Das Lied von Eis und Feuer 6 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 6 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (2)
Jon bei jeder Berührung am liebsten aufgeschrien. »Die Männer des Magnars sind diszipliniert, und sie haben Bronzerüstungen«, berichtete er. Das lenkte ihn von seinem Bein ab.
»Der Magnar ist ein Lord auf Skagos«, sagte Noye. »Als
ich zur Mauer kam, waren Skagossöhne in Ostwacht, und ich erinnere mich noch daran, dass sie von ihm gesprochen haben.«
»Jon hat das Wort in seiner älteren Bedeutung gebraucht, glaube ich«, wandte Maester Aemon ein, »nicht als Familienname, sondern als Titel. Es stammt aus der Alten Sprache.«
»Es heißt Lord«, stimmte Jon zu. »Styr ist der Magnar eines Ortes namens Thenn in den nördlichen Ausläufern der Frostfänge. Er hat hundert von seinen eigenen Leuten bei sich und dazu zwanzig Plünderer, die sich in der Schenkung beinahe so gut auskennen wie wir. Wenigstens hat Manke das Horn nicht gefunden, das ist immerhin etwas. Das Horn des Winters, danach hat er den ganzen Milchwasser abgesucht.«
Maester Aemon zögerte, das feuchte Tuch in der Hand. »Das Horn des Winters ist eine alte Legende. Glaubt der König-jenseits-der-Mauer tatsächlich an seine Existenz?«
»Sie glauben alle daran«, sagte Jon. »Ygritte sagt, sie hätten hundert Gräber geöffnet … Grabmale von Königen und Helden, überall im Tal des Milchwassers, aber sie haben nichts …«
»Wer ist Ygritte?«, erkundigte sich Donal Noye barsch.
»Eine Frau aus dem freien Volk.« Wie sollte er ihnen die Sache mit Ygritte erklären? Sie ist warm und klug und lustig, und sie kann einen Mann küssen oder ihm die Kehle durchschneiden. »Sie reitet mit Styr, aber sie ist nicht … Sie ist jung, noch ein Mädchen eigentlich, wild, aber sie …« Sie hat einen alten Mann getötet, weil er sich ein Feuer gemacht hat. Seine Zunge fühlte sich dick und unbeweglich an. Der Mohnblumensaft umwölkte seinen Verstand. »Ich habe mein Gelübde mit ihr gebrochen. Ich wollte nicht, aber…« Es war falsch. Falsch, sie zu lieben, falsch, sie zu verlassen … »Ich war nicht stark genug. Halbhand hat mir befohlen, mit ihnen zu reiten, sie zu beobachten, ich dürfe mich nicht verweigern, ich …« Sein Kopf fühlte sich an, als wäre er mit nasser Wolle voll gestopft.
Maester Aemon roch erneut an Jons Wunde. Dann legte er
den blutigen Lappen zurück ins Wasser und sagte: »Donal, das heiße Messer, wenn du so gut wärst. Außerdem musst du ihn jetzt festhalten.«
Ich werde nicht schreien, schärfte sich Jon ein, als er die rotglühende Klinge sah. Aber auch diesen Schwur brach er. Donal Noye hielt ihn fest, während Klydas die Hand des Maesters führte. Jon rührte sich nicht, außer um mit der Faust auf den Tisch zu schlagen, wieder und wieder und wieder. Der Schmerz war so unermesslich groß, und er selbst fühlte sich so klein und schwach und hilflos darin wie ein Kind, das im Dunkeln weint. Ygritte, dachte er, während ihm der Gestank verbrannten Fleisches in die Nase stieg und seine eigenen Schreie in seinen Ohren widerhallten. Ygritte, ich musste es tun. Einen halben Herzschlag lang ließ die Qual ein wenig nach. Dann wurde das Eisen erneut auf sein Fleisch gedrückt, und er verlor das Bewusstsein.
Als seine Lider sich flatternd öffneten, war er in dicke Wolle gewickelt und schwebte. Er hatte das Gefühl, sich nicht bewegen zu können, doch das war ihm gleichgültig. Eine Zeit lang träumte er, Ygritte sei bei ihm und pflege ihn mit zarten Händen. Schließlich schloss er die Augen wieder und schlief.
Das nächste Aufwachen gestaltete sich weniger angenehm. Das Zimmer war dunkel, doch unter den Laken meldete sich der Schmerz zurück, sein Bein pochte, und bei jeder Bewegung tat es weh, als stecke ein heißes Messer darin. Den Schmerz bekam Jon mit voller Kraft zu spüren, als er überprüfen wollte, ob das Bein noch da war. Keuchend unterdrückte er einen Schrei und ballte die Hand zur Faust.
»Jon?« Eine Kerze erschien und ein wohl bekanntes Gesicht mit großen Ohren schaute auf ihn herab. »Du solltest dich lieber nicht bewegen.«
»Pyp?« Jon streckte die Hand aus, die der andere Junge ergriff und drückte. »Ich dachte, du wärst unterwegs …«
»Mit dem Alten Granatapfel? Nein, er hält mich für zu klein und zu grün. Grenn ist auch hier.«
»Hier bin ich.« Grenn trat an die andere Seite des Bettes. »Ich war eingeschlafen.«
Jons Kehle war trocken. »Wasser«, krächzte er. Grenn brachte ihm welches. »Ich habe die Faust gesehen, nach dem Angriff«, sagte er, nachdem er einen langen Schluck
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