Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell
tun, als den Schlaf aus seinen Augen reiben, sich ankleiden und aufsitzen.
Robert gab die Gangart vor, trieb sein mächtiges, schwarzes Streitross hart an, während Ned neben ihm galoppierte und versuchte, mitzuhalten. Er rief ihm eine Frage zu, während sie ritten, doch der Wind verwehte seine Worte, und der König konnte ihn nicht hören. Danach ritt Ned schweigend weiter. Bald schon verließen sie den Königsweg und eilten über weite, dunstverhangene Hügel. Mittlerweile war die Garde ein kleines Stück zurückgefallen, sicher außer Hörweite, und dennoch wollte Robert nicht langsamer werden.
Der Morgen graute, als sie einen flachen Kamm erklommen, und endlich hielt der König an. Inzwischen waren sie meilenweit südlich von der Reisegesellschaft. Robert war rotgesichtig und erheitert, als Ned neben ihm zum Stehen kam. »Bei allen Göttern«, fluchte er lachend. »Es fühlt sich so gut an, zu reiten, wie ein Mann reiten soll! Ich schwöre dir, Ned, dieses Herumkriechen kann einen zur Verzweiflung treiben. « Er war nie ein geduldiger Mensch gewesen, dieser Robert Baratheon. »Dieses verfluchte Haus auf Rädern, wie es quietscht und knarrt, erklimmt jedes Loch auf der Straße wie einen Berg … ich verspreche dir, wenn diesem verdammten Ding noch eine weitere Achse bricht, werde ich es verbrennen, und Cersei kann zu Fuß gehen!«
Ned lachte. »Ich zünde dir liebend gern die Fackel an.«
»Guter Mann!« Der König klopfte ihm auf die Schulter. »Zur Hälfte bin ich schon bereit, alles hinter mir zu lassen und einfach loszureiten.«
Ned lächelte. »Ich glaube dir, dass es dein Ernst ist.« »Ist es, ist es«, sagte der König. »Was meinst du, Ned? Nur du und ich, zwei vagabundierende Ritter auf dem Königsweg, unsere Schwerter an der Seite, und allein die Götter wissen, was alles noch vor uns liegt, und vielleicht eine Bauerntochter oder eine Tavernendirne, die uns des Nachts die Betten wärmt.«
»Wenn wir nur könnten«, seufzte Ned, »aber wir haben inzwischen unsere Pflichten, mein Lehen … vor dem Reich, vor unseren Kindern, ich vor meiner Hohen Gattin und du vor deiner Königin.«
»Du hast dich nie so recht austoben können«, brummte Robert. »Was eine Schande ist. Und dennoch war da dieses eine Mal … wie hieß sie gleich, dieses bürgerliche Mädchen? Becca? Nein, die war eine von meinen, die Götter liebten sie, schwarzes Haar und diese süßen, großen Augen, dass man in ihnen ertrinken konnte. Deine war … Aleena? Nein. Du hast es mir einmal erzählt. Hieß sie Merryl? Du weißt, welche ich meine, die Mutter von deinem Bastard?«
»Ihr Name war Wylla«, erwiderte Ned mit kühler Höflichkeit, »und ich würde lieber nicht darüber sprechen.«
»Wylla. Ja.« Der König grinste. »Sie muss eine selten gute Dirne gewesen sein, da sie Lord Eddard Stark dazu bringen konnte, seine Ehre zu vergessen, wenn auch nur für eine Stunde. Du hast mir nie erzählt, wie sie aussah …«
Zorn verzerrte Neds Mund. »Und ich werde es auch nicht tun. Lass es ruhen, Robert, bei aller Liebe, die du deinen Worten nach für mich empfindest. Ich habe mir Schande gemacht, und ich habe Catelyn Schande gemacht, vor den Augen der Götter und aller Menschen.«
»Mögen dir die Götter gnädig sein, du kanntest Catelyn ja kaum.«
»Ich hatte sie zu meinem Weib genommen. Sie trug mein Kind.«
»Du bist zu streng mit dir, Ned. Das warst du schon immer. Verdammt noch eins, keine Frau will Baelor, den Seligen, in ihrem Bett.« Er schlug sich mit der Hand aufs Knie. »Nun, ich will dich nicht drängen, wenn deine Gefühle noch so stark sind, obwohl ich schwören könnte, dass du manchmal so stachlig bist, dass du einen Igel als Wappen wählen solltest.«
Die aufgehende Sonne schickte ihre leuchtenden Finger durch den Dunst des Morgengrauens. Eine weite Ebene erstreckte sich unter ihnen, kahl und braun, die Ödnis hier und da von langen, flachen Hügeln aufgelockert. Ned machte seinen König darauf aufmerksam. »Die Hügelgräber der Ersten Menschen.«
Robert legte seine Stirn in Falten. »Sind wir hier auf einem Friedhof?«
»Hügelgräber gibt es überall im Norden, Majestät«, erklärte Ned. »Dieses Land ist alt.«
»Und kalt«, brummte Robert und zog seinen Umhang fester um sich. Die Garde hatte weit hinter ihnen Halt gemacht, am Fuße des Hügels. »Nun, ich habe dich nicht hierher gebracht, um mit dir über Gräber zu sprechen oder über deinen
Bastard zu zanken. Heute Nacht kam ein Reiter von Lord Varys
Weitere Kostenlose Bücher