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Das Limonenhaus

Titel: Das Limonenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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ist eine rührende Erinnerung deiner Mutter aus einer anderen Zeit, aber was schreibt dieser Claudio, dieser Testa-di-Cazzo, dir da eigentlich immer? Hast du eine einzige seiner Nachrichten gelesen? Ich denke...«
    Entnervt unterbrach ich ihn: »Claudio liebt es zu reden, er quatscht und quatscht, und so sind auch seine Nachrichten. Ich habe dir gestern ja schon erzählt, wie viele Briefe er mir nach Köln geschrieben hat. Alle wurden von mir zerrissen und nie beantwortet. Das hätte ihm früher einfallen sollen. Klar habe ich seine SMS gelöscht, ich muss nicht erst lesen, was da steht. Er textet umständlich geschriebenes Zeug daher, über das Sonnenlicht in meinen Haaren damals auf dem Fischmarkt und...«
    »Männer handeln aufgrund niederer Triebe oder höherer Ambitionen, manchmal auch aus purer Angst, das lässt sie viele unverständliche, übertriebene Dinge tun, glaube mir, ich weiß, wovon ich spreche!«
    Ich nickte. Unverständliche, übertriebene Dinge für Brigida tun, da war er ein Meister drin.
    »Aber kein Mann schickt fortgesetzt so viele SMS, nur weil ihm Jahre später noch etwas leidtut. Wäre es nicht möglich, dass er versucht, dich wegen etwas anderem zu erreichen?«
    Wegen etwas anderem erreichen? Vielleicht hatte Claudio mir wirklich etwas Wichtiges zu sagen! Ein Panikschauer lief mir über den Rücken. Ich sprang auf und lief in die Küche, um das Handy aus dem Dunklen zu holen. Ich hatte
es vermasselt, ich hatte alles falsch gemacht. Der Briefumschlag und eine große Zwei blinkten abwechselnd auf dem Display. Zwei neue Nachrichten. Ungelesen. Ungeöffnet. Ich hatte alle seine Nachrichten gelöscht, manchmal bis zu zehn an einem Tag. Wie ein Schwarm Heuschrecken, der den Himmel verdunkelt, zog die Angst durch meinen Kopf.
    »Lies!«, sagte Phil neben mir.
    »Cara Lella« - o Dio , wie förmlich - »ich schreibe dir so lange, bis du dich überwindest und mich erhörst.« Na also, mein Herzschlag beruhigte sich zwei Schläge lang. Ich hatte recht, die alte Liebesschwafelei. Doch dann zuckten meine Augen über das Wort Leonardo hinweg, und ich beeilte mich, den Sinn der Nachricht zu erfassen: »Bei meinem Vater in der Kanzlei liegen Schriftstücke, unterzeichnet von Leonardo und Grazia, ihre Tochter betreffend. Sie haben verfügt, dass Matilde...« Er hatte mal wieder zu viele Worte benutzt, die erste Nachricht war zu Ende. Mit flatterigen Fingern öffnete ich die zweite. »... im Falle ihres Todes bei dir aufwächst. Ruf mich an. Jederzeit. Claudio.«
    Ich weinte vor Freude, Tränen stürzten aus meinen Augen, und ich lachte und schlug mit den flachen Händen leicht an Phils Brust, denn wir standen auf einmal eng beieinander. Er hielt mich fest, umarmte mich, ich zog seinen Hals herunter zu mir und küsste ihn wie ein Kind auf die Stirn, knallende, kleine Küsse, dreimal, viermal. Ich stieß einen lauten Jubelschrei hinauf in die Weinranken aus, machte mich los, breitete die Arme aus und vollführte ein paar hopsende Tanzschritte zwischen den Säulen.
    »Das ist doch nicht wahr«, rief ich in die Nacht und ballte die Fäuste. » Dio, er schreibt und schreibt, und ich lösche
alles, tue so, als ob ich seine Anrufe nicht höre. Ich muss ihn sofort zurückrufen!« Wieder lagen wir uns in den Armen, und ich schüttelte den Kopf wegen meiner Dummheit. Ich sah zu Phil auf. »Kannst du das glauben?!«
    »Ich glaube dir alles, Lady Madonna«, flüsterte er, und plötzlich war es nicht mehr die erste Freude, die mir die Erlaubnis gab, so nah an ihn gepresst zu stehen. Ich spürte mit einem Mal seine Erektion in der Hose, seine harte Brust an meinen Brüsten, seine Hände, die sanft meinen Nacken umschlossen, sehr sanft, seine Daumen, die locker auf meinem Kehlkopf lagen. Ich bog den Kopf zurück und suchte seine Augen, sog gierig den Duft seiner Haut ein und hörte meinen Atem. Atmete ich immer so laut, auch wenn ich alleine war? Er erlöste mich, sein Mund berührte meine Lippen, einen langen Moment blieben wir so, verharrten in dieser nachgiebigen Stellung. Wer von uns würde weiter gehen? Noch könnten wir uns voneinander lösen, und es wäre nichts, fast nichts passiert. Wir öffneten wie auf eine geheime Aufforderung die Lippen und beschlossen gleichzeitig, etwas passieren zu lassen.
    Wir küssten uns. Lange und immer wieder. Und dann saß ich endlich auf seinem Schoß und tat das mit ihm, was ich mir schon am ersten Abend ausgemalt hatte. Ich packte ihn an den Schultern, fuhr an seinen

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