Das Locken der Sirene (German Edition)
Empfindungen der geringste Grund, warum wir uns darauf einlassen.“
„Warum machen Sie es dann?“
„Das, was Eleanor und mich verbunden hat, Glückseligkeit zu nennen wäre eine Beleidigung. Sie zu besitzen, zu dominieren, sie so auszubilden, dass sie auf das kleinste Kommando gehorcht, den winzigsten Fingerzeig, den Hauch einer Veränderung in meiner Stimme, und jemanden so sehr zu lieben, dass alles andere als eine absolute und vollkommene Inbesitznahme vollkommen inakzeptabel ist – das ist die reinste Freude.“
„Aber sie hat Sie verlassen“, wandte Zach ein.
„Ungehorsam ist genauso ein Beweis der Autorität, wie es Gehorsam ist. Man kann kein Rebell sein, ohne die Regierung anzuerkennen. Man kann kein Häretiker sein, wenn man nicht zuerst auch ein Gläubiger war. Und ich könnte zwar die Priesterschaft hinter mir lassen, doch wäre ich immer noch ein Priester. Die Kirche würde mit mir oder ohne mich weiterbestehen. Einige Gelübde sind nur Versprechen. Andere allerdings sind Sakramente. Wie die Ehe“, fügte Søren hinzu und blickte ihn kurz von der Seite an. „Ja, sie hat mich verlassen. Und ich ließ sie gehen. Aber sie wird zurückkommen. Trotzdem vermute ich, dass es nicht nur die Mischung aus Lust und Schmerz ist, die Sie als verstörend empfinden, richtig?“
„Die Hierarchie empfinde ich als verstörend. Frauen werden von Männern versklavt. Seit Hunderten von Jahren kämpfen Frauen gegen so eine Behandlung, und trotzdem sind sie hier …“
„Trotzdem sind sie hier gefügig und treffen eine mutige Entscheidung, weil sie die Aspekte ihrer Sexualität erforschen wollen, die alles andere als gesellschaftlich anerkannt sind. Eine andere Studie hat herausgefunden, dass eine erschreckend hohe Prozentzahl der Frauen Vergewaltigungsfantasien hegt. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Frau zu dieser Minderheit gehört, die keine solchen Fantasien hat?“
„Ich werde mit Ihnen nicht über die Fantasien meiner Frau sprechen.“
„Haben Sie denn jemals mit ihr darüber gesprochen? Verzeihen Sie. Darauf müssen Sie nicht antworten.“ Zach wusste, dass Søren ihn nicht wirklich um Verzeihung bat. „Aber Sie haben recht, es gibt hier eine Machtstruktur. Einige von uns brauchen diese Strukturen, weil sie die geborenen Submissiven sind. Andere benötigen diese Strukturen, weil sie die geborenen Subversiven sind.“
„Zu welcher Gruppe gehört Nora?“
„Wozu sie gehört?“ Søren lächelte. „Kurz nachdem Eleanor und ich zu Liebhabern wurden, machte ich sie mit der Augenbinde vertraut. Sie verabscheute sie zu Anfang.“
„Warum?“, fragte Zach.
„Ich bin sicher, es wird Ihnen nahezu unmöglich sein, sich eine jungfräuliche Eleanor vorzustellen, aber sie war einst schüchtern und zurückhaltend. Der Verlust ihrer Sehfähigkeit während unserer gemeinsamen Stunden machte ihr Angst. Natürlich habe ich daraufhin die Augenbinde recht häufig eingesetzt.“
„Natürlich.“
„Eines Abends fiel mir etwas Merkwürdiges auf. Kurz bevor ich ihr die Augenbinde anlegte, schloss Eleanor die Augen. Es schien mir widersinnig. Jemand, der sich so sehr vor der erzwungenen Blindheit fürchtete, würde doch sicher die Augen so lang wie möglich offen halten, um noch jede kostbare Sekunde aufzusaugen. Dann aber erkannte ich, was sie tat. Indem sie zuerst die Augen schloss, wählte sie die Dunkelheit, verband sich sozusagen selbst die Augen und untergrub mit ihrer Unterwerfung meine Autorität. Erstaunlich. Ich war noch nie so stolz auf sie gewesen. Darum geht es an diesem Ort. Hier kommen wir her, um die Augen zu schließen.“
Søren öffnete die Tür mit dem Zitat aus
Alice im Wunderland
. Zach ließ Søren zuerst den dunklen Raum dahinter betreten. Als ein Licht aufflammte, folgte er. Søren stand neben einem riesigen Bett, auf dem sich rote und goldene Kissen türmten. Er hielt eine Öllampe in der Hand, die ihr leckendes Licht in jede Ecke des Raums schickte. Es schien nur ein Schlafzimmer zu sein, wenngleich eines, das wie ein französisches Bordell ausgestattet war.
„Dekadent, finden Sie nicht auch? Eleanor wusste noch nie, was es heißt, subtil zu sein. Vielleicht könnten Sie ihr helfen, diese Schwäche zu bekämpfen.“
„Nora hat hier also ihr eigenes Zimmer?“
„Ja. Die sieben höchsten Dominanten haben ihre eigenen Quartiere, die sie nach Belieben nutzen dürfen. Wie Sie sehen“, fuhr Søren fort und bückte sich, um ein weißes Spitzenstrumpfband aufzuheben und
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