Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)
Knochenweg«, sagte Ser Arys vorsichtig. Das hatte ihm der alte Kastellan von Sonnspeer erzählt, als er in Dorne eingetroffen war. Der Maester mit dem seidigen Bart sagte dasselbe.
Arianne zögerte. »Das will uns mein Vater glauben machen, aber ich habe Freunde, die anderes behaupten. Mein Bruder hat heimlich die Meerenge überquert und gibt sich als gemeiner Händler aus. Warum?«
»Woher soll ich das wissen? Dafür könnte es hundert Gründe geben.«
»Oder einen einzigen. Ist Euch bekannt, dass die Goldene Kompanie ihren Vertrag mit Myr gebrochen hat?«
»Söldner brechen ständig irgendwelche Verträge.«
»Nicht die Goldene Kompanie. Unser Wort ist so gut wie Gold, dessen rühmen sie sich seit den Zeiten von Bitterstahl. Myr steht am Rande eines Krieges mit Lys und Tyrosh. Warum sollten sie einen Vertrag brechen, der ihnen guten Sold und fette Beute verspricht?«
»Vielleicht hat Lys ihnen besseren Sold angeboten. Oder Tyrosh.«
»Nein«, entgegnete sie. »Bei jeder anderen freien Kompanie würde ich das glauben, ja. Die meisten würden für einen halben Groschen die Seite wechseln. Aber nicht die Goldene Kompanie. Sie ist eine Bruderschaft aus Verbannten und den Söhnen von Verbannten, die von Bitterstahls Traum zusammengehalten wird. Sie wollen zurück in ihre Heimat, genauso wie sie Gold wollen. Lord Isenwald weiß das genauso gut wie ich. Seine Vorfahren sind während drei Schwarzfeuer-Rebellionen an Bitterstahls Seite geritten.« Sie nahm Ser Arys an der Hand und verschränkte ihre Finger mit den seinen. »Habt Ihr je das Wappen des Hauses Toland von Geistberg gesehen?«
Er musste einen Moment lang überlegen. »Ein Drache, der seinen eigenen Schwanz frisst?«
»Der Drache stellt die Zeit dar. Er hat keinen Anfang und kein Ende, alle Dinge kehren also wieder. Anders Isenwald ist der wiedergeborene Kriston Kraut. Er flüstert meinem Bruder ins Ohr, dass er nach dem Tode meines Vaters herrschen solle, dass es nicht recht sei, wenn Männer vor Frauen knien … dass Arianne eine besonders ungeeignete Herrscherin wäre, eigensinnig und wollüstig, wie sie ist.« Trotzig warf sie ihr Haar zurück. »Eure beiden Prinzessinnen haben also ein Anliegen gemeinsam, Ser … und sie teilen einen Ritter, der behauptet, sie beide zu lieben, aber nicht für sie kämpfen will.«
»Ich werde kämpfen.« Ser Arys sank auf ein Knie. »Myrcella ist die Ältere und besser geeignet, die Krone zu tragen. Wer wird ihr Recht vertreten, wenn nicht die Königsgarde? Mein Schwert, mein Leben, meine Ehre, das alles gehört ihr … und Euch, Wonne meines Herzens. Ich schwöre: Kein Mann wird Euch Eures Geburtsrechtes berauben, solange ich die Kraft habe, ein Schwert zu führen. Ich gehöre Euch. Was wünscht Ihr von mir?«
»Alles.« Sie kniete nieder und küsste seine Lippen. » Alles , mein Liebster, mein getreuer Liebster, mein süßer Liebster, und das auf ewig. Doch zuerst …«
»Sprecht es aus, und es gehört Euch.«
»… Myrcella.«
BRIENNE
Die alte Steinmauer auf dem Feld war verfallen, doch bei ihrem Anblick stellten sich Brienne die Nackenhaare auf.
Hier lagen die Bogenschützen im Hinterhalt und haben den armen Cleos Frey erschossen, dachte sie … doch eine halbe Meile weiter kam sie an einer weiteren Mauer vorbei, die der ersten stark ähnelte, und plötzlich war sie sich nicht mehr sicher. Die Furchen der Straße schlängelten und wanden sich, und die kahlen braunen Bäume sahen ganz anders aus als die grünen, an die sie sich erinnerte. War sie schon an der Stelle vorbeigeritten, wo Ser Jaime seinem Vetter das Schwert aus der Scheide gerissen hatte? Wo war der Wald, in dem sie gekämpft hatten? Der Bach, in dem sie Wasser spritzend aufeinander eingeschlagen hatten und dadurch die Tapferen Kameraden auf sich aufmerksam gemacht hatten?
»Mylady? Ser?« Podrick schien nie recht zu wissen, wie er sie ansprechen sollte. »Wonach haltet Ihr Ausschau?«
Nach Geistern. »Nach einer Mauer, an der ich einst vorbeigeritten bin. Es ist nicht weiter wichtig.« Damals hatte Ser Jaime noch beide Hände. Wie ich ihn verabscheut habe mit seinem Spott und seinem Lächeln. »Leise, Podrick. In diesen Wäldern könnten sich Geächtete verstecken.«
Der Junge betrachtete die kahlen Bäume, die verschlammte Straße. »Ich habe ein Langschwert. Ich kann kämpfen.«
Nicht gut genug. Brienne zweifelte nicht am Mut des Jungen, nur an seiner Ausbildung. Er mochte ein Knappe sein, wenn auch nur dem Namen nach, doch die
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