Das Lustroulette: Erotischer Roman (German Edition)
Aber wenn er sich nur während der Sessions für sie interessierte und nicht darüber hinaus, warum hatte er dann etwas dagegen, wenn sie sich mit anderen Männern traf?
Das fragte sich Valentine, als sie das Lenkrad ihres Kleinwagens fester packte und Gas gab, um über die Kreuzung zu kommen, bevor die Ampel auf Rot umschlug. Wenn sie jetzt aufgehalten werden würde, konnte sie ihr Vorhaben vergessen und gleich nach Hause fahren.
Immer wieder ging sie in Gedanken das letzte Gespräch mit Rhys durch. Sie war verwirrt über seine Schroffheit gewesen, aber nicht so sehr, dass ihr seine Unsicherheit verborgen geblieben wäre. Doch seine harsche Zurechtweisung hatte ihr deutlich gemacht, dass er ihr nichts über sich erzählen würde, egal wie sehr sie nachbohren würde.
In letzter Sekunde bretterte Val über die Kreuzung. Plötzlich bogen gleich zwei Autos vor ihr auf den Parkplatz einer der unzähligen Hochzeitskapellen ein, für die viele Gäste extra anreisten, da man in Nevada schnell und unkompliziert heiraten – aber auch sich scheiden lassen – konnte. Nun hatte sie keinen Sichtschutz mehr. Abrupt bremste Val ab, froh darüber, dass niemand hinter ihr fuhr, denn derjenige wäre garantiert aufgefahren. Ihr Herz raste, als sie sich absichtlich zurückfallen ließ und einem Pick-up, der an einer Tankstelle darauf wartete, sich in den Verkehr einzufädeln, mit Lichthupe signalisierte, dass sie ihn vorlassen würde.
Erleichtert über den neuen Puffer stieß Valentine die Luft aus. Glaubte Rhys etwa, dass sie ihn attraktiver fand, wenn er der geheimnisvolle Dominus blieb? Dass die Tatsache, er könnte abseits des Decadency ein langweiliger Geschäftsmann mit einem normalen Alltag sein, sie ernüchtern würde? Sie hatte die Pubertät lange hinter sich gelassen und träumte keineswegs von einem Ritter auf einem weißen Ross, sondern war sich sehr wohl bewusst, dass Rhys Snowden ebenso auf die Toilette gehen musste wie der Rest der Bevölkerung. Mochte er im Alltag auch nichts Besonderes sein, so blieb er doch besonders für sie, weil seine strenge Hand und sein fantasievolles Liebesspiel sie erregten, wie kein Sex zuvor.
Das Ziffernblatt auf ihrer Armbanduhr verschwamm, als Val nachschaute, wie spät es war. Müde rieb sie über ihre Lider. Ihre Augen brannten. Normalweise schlief sie um drei Uhr morgens längst. Aber sie hätte ohnehin keine Ruhe gefunden. Immer wieder stellte sie sich vor, wo und wie Rhys lebte. Dabei ging es ihr nicht um seinen Status, sondern sie hätte gerne mehr über ihn als Mann erfahren. Welche Farbe mochte er am liebsten? Wohnte er modern oder rustikal? Las er die Times oder eher erotische Bücher oder gar beides? Kochte er selbst oder hatte er Personal? Weißwein oder Rotwein? Hausschuhe oder bloße Füße? Schlafanzug oder nackt? Dinge, die man über jemanden, an den man ständig denken musste, wissen wollte.
Vor einigen Wochen hatte sie sich entschieden, selbstständig zu werden und ihr Leben anzupacken. Deshalb war sie bei ihren überfürsorglichen Eltern ausgezogen, und darum hatte sie sich in dieser Nacht von ihrem Vater zwar nach Hause fahren lassen, war aber dort sofort in ihr eigenes Auto gestiegen und zurück zum Kasino gefahren. Erfreulicherweise brauchte sie nicht lange zu warten, bis er das Gebäude verließ.
Ihr Puls beschleunigte sich, als sie in eine Stichstraße mit Eigenheimen einbog, denn sie ahnte, dass sie ihr Ziel beinahe erreicht hatte. Ihr Wagen war gar nicht defekt gewesen. Sie hatte lediglich »ihre Schwäche« vor Rhys verheimlicht, indem sie ihn angelogen hatte. In Wahrheit hatte ihr Dad sie am Vormittag zu der Einrichtung gebracht, in der sie ihre »Medizin« bekam, und danach zur Arbeit, weil ihr nach dem »Doping« manchmal etwas schwindelig war.
Was sie jedoch wirklich dazu veranlasste, Rhys in diesem Moment in ihrem Fahrzeug heimlich zu folgen, war, dass die Vorstellung sie quälte, eine andere Frau könnte die Hauptrolle in seinem Leben spielen. Wenn er keine Ehefrau, keine Freundin oder Lustdienerin hatte, warum sagte er das nicht einfach? Bewies seine Verschwiegenheit nicht, dass er sich neben ihr noch mit jemand anderem traf? Wie würde sie reagieren, wenn sich herausstellte, dass er verheiratet war?
Plötzlich hielt er an. Er stellte sein chromglänzendes Coupé am Straßenrand ab. Damit hatte Valentine nicht gerechnet. Sie drosselte das Tempo, konnte aber nicht wenden, ohne Rhys aufzufallen.
Warum fuhr er nicht auf eines der feudalen Anwesen?
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