Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)
Männer, deren Knappe er gewesen war, hatten ihm schlechte Dienste erwiesen.
Sie hatte seine Geschichte stückchenweise aus ihm herausbekommen, während sie auf der Straße von Dämmertal nach Jungfernteich unterwegs waren. Er gehörte einem unbedeutenden Zweig des Hauses Payn an und war der verarmte Sprössling eines der jüngeren Söhne. Sein Vater hatte sein Leben damit verbracht, reicheren Vettern als Knappe zu dienen; Podrick hatte er mit einer Krämerstochter gezeugt, die er geheiratet hatte, bevor er auszog, um in der Graufreud-Rebellion zu fallen. Seine Mutter hatte ihn bei einem dieser Vettern zurückgelassen, als er vier gewesen war, und war mit einem Wandersänger durchgebrannt, der ihr ein weiteres Kind gemacht hatte. Podrick erinnerte sich nicht einmal daran, wie sie ausgesehen hatte. Ser Cedric Payn war für Podrick so etwas wie ein Vater gewesen, obwohl es sich in den hervorgestotterten Schilderungen eher so anhörte, als habe Vetter Cedric den Jungen eher wie einen Diener als wie einen Sohn behandelt. Als Casterlystein zu den Fahnen rief, hatte der Ritter ihn mitgenommen, damit er sich um sein Pferd kümmerte und seine Rüstung säuberte. Schließlich war Ser Cedric in den Flusslanden als Kämpfer in Lord Tywins Heer gefallen.
Fernab der Heimat, allein und mittellos, hatte sich der Junge einem fetten Heckenritter namens Ser Lorimer der Wanst angeschlossen, der zu Lord Lefferts Kontingent gehörte und mit dem Schutz des Gepäckzuges betraut war. »Die Jungen, die den Proviant bewachen, essen immer am besten«, sagte Ser Lorimer gern, bis er mit einem gesalzenen Schinken erwischt wurde, den er aus Lord Tywins persönlichen Vorräten gestohlen hatte. Tywin Lennister hatte ihn gehängt, um für andere mögliche Plünderer ein Exempel zu statuieren. Podrick hatte seinen Teil von dem Schinken bekommen und hätte wohl neben dem Ritter gehangen, doch sein Name rettete ihn. Ser Kevan Lennister nahm ihn in seine Obhut, und einige Zeit später schickte er den Jungen als Knappen zu seinem Neffen Tyrion.
Ser Cedric hatte Podrick beigebracht, wie man ein Pferd striegelt und die Hufe nach Steinen untersucht, und Ser Lorimer
hatte ihm gezeigt, wie man stiehlt; der Ausbildung mit dem Schwert hatte jedoch keiner der beiden viel Zeit gewidmet. Der Gnom hatte ihn wenigstens zum Waffenmeister des Roten Bergfrieds geschickt, als sie zum Hof kamen. Doch während der Hungerunruhen hatte Ser Aron Santagar zu denen gehört, die dem Pöbel zum Opfer gefallen waren, und damit hatten auch Podricks Schwertübungen ein Ende gefunden.
Brienne schnitzte zwei Holzschwerter aus abgebrochenen Ästen, um Podricks Können zu überprüfen. Der Junge war zwar langsam mit der Zunge, hingegen nicht mit der Hand, stellte sie erfreut fest. Obgleich furchtlos und aufmerksam, war er unterernährt und dürr und besaß nicht annähernd genug Kraft. Falls er tatsächlich die Schlacht am Schwarzwasser überlebt hatte, wie er behauptete, dann wohl nur, weil niemand es als lohnend erachtet hatte, ihn zu töten. »Du magst dich selbst Knappe nennen«, sagte sie zu ihm, »aber ich habe schon Pagen gesehen, die nur halb so alt waren wie du und dich grün und blau geschlagen hätten. Wenn du bei mir bleibst, wirst du dich fast jede Nacht mit Blasen an den Händen und blauen Flecken an den Armen hinlegen, und vor Muskelschmerzen wirst du kaum Schlaf finden. Das willst du doch gewiss nicht.«
»Doch«, beharrte der Junge. »Das will ich. Die blauen Flecken und die Blasen. Ich meine, ich will sie nicht, aber ich will. Ser. Mylady.«
Bislang hatte er zu seinem Wort gestanden und Brienne zu ihrem. Podrick beklagte sich nicht. Jedes Mal, wenn er eine neue Blase an der Schwerthand hatte, zeigte er sie ihr stolz. Er sorgte auch gut für ihre Pferde. Trotzdem ist er kein Knappe, rief sie sich ins Gedächtnis, aber ich bin auch kein Ritter, ganz gleich wie oft er mich »Ser« nennt. Sie hätte ihn fortgeschickt, nur, wo sollte er hin? Außerdem mochte er mehr wissen, als ihm selbst klar war, obwohl er behauptete, keine Ahnung zu haben, wohin Sansa Stark geflohen war. Eine beiläufige Bemerkung, die er halb vergessen hatte, konnte den Schlüssel zu Briennes Suche bergen.
»Ser? Mylady?« Podrick zeigte nach vorn. »Da fährt ein Karren.«
Brienne sah ihn: ein hölzerner Ochsenkarren mit zwei Rädern und hohen Seitenwänden. Ein Mann und eine Frau mühten sich in den Zugriemen ab und zogen den Wagen durch die Straßenfurchen in Richtung Jungfernteich.
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