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Das Limonenhaus

Titel: Das Limonenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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sie über das Haus auszufragen, ich musste sie mit einem Trick zum Reden bringen.
    »Ich war in Zia Pinas Haus. Es ist leer geräumt, doch es riecht immer noch nach Zitronen darin. Von der ganzen Einrichtung steht nur noch der halbe Tisch da.«
    »Der Tisch war nicht von der Zia, den hat mir jemand geschenkt.«
    Ich setzte alles auf eine Karte. »Was ist aus ihm geworden, aus... deinem Finú, Mamma?«
    Verängstigtes Schnaufen am anderen Ende der Leitung. Doch dann lachte sie plötzlich auf und sagte ruhig: »Finú hat ihn gebaut, den Tisch. Die eine Hälfte war ein Teil seines Verlobungsgeschenks. Er hat etwas darunter eingebrannt.«
    »Fragolefruttebellefresche!« Der Wagen kehrte mit seiner schaukelnden Erdbeerlast zurück.
    »Du bist am Hafen, nicht wahr?«
    »Ja, Mamma.«
    Fieberhaft suchte ich in meinem Kopf nach den richtigen Worten. Wie konnte ich ihr das, was in den letzten Tagen passiert war, erklären?
    »Mamma, also, das ist jetzt vielleicht alles ein bisschen
kompliziert, aber Grazia ist gestorben, bis gestern war Matilde bei mir, dann hat Teresa sie entführt... und jetzt brauche ich Geld.«
    »Finú hat den Tisch für mich gebaut, obwohl er ja nicht Schreiner war. Das durfte nur der Älteste, sein Bruder Gianni werden...« Ihre Stimme klang mit einem Male stark, fast übermütig, so hatte ich sie noch nie sprechen hören. »Aber Finú wollte ja auch gar nicht Schreiner werden, er war ja längst im Geschäft seines Onkels.«
    »Ich muss dich etwas wegen dem Limonenhaus fragen.«
    »Das Häuschen, ach ja, das alte Casa dei Limoni... Leonardo hat es geliebt, er wollte unbedingt darin wohnen, ich habe es...« Sie brach unversehens ab. »Salvatore kommt«, flüsterte sie in mein Ohr, »ich ruf dich wieder an.« Die Verbindung wurde unterbrochen.
    Bewegungslos saß ich ein paar Minuten auf der Bank, Mamma Marias Lachen immer noch in meinen Ohren. Finù - ihre Stimme hatte gesungen, als sie seinen Namen aussprach. Doch sie hatte mir nicht verraten, was aus Finú geworden war und auch nicht, wem das Häuschen gehörte. Maledetto - mein Vater hatte nach so vielen Jahren immer noch die Macht über ihr Leben. Und über meins.
    »Leonardo hat es geliebt, er wollte unbedingt darin wohnen, ich habe es...« Wie hatte sie den Satz beenden wollen? Ich überlegte. Ihm vererbt? Ihm geschenkt? Wem gehörte es dann jetzt, nach Leonardos und Grazias Tod? Vielleicht Matilde? Wenn es Matilde gehörte, könnte ich darüber verfügen, denn ich war ihr Vormund. Das hieße, wenn ich verheiratet wäre mit einer Person, hätte auch diese Person...
    Ich stand auf, um herauszufinden, in was für einem Spiel ich gerade mitspielte.

Kapitel 30
    PHIL
    Die weiße Rauchfahne ließ feinste Rußpartikel auf uns regnen, bevor sie sich im Himmel über dem Meer verflüchtigte. Wir Passagiere waren ein großer Schwarm, der sich in konzentrischen Kreisen aneinander vorbeibewegte. Mal ging ich mit dem Strom, mal gegen ihn. Inzwischen kannte ich jeden Quadratmeter der Fähre und traf immer die gleichen Leute.
    Ich trank Espresso mit Günther, einem Lastwagenfahrer aus Berlin, ich trank Espresso mit Geert, mit zwei E, einem Lastwagenfahrer aus Rotterdam, und hörte mir zwei ähnlich verlaufende Lebensgeschichten an. In einem der beiden Bordrestaurants holte ich mir mittags verkochte penne all’arrabiata und einen Schnupfen.
    Die Klimaanlage kühlte alles nieder. Zum Aufwärmen setzte ich mich in einen Liegestuhl neben das leere Schwimmbassin in die Sonne. Meine Gedanken waren allein bei Lella. Ich wollte sie aus einem einzigen Grund wiedersehen: um bei ihr zu bleiben. Ich sehnte mich danach, in ihre Augen zu schauen, darin das Licht wechseln zu sehen, ihren Körper in meiner Nähe zu haben. Ich wünschte mir, wie auf Salina mit ihr reden, essen, lachen zu können, ich wollte sie festhalten
und nie mehr alleine lassen. Noch sieben Stunden bis zur Ankunft in Palermo. Ich machte mich auf den Weg in die Bar, um einen weiteren Espresso zu trinken.

Kapitel 31
    LELLA
    Wie eine Spionin drückte ich mich in den Schatten der Kirche, die schräg gegenüber der Kanzlei lag. In diesem Moment öffnete sich die Tür. Schnell verschwand ich hinter einem Mauervorsprung. Claudio hastete mit zurückgegeltem Haar und teuer aussehender Aktentasche davon. Ich wartete, bis ich ihn nicht mehr sehen konnte, ließ noch drei Sicherheitsminuten verstreichen und überquerte dann erst die Via Cavour.
    Die dicke Dame vom letzten Mal führte mich hinein und ließ mich

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