Das Locken der Sirene (German Edition)

einen Schluck von seinem Drink. „Meine Schriftstellerin ist also die berühmteste Domina von New York.“
    Nora schmunzelte. „Zach, ich bin die berühmteste Domina …“, setzte sie an. Doch dann schloss sie den Mund. Es schien, als spitze sie die Ohren. Sie legte den Kopf schief.
    „Hörst du das?“, fragte sie.
    Zach lauschte. „Ich höre nichts.“
    Langsam atmete Nora ein und wieder aus. „Scheiße.“
    Im Bruchteil einer Sekunde war sie aufgesprungen. Sie rannte zur Galerie der Bar und schaute nach unten. Zach folgte ihr.
    „Was ist los?“, fragte Zach.
    Griffin tauchte hinter ihnen auf. Zach hörte ihn leise lachen.
    „Ihr könnt mir gerne sagen, wenn ihr den schon kennt. Ein Priester, ein Rabbi und ein Greif marschieren in einen SM-Club …“
    „Das ist der Grund, warum ich dich beim Sex immer kneble, Griffin“, erklärte Nora.
    „Du hast jemanden in den Kreis mitgebracht“, schalt Griffin sie. „Was hast du denn erwartet, wie er darauf reagiert?“
    „Ich habe erwartet, dass King mal seine Klappe hält.“
    „Du weißt doch, dass King einer höheren Macht gehorcht.“
    „Nora?“ Zach war gelinde gesagt verzweifelt. „Könntest du mir bitte sagen, was los ist?“
    Nora drehte sich zu ihm um. In ihren Augen stand echte Angst. „Søren.“
    „Søren?“, wiederholte Zach. Er schaute nach unten. Ein Mann stand am oberen Absatz der Treppe, über die auch Nora und er den Club betreten hatten. Zach konnte zuerst seine Gesichtszüge nicht erkennen. Was er sah, war die alles beherrschende Größe des Mannes und seine unbeschreibliche Präsenz. Das Spielen auf dem Parkett hatte bei seinem Erscheinen schlagartig aufgehört. Er ging langsam die Treppe herunter. Gebieterisch. Für ihn hörte die Welt auf, sich zu drehen. Jeder im Raum, auch Nora, hielt instinktiv den Atem an.
    Zach kniff die Augen zusammen und betrachtete Noras ehemaligen Liebhaber. Etwas Merkwürdiges fiel ihm an der Kleidung des Mannes auf.
    „Ich hätte es dir eher sagen sollen, Zach. Es gibt eine Menge, was ich dir hätte sagen sollen.“
    „Nora …“ Zach war ehrlich entsetzt. „Søren – er ist Priester?“
    „Ja. Mein Priester.“

19. KAPITEL
    H underte Andeutungen und Hinweise aus den Gesprächen der letzten Wochen kamen Zach in diesem Augenblick schlagartig wieder in den Sinn. Nora Sutherlins ehemaliger Liebhaber, der sie noch immer wie der Schatten eines Geistes verfolgte, war ein katholischer Priester. Und wenn nicht die Angst in ihren Augen und die Furcht in seinen Eingeweiden gewesen wären, hätte er vielleicht gelacht.
    „Zach, sieh mich an“, befahl Nora ihm. Er riss sich von der Szene los, die sich unter ihnen abspielte.
    „Ist schon in Ordnung“, versuchte er sie zu beruhigen.
    „Nein, ist es nicht“, erwiderte sie heftig. „Er ist aus einem bestimmten Grund hier, und ich vermute, es ist kein besonders guter. Wenn er mich will, muss ich mit ihm gehen. Ich werde keine andere Wahl haben.“
    „Natürlich hast du eine Wahl“, widersprach Zach.
    Nora schüttelte den Kopf. „Nicht hier unten. So lauten die Hausregeln. Griffin?“
    „Ja, meine Mistress im Stress?“, sagte Griffin. Er schien es sichtlich zu genießen, dass Nora so aufgeregt war.
    „Ich brauche dich. Bleib bei Zach, wenn du kannst. Lass ihn einfach nicht aus den Augen, okay? Das ist ein Befehl.“
    „Ich werde ganz nah bei ihm sein. Und mehr, wenn er mich lässt.“
    „Lässt er nicht“, gab Zach zurück, und Griffin grinste ihn an.
    „Und noch eins, Griffin“, sagte Nora. Sie umfasste sein Gesicht mit beiden Händen. „Halte um Himmels willen und wenigstens dieses eine Mal in deinem Leben einfach den Mund.“
    Zach erwartete eine von Griffins geistreichen Antworten, aber der junge Mann nickte bloß. Zach sah, dass etwas zwischen ihnen passierte. Ein stummes Einverständnis, das er offensichtlich nicht verstehen konnte. Er hatte bereits gesehen, dass Noras Exliebhaber ein Priester war. Was konnte ihn jetzt noch erschüttern?
    „Er kommt“, flüsterte Griffin, und Zachs Herz schlug heftiger. Selbst Griffins Stimme zitterte merklich.
    Zach spürte die Präsenz von jemandem, der hinter ihnen stand. Noch hatte der Mann kein Wort gesprochen. Zach drehte sich um und stand Noras Liebhaber beinahe von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Obwohl Zach über eins achtzig groß war, überragte Søren ihn noch um mindestens fünf bis acht Zentimeter. Es war aber nicht nur seine Körpergröße, die nachhaltig beeindruckte. Der Mann war