Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
Vom Netzwerk:
weil er ein Bastard ist.«
    »Er ist unser Bruder«, sagte Arya viel zu laut. Ihre Stimme schnitt durch die nachmittägliche Stille im Turmzimmer.
    Septa Mordane blickte auf. Sie hatte ein knochiges Gesicht, scharfe Augen und einen schmalen, lippenlosen Mund, wie geschaffen für Missbilligung. »Worüber sprecht ihr, Kinder? «
    »Über unseren Halbbruder«, verbesserte sie Sansa sanft
und korrekt. Sie lächelte die Septa an. »Arya und ich bemerkten gerade, wie hocherfreut wir sind, die Prinzessin heute bei uns zu haben«, sagte sie.
    Septa Mordane nickte. »In der Tat. Eine große Ehre für uns alle.« Prinzessin Myrcella lächelte unsicher über dieses Kompliment. »Arya, wieso bist du nicht bei der Arbeit?«, fragte die Septa. Sie erhob sich, und gestärkte Röcke raschelten, als sie durch den Raum herüberkam. »Lass mich deine Stiche sehen.«
    Arya hätte schreien können. Es sah Sansa nur ähnlich, die Aufmerksamkeit der Septa auf sie zu lenken. »Hier«, sagte sie, als sie ihr die Stickereien aushändigte.
    Die Septa betrachtete den Stoff. »Arya, Arya, Arya«, sagte sie. »Das wird nicht genügen. Das wird sicher nicht genügen. «
    Alle sahen sie an. Es war zu viel. Sansa war zu wohlerzogen, als dass sie über die Schande ihrer Schwester gelächelt hätte, doch Jeyne grinste an ihrer Stelle höhnisch. Selbst Prinzessin Myrcella schien Mitleid zu haben. Arya merkte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie sprang von ihrem Stuhl auf und hastete zur Tür.
    Septa Mordane rief ihr nach: »Arya, komm zurück! Dass du mir keinen Schritt mehr machst! Deine Hohe Mutter wird davon erfahren. Und das alles vor unserer Prinzessin! Du machst uns allen Schande!«
    An der Tür blieb Arya stehen, fuhr herum und biss sich auf die Lippe. Tränen liefen ihr jetzt über die Wangen. Sie brachte eine steife, kleine Verbeugung vor Myrcella zu Stande. »Mit Verlaub, Mylady.«
    Myrcella blinzelte sie an und sah sich Rat suchend unter ihren Damen um. Doch wenn die Prinzessin unsicher war, so war Septa Mordane es ganz bestimmt nicht. »Was glaubst du eigentlich, wohin du gehst, Arya?«, wollte die Septa wissen.
    Wütend sah Arya sie an. »Ich muss ein Pferd beschlagen«, flötete sie honigsüß und fand kurze Befriedigung in der erschrockenen Miene der Septa. Dann fuhr sie herum, ging
hinaus und rannte die Stufen hinab, so schnell ihre Füße sie trugen.
    Es war nicht gerecht. Sansa hatte alles. Sansa war zwei Jahre älter. Vielleicht war nichts mehr übrig gewesen, als Arya zwei Jahre später zur Welt gekommen war. Oftmals erschien es ihr so. Sansa konnte nähen und tanzen und singen. Sie schrieb Gedichte. Sie wusste sich zu kleiden. Sie spielte die Harfe und das Glockenspiel. Schlimmer noch: Sie war schön. Sansa hatte die hohen, feinen Wangenknochen ihrer Mutter und das volle kastanienbraune Haar der Tullys geerbt. Arya schlug nach ihrem Hohen Vater. Ihr Haar war von einem matten Braun, ihr Gesicht war lang und ernst. Jeyne hatte sie früher oft Arya Pferdegesicht genannt und jedes Mal gewiehert, wenn sie in die Nähe kam. Es schmerzte, dass das Einzige, was Arya besser als ihre Schwester beherrschte, das Reiten eines Pferdes war. Nun, das und Haushaltsrechnung. Sansa hatte noch nie gut rechnen können. Falls sie Prinz Joff heiraten sollte, hoffte Arya für ihn, dass er einen guten Haushofmeister hätte.
    Im Wachraum am unteren Ende der Treppe wartete Nymeria auf sie. Sobald sie Arya erblickte, sprang sie auf. Arya grinste. Das Wolfsjunge liebte sie, auch wenn niemand sonst es tat. Sie gingen überall zusammen hin, und Nymeria schlief in ihrem Zimmer am Fußende ihres Bettes. Hätte die Mutter es nicht verboten, hätte Arya sie liebend gern mit zur Handarbeit genommen. Sollte Septa Mordane sich ruhig beklagen.
    Eifrig leckte Nymeria an ihrer Hand, als Arya sie losband. Sie hatte gelbe Augen. Wenn sich das Sonnenlicht darin fing, leuchteten sie wie goldene Münzen. Arya hatte sie nach der Kriegerkönigin der Rhoyne benannt, die ihr Volk über die Meerenge geführt hatte. Auch das war ein großer Skandal gewesen. Sansa hatte ihren Welpen natürlich »Lady« genannt. Arya schnitt eine Grimasse und schloss ihre kleine Wölfin in die Arme. Nymeria leckte ihr am Ohr herum, und sie kicherte.

    Mittlerweile hatte Septa Mordane ihre Hohe Mutter sicher schon benachrichtigt. Wenn sie in ihr Zimmer ging, würde man sie finden. Arya wollte nicht gefunden werden. Sie hatte eine bessere Idee. Die Jungen waren bei ihren Übungen auf dem Hof. Sie

Weitere Kostenlose Bücher