Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)
haben.«
»Nicht in Ketten. Ich habe gehört, man gesteht ihnen jede Bequemlichkeit zu.«
Sie lachte bitter. »Habt Ihr sie gesehen? Er erlaubt mir nicht, sie zu besuchen, wusstet Ihr das?«
»Sie haben verräterische Worte geäußert und Kriegshetze betrieben …«
»Loreza ist sechs, Dorea acht. Zu was für Kriegen könnten sie aufstacheln? Dennoch hat mein Vater sie mit ihren Schwestern eingesperrt. Ihr habt ihn gesehen. Die Furcht bringt selbst starke Männer dazu, Dinge zu tun, zu denen sie ansonsten niemals fähig wären, und mein Vater war noch nie stark. Arys, mein Herz, um der Liebe willen, die Ihr, wie Ihr sagt, für mich empfindet, hört mich an. Ich war nie so furchtlos wie meine Basen, denn ich bin aus schwächerem Samen entsprungen, aber Tyene und ich sind im gleichen Alter, und wir stehen uns so nahe wie Schwestern, seit wir kleine Mädchen waren. Zwischen uns gibt es keine Geheimnisse. Wenn sie eingesperrt werden kann, kann mir das Gleiche widerfahren, und aus demselben Grund … wegen Myrcella.«
»Euer Vater würde so etwas niemals tun.«
»Ihr kennt meinen Vater nicht. Seit ich ohne Schwanz zwischen den Beinen auf diese Welt gekommen bin, war ich eine einzige Enttäuschung für ihn. Ein halbes Dutzend Mal hat er versucht, mich an zahnlose Graubärte zu verheiraten, von denen einer verachtenswerter war als der andere. Gewiss, er hat mir nicht befohlen , sie zu ehelichen, das will ich wohl einräumen, aber die Vorschläge allein beweisen, wie wenig er von mir hält.«
»Dennoch seid Ihr seine Erbin.«
»Bin ich das?«
»Er hat Euch in Sonnspeer die Regierung übertragen, während er in den Wassergärten weilte, nicht wahr?«
» Regierung? Nein. Er hat seinen Vetter Ser Manfrey als Kastellan hiergelassen, den alten blinden Ricasso als Seneschall, seine Verwalter, um Abgaben und Steuern für seine Kämmerin Alyse Damenhell einzutreiben, seine Schulzen, um in der Schattenstadt die Ordnung zu wahren, seine Richter, um Gericht zu halten, und Maester Myl, um sich mit jeglichen Briefen zu befassen, die nicht die unmittelbare Aufmerksamkeit des Fürsten erforderten. Über sie alle hat er die Rote Viper gestellt. Mir oblagen Feste und Feiern und die Unterhaltung vornehmer
Gäste. Oberyn hat die Wassergärten zweimal in vierzehn Tagen besucht. Mich hat mein Vater zweimal im Jahr gerufen. Ich bin nicht der Erbe, den sich mein Vater wünscht, so viel hat er deutlich gemacht. Unser Gesetz zwingt ihn, dennoch würde er lieber meinen Bruder als Nachfolger sehen, das weiß ich.«
»Euren Bruder?« Ser Arys legte ihr die Hand unter das Kinn und hob ihren Kopf, damit er ihr besser in die Augen schauen konnte. »Ihr meint doch nicht etwa Trystan, er ist doch noch ein Knabe.«
»Nicht Trys. Quentyn.« Ihre kühnen Augen waren schwarz wie die Sünde, unnachgiebig. »Ich kenne die Wahrheit, seit ich vierzehn Jahre alt war, seit dem Tag, an dem ich in das Solar meines Vaters ging, um ihm einen Gutenachtkuss zu geben, und ihn nicht vorfand. Meine Mutter hatte nach ihm geschickt, wie ich später erfahren habe. Er hat die Kerze brennen lassen. Als ich sie löschen wollte, habe ich einen angefangenen Brief entdeckt, der daneben lag, einen Brief an meinen Bruder Quentyn, der in Isenwald war. Mein Vater erklärte Quentyn, er müsse alles tun, was sein Maester und sein Waffenmeister von ihm verlangten, denn ›eines Tages wirst du auf meinem Platz sitzen und ganz Dorne regieren, und ein Herrscher muss stark an Leib und Seele sein‹. « Eine Träne kroch über Ariannes glatte Wange. »Die Worte meines Vaters, geschrieben von eigener Hand. Sie haben sich mir ins Gedächtnis gebrannt. In dieser Nacht habe ich mich in den Schlaf geweint, und auch in vielen folgenden Nächten.«
Ser Arys war Quentyn Martell noch nicht begegnet. Der Prinz wurde seit jungen Jahren als Mündel von Lord Isenwald aufgezogen, hatte ihm als Page und später als Knappe gedient und sogar den Ritterschlag von seiner und nicht von der Hand der Roten Viper erhalten. Wenn ich ein Vater wäre, würde ich mir ebenfalls meinen Sohn als Nachfolger wünschen, dachte er, doch er hörte die Kränkung in ihrer Stimme und wusste, würde er aussprechen, was er wirklich dachte, würde er sie verlieren. »Vielleicht
habt Ihr es missverstanden«, sagte er. »Ihr wart noch ein Kind. Vielleicht wollte der Fürst Euren Bruder nur zu größerem Fleiß anstacheln.«
»Glaubt Ihr das? Dann sagt mir, wo ist Quentyn jetzt?«
»Der Prinz ist mit Lord Isenwalds Heer im
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