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Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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aufgewachsen. Es konnte sie nicht überraschen, als sie im ersten Jahr ihrer Ehe erfuhr, dass Ned ein Kind von irgendeinem Mädchen hatte, dem er auf einem Feldzug begegnet
war. Schließlich hatte er die Bedürfnisse eines Mannes, und sie waren in jenem Jahr getrennt gewesen, als Ned gen Süden in den Krieg zog, während sie in der Sicherheit der Burg ihres Vaters in Schnellwasser blieb. Ihre Gedanken waren mehr bei Robb, dem Säugling an ihrer Brust, als bei dem Gatten, den sie kaum kannte. Sollte er doch allen Trost zwischen den Schlachten suchen, den er brauchte. Und falls sein Same Früchte trug, erwartete sie, dass er sich um die Bedürfnisse des Kindes kümmerte.
    Er tat weit mehr als das. Die Starks waren nicht wie andere Menschen. Ned brachte seinen Bastard mit nach Hause und nannte ihn »Sohn«, damit der ganze Norden es wusste. Als die Kriege schließlich ein Ende hatten und Catelyn nach Winterfell ritt, hatten sich Jon und seine Amme bereits dort eingerichtet.
    Das schmerzte sehr. Ned wollte über die Mutter nicht sprechen, kein einziges Wort, doch eine Burg wahrt keine Geheimnisse, und Catelyn hörte die Geschichten der Zofen, die diese von den Soldaten ihres Mannes wussten. Sie flüsterten von Ser Arthur Dayne, dem Schwert des Morgens, dem gefürchtetsten der sieben Ritter aus Aerys’ Königsgarde, und dass der junge Lord ihn im Kampf Mann gegen Mann erschlagen hatte. Und sie erzählten, wie Ned danach Ser Arthurs Schwert der schönen, jungen Schwester gebracht hatte, die ihn in einer Burg mit Namen Sternfall an der Küste des Sommermeers erwartet hatte. Die Lady Ashara Dayne, groß und blond, mit betörend veilchenblauen Augen. Vierzehn Tage hatte sie gebraucht, um ihren Mut zu sammeln, doch schließlich hatte Catelyn ihren Mann eines Abends im Bett rundheraus danach gefragt.
    Es war das einzige Mal in all den Jahren gewesen, dass Ned ihr jemals Furcht eingeflößt hatte. »Fragt mich nie nach Jon«, sagte er kalt wie Eis. »Er ist von meinem Blut, und mehr müsst Ihr nicht wissen. Und jetzt werde ich erfahren, woher Ihr diesen Namen habt, Mylady.« Sie hatte gelobt, ihm zu gehorchen. Sie erzählte es ihm. Und von diesem Tag an hatte
das Flüstern ein Ende, und Ashara Daynes Name wurde in Winterfell nie mehr erwähnt.
    Wer auch immer Jons Mutter sein mochte: Ned musste sie sehr geliebt haben, denn nichts von allem, was Catelyn sagte, konnte ihn dazu bringen, den Jungen fortzuschicken. Es war das einzige, was sie ihm nie verzieh. Sie liebte ihren Mann inzwischen von ganzem Herzen, doch nie hatte sie in sich Liebe für Jon empfunden. Um Neds willen hätte sie über ein ganzes Dutzend Bastarde hinwegsehen können, solange sie diese nicht vor Augen haben musste. Jon war immer da, und je größer er wurde, desto ähnlicher sah er Ned, mehr noch als die Söhne, die sie ihm gebar. Das hatte es in gewisser Weise noch verschlimmert. »Jon muss gehen«, sagte sie jetzt.
    »Er und Robb stehen sich nahe«, sagte Ned. »Ich hatte gehofft …«
    »Er kann nicht bleiben«, beharrte Catelyn und schnitt ihm das Wort ab. »Er ist Euer Sohn, nicht meiner. Ich will ihn hier nicht haben.« Es war hart, das wusste sie, aber nichtsdestotrotz die Wahrheit. Ned würde dem Jungen keinen Gefallen tun, wenn er ihn hier auf Winterfell zurückließ.
    Mit gequältem Blick sah Ned sie an. »Ihr wisst, dass ich ihn nicht mit in den Süden nehmen kann. Es wird dort bei Hofe kein Platz für ihn sein. Ein Junge mit dem Namen eines Bastards … Ihr wisst, wie man über ihn reden wird. Man wird ihn meiden.«
    Catelyn schützte ihr Herz gegen das stille Flehen in den Augen ihres Mannes. »Man sagt, Euer Freund Robert habe selbst ein gutes Dutzend Bastarde gezeugt.«
    »Und keiner von ihnen wurde je bei Hofe gesehen!«, fuhr Ned sie an. »Dafür hat diese Lennister gesorgt. Wie könnt Ihr so verdammt grausam sein, Catelyn? Er ist noch ein Junge. Er …«
    Zorn hatte ihn ergriffen. Er hätte mehr gesagt und Schlimmeres, doch Maester Luwin ging dazwischen. »Eine weitere Möglichkeit bietet sich«, sagte er mit leiser Stimme. »Euer
Bruder Benjen kam vor einigen Tagen wegen Jon zu mir. Es scheint, als strebe der Junge an, das Schwarz anzulegen.«
    Ned schien zu erschrecken. »Er hat darum gebeten, in die Nachtwache aufgenommen zu werden?«
    Catelyn sagte nichts. Ließ es Ned allein durchdenken. Ihre Meinung wäre jetzt nicht willkommen. Doch wie gern hätte sie in diesem Augenblick dem Maester einen Kuss gegeben. Es war die perfekte Lösung.

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