Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
Vom Netzwerk:
unverhohlenen Vorwurf. »Weil ich Sie lasse, wie Sie eben sind? Wenn Sie sich von Balkonen hangeln, in die Windgasse schleichen? Sich ein Zimmer im Wallhall mieten? Oder in der Gaststube Rothirsch einem Mann in die Schulter schießen?«
    Robert lief es eiskalt den Rücken hinunter. Er suchte nach einer Erwiderung, fand aber keine. Er drehte den Schlüssel herum, weil das wenigstens etwas war, an dem er sich festhalten konnte, während seine Gedanken über jede Sekunde hinweggeflogen, in der er womöglich beobachtet worden war. Und eine Frage bohrte sich in seinen Stolz wie eine brennende Lanze: ›Kannte sie auch den Night Captain ?‹
    Er schwang die Tür auf und sofort fiel ihm der Geruch auf, der nicht in diese Suite gehörte. Er blieb stehen. Dunkelheit und tiefe Schatten, die die Möbel auf die beiden warfen. Der Lord zog den Revolver aus der Manteltasche, das kaum hörbare Summen trieb Luft in das Ansaugventil und formte in allen sieben Kammern Patronen. Seine Kehle wurde enger. Hier stimmte etwas nicht. Famke drückte auf ihren Arm und der Bannkreis auf ihrem Brustpanzer begann sich träge zu drehen.
    Die Schritte waren dennoch einsam, Robert hatte nie geglaubt, dass so etwas wie Fylgja existierten. Die würden nicht zulassen, dass ein Vater seinen Sohn blutig schlug, oder? Doch sie hatten es auch nicht verhindert. So war das Leben. Immer voller Überraschungen.
    Die Suite bestand aus fahlen, dunklen Farben. Das wenige Licht, welches durch die hohen Fenster drang, zeichneten schräge Schatten auf den Boden, die Wände, die Möbel. Er wollte seine Clangeister hier haben und zwar alle, sofort!
    Mit jedem Schritt betrat er eine veränderte Welt, so kam es ihm vor. Robert stand vor der Schiebetür zum Schlafzimmer, plötzlich brannte helles Licht durch die Fenster, eine Rakete war abgeschossen worden, er öffnete die Tür und erstarrte bis ins Mark.
    Sein Atem wollte fliehen. Das viele Bier wollte sich einen Weg nach oben bahnen, doch er schickte es zurück, während er an dem Rahmen der Tür Halt suchte, schluckte immer wieder, als würde das etwas ändern.
    Coldlake war an einen der Bettpfosten gebunden, der Blick starr, wie aus der Zeit gerissen. Einige seiner Fingerkuppen lagen auf dem edlen Holzfußboden, Blut überall. Man hatte ihm das Hemd aufgerissen und lange, stählerne Nadeln steckten in dem hellen Fleisch. Seine Füße waren zerschmettert, sahen wie dunkelroter Brei aus mit ein paar hellen Knochen darin. Und seine Lippen waren zugenäht - mit silbernem Draht. Es musste geschehen sein, als er noch lebte, denn der Schotte hatte danach noch etwas sagen wollen, oder Flüche verschickt, so sah der halbgeöffnete Mund wie ein von verbogenen Gittern verunstalteter Höhleneingang aus, in dem blutige Zähne klafften.
    Robert kotzte auf den Boden.
    Stille. Nur heftiger Atem.
    Tiefe, unendliche Stille.
    Dann eine Stimme. Zaghaft.
    »Sie sind der erste Zauberer, der einen Clangeist hat seit über eintausend Jahren. Viele Menschen sehen darin einen Wandel. Deshalb hat man mich an Ihre Seite gestellt.« Famke legte eine Hand auf seine Schulter. Robert richtete sich auf. ›Nimm die verdammte Hand da weg!‹ Er hustete.
    »Sie sind etwas Besonderes, Lord Humberstone. Menschen werden dafür sterben, damit Sie leben können, so ist das eben.«
    Robert sog die Luft durch die Nase, damit sein Magen endlich Ruhe gab.
    Wandel. Menschen. Opfer. Alles Mist.
    Coldlake starrte ihn an. Aus toten Augen, gefoltert, gestorben - für ihn? Das war es nicht wert. Nichts war irgendetwas wert. Nur wütende Schläge in der Dunkelheit und der Sturz in einen Brunnen, der einem den Arm zerschmetterte wie einen trockenen Zweig.
    Anevay.
    Er wollte sie so impulsiv und heftig in die Arme schließen wie selten einen Menschen zuvor. Speichel rann an seinem Kinn entlang, tropfte zu Boden.
    »Die Magie wird sich verändern, Lord. Sie tut es bereits oder haben Sie das nicht bemerkt? Sie können so viele Brücken bauen wie Sie wollen, eines aber wird sich nicht miteinander verbinden lassen - das Tiefe und das Erhöhte!«
    Robert tastete nach dem Sessel, der vor dem Bett stand, setzte sich. Er war verdammt nochmal so müde. Er schob die Schultern nach vorn, ließ sie knacken. Ja, eins und eins und eins ergab drei. Wenn man denn zählen konnte. Er schloss die Augen, er wollte nicht sehen, was so offensichtlich war. Eigentlich wollte er nie wieder etwas sehen.
    Famke kniete nieder, schloss mit den Fingerspitzen die Augen Coldlakes, schob das blutige

Weitere Kostenlose Bücher