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Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
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wenige Meter davor stehen, die Gewehrläufe summten, die Patronen nahmen ihre Arbeit auf.
    Dem Fürsten blieb die Euphorie im Halse stecken. Er wich verschreckt zurück, das Lachen verblasste. Die verzauberten, geladenen Rohre zielten auf ihn - und Robert. Der ganze Turm würde in feinstem Splitterholz enden, das war mal klar.
    »Sie haben Humor, Lord Humberstone, das muss ich Ihnen wahrlich lassen.«
    ›Das ist kein Witz. Das ist die Wirklichkeit, du dummer, dummer Mann.‹
    »Ist er nicht wunderbar?« Robert hasste sich dafür. ›Oder suchte er nur einen Ausweg?‹ Doch ganz plötzlich wurde ihm eines klar: Er war wie der Nordstern am Himmel - es gab nur ihn dort. Es waren seine Entscheidungen, die auf jene Wege führten, vor denen er sich am meisten fürchtete. Vor sich selbst. Weil dort niemand mehr war, dem er vertrauen konnte. Er war zu einer Richtung geworden, der andere folgten, während er dabei stehen blieb.
    Der Rest der Vorführung verlief wie ein Uhrwerk. Robert erklärte seltsam distanziert, wie die neue Pilotenkanzel funktionierte, dass sie jede noch so kleine Bewegung des Läufers ausglich, immer im Gleichgewicht blieb. Es war, als redete jemand anderes, nicht er. Und doch war er es, der dem Fürsten erklärte, wie genial die Idee der Kugel in der Kugel war. Immer wieder sah er zu den zerfetzten Pappsoldaten, während der Fürst immer aufgeregter wurde. Das Summen des Läufers klang wie das Luftholen Tyrs, einsam, verheerend. ›Das ist dein Werk!‹ Das Ungetüm umkurvte jedes Hindernis, als wäre es nur dafür geschaffen worden. Mit einer Leichtigkeit, die unangemessen leicht erschien. Als wäre einem Ding Leben eingehaucht worden, das besser verharren sollte. Doch nun war es losgelassen.
     
    Hammaburg war der ideale Ort, um taumelnde Seelen aufzufangen, besser gesagt, zu ertränken. Robert war es scheißegal, ob Sorgen oben schwammen, er wollte sie in die Tiefe ziehen, bis hinab zu seinem Vater auf den Meeresgrund, dort, wo sie keinen Schaden mehr anrichten konnten. Eigentlich war es so, dass die Früchte der Erinnerung in einer Rumbowle wesentlich länger haltbar waren als in Wasser oder Tee. Er wusste das wie jeder andere auch, doch war er heute bereit, den Preis dafür zu bezahlen und zwar ohne den Erstaunten zu mimen.
    Der Lärm des Pubs umfing ihn, schloss ihn ein und gleichzeitig aus. Drüben im Kriegshafen würden sie jetzt feiern, nur anders. Jubelnd. Der Fürst hatte einen Wagen voller Bierfässer, Würstchen und Brot mitgebracht. Die Arbeiter hatten gejohlt vor Freude, selbst Kalden.
    Robert saß in einer der abgegrenzten Boxen, wie sie für gute Pubs in der Altstadt üblich waren, damit die etwas wichtigeren Leute ungestört ihr Bier trinken konnten. Alles war mit edlen Hölzern vertäfelt, geölt und kleine Fenster aus farbigem Glas vermittelten dem Gast die Illusion, in einem Miniaturhäuschen zu sitzen. Schwülstige Bilder von Hirschen und Jagden hingen neben alten Zeitungsartikeln und auch Schnitzereien von Betrunkenen, die geglaubt hatten, wenn sie hier ihre Initialen einritzten, würde dies eine wichtige Botschaft für die Nachwelt sein.
    Der junge Lord holte das Bild von Anevay aus seiner Hemdtasche, breitete es neben der dickbauchigen Kerze aus, glättete die Knicke, die durch das Falten entstanden waren.
    Mit welch einfachen Dingen die meisten Menschen doch zufrieden waren. Ein Teller warmer Suppe, eine Arbeit, nach Hause gehen, vielleicht eine herzliche Frau, die wartete. ›Es war ein guter Tag Liebling, ich habe heute nur ein paar Träger an eine Maschine geschweißt, die auf dem Schlachtfeld wahren Schrecken verbreiten wird. Der Lord ließ uns heißen Tee bringen. Ja, es war ein guter Tag, mein Schatz.‹
    Robert zündete einen Zigarillo an der Kerzenflamme an, auch wenn es hieß, dass, wenn man dies tat, irgendwo ein Seemann sterben würde. Er hoffte, es könnte sein Vater sein, doppelt hielt bekanntlich besser. Der ausgeatmete Rauch zog über das Gesicht dieses seltsamen Mädchens, das ihm nicht mehr aus dem Kopf ging. Er nahm gerade einen Schluck von dem bitteren Bockbier, als unvermittelt die Hölle losbrach.
    Irgendwo knallte eine Tür auf. Ein Luftzug aus Schnee und Kälte schwappte sogar bis in Roberts Separee. Dann erklang eine Stimme in all dem Lärm, die hysterisch brüllte: »Der Kaiser ist tot, der Kaiser ist tot!« Einige Herzschläge lang war da nur noch Stille im Rothirsch . Robert blickte auf, lauschte. Sein Instinkt arbeitete schneller als sein Verstand,

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