hier bei mir auf Winterfell bleiben. Er ist erst sieben.«
»Ich war acht, als mich mein Vater auf die Ehr schickte«, sagte Ned. »Ser Rodrik berichtet mir, es gäbe böses Blut zwischen Robb und Prinz Joffrey. Das ist nicht gut. Bran kann diese Kluft überbrücken. Er ist ein süßer Junge, lacht gern, jedermann liebt ihn. Lasst ihn mit den jungen Prinzen aufwachsen, lasst ihn deren Freund werden, wie Robert der meine wurde. Unser Haus wird dadurch sicherer.«
Er hatte Recht, das wusste Catelyn. Es machte den Schmerz nicht leichter zu ertragen. Sie würde also alle vier verlieren: Ned, beide Mädchen und ihren süßen, liebevollen Bran. Nur Robb und der kleine Rickon würden ihr bleiben. Schon jetzt fühlte sie sich einsam. Winterfell war so groß. »Nur haltet ihn von Mauern fern«, sagte sie tapfer. »Ihr wisst, wie gern Bran klettert.«
Ned küsste ihr die Tränen von den Augen, bevor sie fallen konnten. »Ich danke Euch, Mylady«, flüsterte er. »Es ist schwer, ich weiß.«
»Was wird mit Jon Schnee, Mylord?«, fragte Maester Luwin.
Bei der bloßen Nennung seines Namens verspannte sich Catelyn. Ned spürte den Zorn in ihr und löste sich von ihr.
Viele Männer zeugten Bastarde. In diesem Bewusstsein war Catelyn
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