Das Lied von Eis und Feuer 7 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 7 - A Feast of Crows. A Song of Ice and Fire, vol 4 (4/1)
er aufrecht und streng dastand und ihm der Wind durch das lange schwarze Haar fuhr. »Ist es an der Zeit?«, fragte Rus. Aeron nickte. »Ja. Geh und lass den Ruf ertönen.«
Die Ertrunkenen nahmen ihre Treibholzknüppel und schlugen sie gegeneinander, während sie den Hügel hinuntergingen. Andere gesellten sich zu ihnen, und der Lärm breitete sich am Strand aus. Ein so furchterregendes Krachen und Klappern erhob sich, als würden hundert Bäume mit den Ästen aufeinander eintrommeln. Kesselpauken wurden ebenfalls geschlagen, bum-bum-bum-bum-bum, bum-bum-bum-bum-bum. Ein Kriegshorn brüllte, dann ein zweites. AAAAAAOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOOO.
Die Männer machten sich von den Feuern auf zum Gerippe der Halle des Grauen Königs; Ruderer, Steuerleute, Segelmacher, Schiffsbauer, die Krieger mit ihren Äxten und die Fischer mit ihren Netzen. Manche hatten Leibeigene, die ihnen dienten; andere hatten Salzweiber. Wieder andere, die zu oft in die Grünen Lande gesegelt waren, wurden von Maestern und Sängern und Rittern begleitet. Die gemeinen Männer versammelten sich in einem Halbkreis am Fuß des Hügels, mit den Leibeigenen, Kindern und Frauen hinter sich. Die Kapitäne und Könige stiegen die Hänge hinauf. Aeron Feuchthaar sah den fröhlichen Sigfry Steinbaum, Andrik den Ernsten, den Ritter Ser Harras Harlau. Lord Baelor Schwarzfluth in seinem Zobelmantel stand neben dem Steinheim in zerlumptem Seehundsfell. Victarion überragte sie alle außer Andrik. Sein Bruder trug keinen Helm, ansonsten jedoch volle Rüstung, und
der Krakenmantel hing ihm golden von den Schultern. Er soll unser König werden. Welcher Mann kann ihn anschauen und daran zweifeln?
Als Feuchthaar die knochigen Hände hob, verstummten die Pauken und die Kriegshörner, die Ertrunkenen senkten die Knüppel, und Stille breitete sich aus. Nur das Donnern der Wellen hielt an, ein Tosen, das kein Mensch zum Schweigen bringen konnte. »Wir wurden aus dem Meer geboren, und ins Meer kehren wir zurück«, begann Aeron, leise zunächst, damit sich die Männer bemühen mussten, ihn zu verstehen. »Der Sturmgott hat Balon in seinem Zorn aus seiner Burg gerissen und niedergeworfen, und nun schmaust er an der Tafel unter den Wellen in den Wasserhallen des Ertrunkenen Gottes.« Er richtete den Blick gen Himmel. » Balon ist tot! Der Eiserne König ist tot!«
»Der König ist tot!«, riefen seine Ertrunkenen.
»Aber was tot ist, kann niemals sterben, doch erhebt es sich von neuem, härter und stärker!«, erinnerte er sie. »Balon ist gefallen, Balon, mein Bruder, der den Alten Weg ehrte und den eisernen Preis bezahlte. Balon der Tapfere, Balon der Selige, Balon der Zweimal-Gekrönte, der uns die Freiheit und unseren Gott zurückerobert hat. Balon ist tot … doch wird sich von neuem ein Eiserner König erheben, um auf dem Meersteinstuhl zu sitzen und die Inseln zu regieren.«
» Ein König wird sich erheben!«, antworteten sie. » Er wird sich erheben!«
»Das wird er. Das muss er.« Aerons Stimme donnerte wie die Wellen. »Aber wer? Wer soll an Balons Stelle sitzen? Wer soll diese heiligen Inseln regieren? Ist er jetzt unter uns?« Der Priester breitete die Arme weit aus. » Wer soll unser König werden?«
Eine Seemöwe kreischte zur Antwort. In die Menge kam Bewegung, als erwachten die Männer aus einem Traum. Ein jeder blickte sich unter seinen Nachbarn um, wer wohl Anspruch auf die Krone erheben würde. Krähenauge war noch nie geduldig,
sagte Aeron zu sich. Vielleicht wird er als Erster sprechen. Wenn ja, würde es ihm das Genick brechen. Die Kapitäne und Könige hatten einen langen Weg zu diesem Fest zurückgelegt und würden nicht die erste Speise wählen, die man ihnen vorsetzte. Sie werden probieren und schmecken wollen, einen Bissen von ihm, ein Stück von dem anderen, bis sie schließlich denjenigen finden, der ihnen am besten gefällt.
Euron schien das ebenfalls zu wissen. Mit verschränkten Armen stand er zwischen seinen Stummen und Missgeburten. Nur der Wind und die Wellen antworteten auf Aerons Ruf.
»Die Eisenmänner brauchen einen König«, wiederholte der Priester nach langer Stille. »Ich frage abermals: Wer soll unser König werden?«
»Ich«, rief jemand von unten.
Sofort wurde ein rauer Ruf laut: »Gylbert! Gylbert König!« Die Kapitäne machten Platz, um den Anwärter und seine Fürsprecher durchzulassen, damit sie den Hügel hinaufsteigen konnten zu Aeron, der unter Naggas Rippen stand.
Dieser Möchtegernkönig war ein großer,
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