Das Locken der Sirene (German Edition)
spärlich beleuchteten Lagerraum der Bar. Sie zählte ihre Atemzüge, um ihr rasendes Herz zu beruhigen. Es klappte nicht. Søren öffnete die Tür, und sie riskierte einen raschen Blick über die Schulter zurück zu Zach, der bei Griffin stand. Er beobachtete sie, und sie konnte auch auf die Entfernung die Frage in seinen Augen lesen. Sie wusste nicht, was sie darauf antworten sollte.
Sie war nicht überrascht, als Søren sie in dem Moment in dem sie durch die Tür ging, am Nacken packte. Der Hals war der verletzlichste Teil des menschlichen Körpers. Søren hatte es schon immer auf ihre Schwachpunkte abgesehen, und dass er sie soeben vor Zachs Augen gedemütigt hatte, konnte eigentlich nur eines bedeuten – er wollte sie.
Die Tür schloss sich hinter ihnen. Im nächsten Moment hatte Søren sie zu sich herumgerissen. Sie war in seinen Armen, sein Mund hart auf ihrem. Er schmeckte nach Feuer und Wein. Sie schmiegte sich an ihn. Es war so lange her, seit sie sich ihm hingegeben hatte. Ihr war egal, dass Zach draußen auf sie wartete. Für einen Augenblick erinnerte sie sich nicht mal mehr an Zach oder an das Versprechen, das sie Wesley gegeben hatte. Sie versteifte sich, als er sie am Handgelenk packte. Mit einer geübten Bewegung drehte er ihren Arm auf den Rücken und drückte sie mit dem Bauch gegen die Wand.
Sie schloss vor Lust keuchend die Augen. Søren schob ihren Rock nach oben. Sie wusste, was jetzt kam, und versuchte nicht einmal, dagegen anzukämpfen. Sie atmete ihn ein, inhalierte seinen perfekten Duft. Der Geruch von Winter haftete ihm in jeder Jahreszeit an. Sein Mund war an ihrem Hals; sein warmer Atem auf ihrer nackten Haut schickte einen Schauer der Erregung durch ihren Körper. Sie wartete darauf, dass er in sie eindrang, doch dafür war er zu grausam. Sie hörte, wie Søren ein leises kehliges Keuchen von sich gab. Dann ergoss er sich auf die Rückseite ihrer Oberschenkel.
Nora schluckte das frustrierte Stöhnen herunter. Er liebte es, sie zu bestrafen, indem er sich zurückhielt. Statt sie auf der Stelle zu nehmen, hatte er nur sein Territorium markiert. Bastard. Søren zog ihren Rock wieder herunter und drehte sie um, damit sie ihn ansah.
„Nachdem wir nun die Höflichkeiten hinter uns gebracht haben, können wir gerne reden, Kleines.“
„Was habe ich dieses Mal angerichtet?“, wollte sie wissen. „Offenbar stecke ich – wieder mal – in Schwierigkeiten.“
Sie spannte sich unwillkürlich an, als Søren einen Finger hob und damit von ihrem Ohr an ihrem Hals entlang und über ihre nackte Schulter strich. Er beugte sich vor und flüsterte:„In großen Schwierigkeiten.“
Zach saß neben Griffin auf einem der Barhocker. Er versuchte neben diesem unverfrorenen, halb nackten jungen Mann nicht allzu unbeholfen auszusehen.
„Und? Was denkst du über unseren kleinen Höllenacker?“, fragte Griffin. Er griff über die Bar und nahm sich eine Flasche Wasser.
Zach schaute sich um. Wo er auch hinschaute, sah er Leder und nackte Haut. Eine junge Frau, die nicht viel mehr als ihr hellrosa Halsband und passende Manschetten an den Handgelenken trug, saß zu Füßen eines etwas älteren Mannes. Der Mann sagte etwas zu ihr, und sie nickte gehorsam. Sie schob die Zehen vor und stand mit der gleichen fließenden Bewegung auf, die er schon einmal bei Nora an dem einen Tag in der Küche hatte beobachten dürfen. Plötzlich sah Zach nicht mehr das Mädchen, sondern eine jüngere Nora. Und anstelle des älteren Mannes stellte er sich Søren vor, der sie finster anlächelte, während sie ihm zu Füßen auf dem Boden kniete.
„Nora und Søren – wie lange waren sie zusammen?“, fragte Zach. Griffins Frage hatte er kaum gehört.
„Er besaß sie etwa zehn Jahre lang, glaube ich.“ Griffin schraubte die Wasserflasche auf und nahm einen Schluck. „Aber sie hat mir mal erzählt, dass sie ihn schon kennt, seit sie fünfzehn war. Offensichtlich war es Liebe auf den ersten Blick. Und zwar für beide.“
„Zehn Jahre …“ Zach konnte es kaum fassen. Seine Ehe hatte auch zehn Jahre gehalten. „Sie hat gesagt, er ist ein Sadist. Ich nehme an, sie meint damit …“
„Dass er ein Sadist ist“, erwiderte Griffin einfach. „Es erregt ihn, Schmerzen zu verursachen oder jemanden zu demütigen. Und darin ist er wirklich ein Meister. Der Papst dahinten ist Macchiavellis feuchter Traum.“
„Ein Meister? Es erscheint mir nicht sonderlich schwer, jemandem Schmerzen zuzufügen.“
Griffin lachte auf.
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