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Das Limonenhaus

Titel: Das Limonenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Mutter, das von Leonardo, Grazia und auch meins und
Matildes durch ein paar feuchte Mauern bestimmt worden? Ich glaubte nicht an so einen Quatsch! Ich musste jetzt los, musste mich endlich wieder um Matilde kümmern, zu lange schon hatte ich mich von den schrecklichen Ereignissen vor vierzig Jahren ablenken lassen. Ich schüttelte ihre Hand, die die meine noch immer festhielt. »Danke, dass Sie mir so viel erzählt haben. Ich muss jetzt gehen. Aber eines würde mich noch interessieren. Kannten Sie den heimlichen Verlobten meiner Mutter, diesen Finü?«
    Francesca Passarello ließ meine Hand los, warf den Kopf zurück und schnalzte mit der Zunge. »Magari! Ach, wenn es doch so gewesen wäre! Ich war so oft bei der Pina, ich habe sie getröstet, ihr wochenlang Essen gebracht, sie war ja nicht mehr die Alte, nachdem die Sache passiert war. Wir haben viel geredet. Aber nie, niemals hat sie mir erzählt, mit wem Maria so glücklich war. Ist ja vorbei, hat sie gesagt. Was nutzt es jetzt, wenn wir sein Leben beobachten... Nie ist sie damit rausgerückt. Das habe ich ihr lange übel genommen.« Sie schüttelte den Kopf und beäugte mich durch ihre Brillengläser. Ich ging zur Anrichte, um mir die junge Maria noch einmal anzuschauen.
    »Ein paar Andeutungen, seltsame Gerüchte sind damals allerdings herumgegangen, der Verlobte hätte sie noch haben wollen, ja, der hätte sie angeblich danach noch nehmen wollen.« Wieder schüttelte sie den Kopf. »Ich glaube, darauf hat die Maria gewartet, dass er sie rächt und dann rettet, tzzz. Das hat es vorher noch nie gegeben, dass einer seine Verlobte zurückhaben wollte, nachdem... Die Leute haben es nicht glauben wollen.«
    Wir hörten Caterina ihre endlosen Aufzählungen hinunterhaspeln, während sie nebenan in der Küche herumstampfte.
»Fertig. So, das hast du gut gemacht, nun hier, das Spülbecken noch, ecco fatto!«
    Die alte Dame zuckte mit den Schultern. »Eine bessere Putzfrau findet man in ganz Sizilien nicht!«
    Sie rückte ihre Brille zurecht, nahm ein Körbchen vom Tisch neben sich und holte eine Häkelarbeit aus dünnem Garn daraus. »Das muss ein feiner Kerl gewesen sein. Un bravo ragazzo, der nicht wusste, was er da vorhatte. Aber!« Sie machte eine Pause. »Ihre Freundin, die Teresa, hat darüber etwas gewusst, so viel ist sicher! Zu viel, sagen manche...« Das Garnknäuel fiel zu Boden und rollte zu mir herüber. Ich hob es auf und setzte mich sprachlos auf meinen Stuhl. Teresa? Etwa die Teresa?!
    »Gott hat sie bestraft«, flüsterte meine Großtante.
    Ich beugte mich vor, um sie besser zu hören, und wickelte dabei automatisch das Knäuel auf, bis ich merkte, dass der Faden sich straff zwischen uns spannte.
    »Teresa kam ein einziges Mal zu uns, nach Tagen erst, da war Maria schon weg, bei ihm, diesem Tier...« Sie hielt inne.
    Bei ihm, meinem Vater. Ich nickte, sie sollte weiterreden.
    »Sie wollte sofort wieder gehen, sie sprach kaum. Ich wunderte mich über sie. Als beste Freundin wäre ich länger im Haus meiner bedauernswerten Freundin geblieben. Doch dann sah ich sie mit meiner Schwester tuscheln. Die Pina hat mir nachher erzählt, es gäbe Gerüchte. Der Verlobte Finú denke, Maria hätte schon vorher etwas mit dem Kerl angefangen. Pina hat Teresa gebeten, Maria zu besuchen in ihrem neuen Heim, ihr aber nichts vom dummen Geschwätz der Leute zu sagen. Ich weiß nicht, ob sie es getan hat. Ich weiß auch nicht, warum sie sie an diesem verhängnisvollen
Abend nicht abgeholt hat. Aber Gott weiß es, und er hat sie gestraft!«, wisperte meine alte Großtante Francesca, und ich konnte mir mit einem Mal vorstellen, wie sie als junge Frau ausgesehen haben musste.
    »Welche Teresa?«, schaffte ich endlich zu fragen.
    »Na, die Tochter der LoContes.« Ihre Augen funkelten lebhaft durch ihre Brillengläser. »Eine dieser ehrenwerten Familien, du weißt schon. Aber ihre Mutter Rosalia, Gott habe sie selig, die war noch für etwas anderes bekannt. Zu der sind sie ja alle gegangen, die ist eine Plazenta-Wäscherin gewesen, ging von Haus zu Haus, kaufte den Wöchnerinnen die Nachgeburt ab und bereitete aus dem Blut und den Säften...« Sie brach ab, als sie meinen Gesichtsausdruck sah. Ich atmete tief ein und brachte etwas wie ein Lächeln zustande.
    »... sie machte jedenfalls ihre Heilmittel daraus. Sie gab den Frauen Amulette aus polierten Ziegenknochen und Pulver für Liebestränke mit. Die Teresa hat mit den Mittelchen ihrer Mutter weiter gehandelt, obwohl sie davon

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