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Das Limonenhaus

Titel: Das Limonenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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gegenüber von Acquabollente senior Platz nehmen.
    »Es hat sicher etwas zu bedeuten, dass Sie zu mir kommen, nachdem mein Sohn gerade das Haus verlassen hat.« Wieder sein vermeintlich besorgter, süßlicher Ton.
    »Sie haben die Sache damals bearbeitet, nicht Ihr Sohn«, erwiderte ich. »Ich habe nur eine Frage dazu.«
    »Eine einzige?« Seine hellwachen Augen fixierten mich.
    »Eine einzige, ja. Wem gehört das Haus, das meine Mutter von ihrer Tante geerbt hat, heute?«
    Er antwortete sofort: »Der Vorgang Passarello Giuseppina /Allegra Maria. Da brauche ich gar nicht nachzugucken,
aber ich werde es Ihnen zeigen, einen Moment.« Er hinkte ins Nebenzimmer. War mein Beschluss, ihm zu trauen, ein Fehler gewesen? Und was tat ich, wenn ich mit meiner Vermutung über die jetzige Besitzerin des Hauses richtig lag?
    »Eccolo.« Er kam mit einigen Papieren in der Hand zurück. »Hier steht es, ich erinnere mich genau. Das hat ja damals bis zur Klärung so lange gedauert, da die noch lebende Schwester der Giuseppina Passarello, Francesca Antonia Passarello, das Erbe zunächst angenommen und dann abgelehnt hat. So ging es später erst an die Maria Elisabetta Allegra, die es an... ah sehen Sie, und nach Tod des Begünstigten Bellone, Leonardo Ludovico am 16. Mai, äh, nach Tod der Begünstigten LaMacchia, Grazia Paolina, na so was, genau drei Jahre später! Wäre ich nicht Anwalt, würde ich sagen, was für ein Zufall.«
    Ich schüttelte den Kopf. Grazias Todestag war kein Zufall.
    Er lächelte milde. »Also, aus dem Testament Ihres Bruders geht hervor, dass Sie, nun, nach dem Ableben der LaMacchia, Grazia Paolina, die Erbin sind.«
    Ich! Das Haus gehörte mir! Somit war es also noch leichter für Claudio. Die Sache mit Matilde konnte ruhig schiefgehen, wenn er erst mal mit mir verheiratet war, gehörte das Haus auch ihm. Der Ehevertrag, der ihm dies garantierte, steckte bestimmt schon in seiner Aktentasche.
    »Was ist das Haus ungefähr wert, was schätzen Sie, Signor Acquabollente?«
    »In Euro? Es gibt ja Leute, gerade alte wie ich, die rechnen noch in Lire.« Er kicherte und sah in diesem Moment wie ein verknitterter Säugling aus. »Bei der Lage? Da gibt es natürlich sehr strenge bauliche Auflagen, aber eine halbe
Million sollte dafür doch zu bekommen sein. Euro wohlgemerkt.«
    »Vielleicht habe ich doch noch eine zweite Frage.«
    »Bitte!«
    »Diese jüngste Schwester von der Zia... also von Giuseppina Passarello, lebt die heute noch?«
    »Ja, doch, doch, die lebt noch.« Der alte Herr schaute mich erstaunt an.
    »Meinen Sie, ich könnte Sie besuchen?«
    »Sicher. Ich kann Ihnen die Adresse geben, sie wohnt in Sant’Elia. Sie ist, nun, sagen wir es so, sie ist für ihr Alter geistig noch sehr rege, immerhin ist sie schon über achtzig, aber etwas kompliziert. Wie gesagt, der Fall damals...«
    »Eine letzte Frage!«
    »Nur zu! Mein Honorar kennen Sie ja, nehme ich an. Ich habe Zeit.« Er hatte Zeit und auch so etwas wie Humor, der alte Avvocato. Es gelang mir nicht, ein Lächeln zu verbeißen.
    »Mein Wohnsitz ist in Deutschland, und ich bin ledig. Angenommen, ich bliebe unverheiratet... Meine Aussicht, Matilde vom Gericht zugesprochen zu bekommen, wäre dann wohl äußerst gering, oder? Um nicht zu sagen hinfällig?«
    Er zögerte, doch an seinen Augen sah ich, dass er verstanden hatte, was ich meinte.
    »Überbringen Sie bitte den Leuten, die Sie das glauben machen wollen, meine kollegialen Grüße. Es stimmt schon, ein Kind kann man nicht erben wie eine Vitrine aus dem 18. Jahrhundert oder ein Haus. Zwar wird der Wille der leiblichen Eltern bestmöglich berücksichtigt, aber das Jugendamt hat da auch ein Wörtchen mitzureden. Doch Folgendes: Sie
sind die Tante, Sie sind jung, das Kind kennt Sie und hat auch bekundet, bei Ihnen bleiben zu wollen?«
    Ich bejahte.
    »Dies alles wird geprüft werden, immer zum Wohl des Kindes, versteht sich. Und dann steht dem Vorgang überhaupt nichts im Wege. Um noch mal auf die Frage zurückzukommen: Eine eheliche Verbindung mag förderlich sein, ist aber nicht vonnöten.« Es war fünf vor zehn, als der alte Avvocato mich zur Tür begleitete. Wir schüttelten uns die Hand.
    »Wir Sizilianer mögen einen schlechten Ruf haben, doch auf dieser Insel gibt es noch Männer, die Recht und Unrecht unterscheiden können. Auch wenn es alte Männer sind, die in Ihren Augen vielleicht den falschen Nachnamen tragen. Denken Sie mal darüber nach, Signorina.«
     
    Die Comune di Bagheria war in

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