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Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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er griff sofort nach seinem Revolver, der sich augenblicklich aktivierte, als er seine Hand um den Griff schloss. Dann brach Tumult aus.
    Gläser klirrten, Geschrei erhob sich, etwas zerbrach splitternd. Einige Stimmen riefen nach den Göttern, andere klatschten, als wäre die Nachricht etwas, was noch zu einem ansonsten perfekten Tag gefehlt hatte. Innerhalb von Sekunden explodierte lang aufgestaute Gewalt. Ein Gesicht prallte gegen eines der farbigen Fenster des Separees, dann riss jemand die schmale Schwingtür derselben auf, eine zerbrochene Flasche in der Faust. Ein entfesseltes Gesicht aus alkoholgetränkten Augen und fiebriger Wut starrte in die Kabine, das scharfkantige Glas leicht vorgestreckt. Es endlich einmal denen da oben heimzahlen, dampfte es aus dem Mann. Doch leider zeigte die Mündung einer Waffe auf seine Stirn.
    »Dein Name?« Robert musste die Stimme mehr als heben. Der Angesprochene sah verwirrt erst auf den Revolver, dann auf Robert. »Vinas, Sir.«
    Wie elend schnell doch eine Bedrohung zurück zu höflichen Umgangsformen führen konnten.
    »Willst du heute sterben, Vinas?« Robert drückte den Zigarillo auf dem Tisch aus, schnippte ihn lässig weg. Der Kerl brauchte nicht zu wissen, dass sein Herz so wild wie eine Trommel schlug. Der Mann schüttelte sachte den Kopf. Er war hässlich, die Nase rot geädert, er stank nach Benzol und Tinte - ein Drucker.
    »Dann geh' jetzt besser heim.« Robert stand auf. Der Mann wich zurück in den Schankraum. Bei Thor, wie gerne hätte er jetzt Skee an seiner Seite. Irgendjemand war der Meinung, dass eine Waffe kein wirkliches Hindernis darstellte, um einem anderen den Schädel einzuschlagen. Robert nahm die Bewegung wahr, zielte und drückte ab. Ein bulliger Kerl kam abrupt zum Stillstand, Blut spritzte aus seiner Schulter mitten in das Gesicht seines wütenden Hintermannes, der daraufhin alle Feindseligkeiten spontan einstellte. Es wurde schlagartig ruhiger.
    »Ich bin Lord Robert Humberstone.« Er ließ das Labyrinth aufschnappen. Nun wichen alle zurück. Es war eine groteske Szene. Arme, die eben noch zuschlagen wollten, sanken herunter, Worte, die eben noch wie Dolche benutzt worden waren, verkamen zu Schweigen. Robert setzte den kürzesten Kurs zum Ausgang, immer den Revolver auf die stumme Menge gerichtet. Als er aus der offen stehenden Tür geschritten war, trat er sie zu. Er stolperte fast die kurze Treppe hinunter auf den schneeverwehten Bürgersteig. Der Tumult nahm wieder seinen vorherigen Pegel auf, ein Glas zerschellte am Außenfenster, dann durchbrach ein Hocker das schöne Motivfenster eines Hirschen im Wald und landete lautlos im Schnee auf der Straße.
    Die Glocken der Tempel wurden geschlagen, ihre dunklen Töne wehten über die Stadt wie unheilvoller Donner. Tausende gingen vor die Türen, in dicke Jacken und Schals gewickelt. Immer wieder schallte nur eines durch die verwinkelten Gassen: »Der Kaiser ist tot!« Verzweifelte, wütende Hilflosigkeit vermischte sich mit blanker Anarchie. Laternen wurden zerschmettert, umgestürzt, warum auch immer. Irgendwo loderte das Licht von Flammen auf. Menschen traten auf die Straßen, voller Angst und Ungewissheit. Wie ziellos sie doch alle ohne ihren Glauben an etwas Erhöhtes waren. Robert schlug den Kragen hoch, beschleunigte seine Schritte, den Revolver verborgen in der Manteltasche. Einhundert Gedanken wollten ihn an einen anderen Ort befördern, aber er war hier und jetzt, es gab keinen Schleichweg.
    Es war nicht mehr weit zum Hotel, doch immer mehr Bürger traten aus ihren Häusern, Kerzen erhellten ansonsten dunkle Wohnungen, nie gefragte Fragen suchten sich zwischen besorgten Gesichtern und geöffneten Fenstern ihre eigenen Wege. Der Kaiser ist tot! Alle sagten es, doch wollten die meisten es nicht wahrhaben. Da waren Tränen, die wie Blut rannen und da waren JOH-Rufe, die sich nichts sehnlicher erwünscht hatten. Hammaburg verwandelte sich in eine Stadt der Ungewissheit und der Willkür des Stärkeren. So wie es die unsichere Zeiten nun einmal mit sich brachten.
    Robert wankte nur leicht, er trat in all das Gewimmel, verstand es aber nicht. Er nahm den Hut ab, warf ihn fort, jemand legte eine Hand auf seine Schulter, er trat einen Schritt beiseite, ein irres Lachen ruckte vorwärts, ein erneuter Schuss in das eben noch gesunde Knie eines Mannes. 
    »Verpiss dich!«, zischte der Lord. Heute Nacht wurden Messer gezückt, alte Rechnungen beglichen. Hel breitete ihre Schattenflügel aus und

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