Das Lustschiff
sie, verlor das Gleichgewicht und stürzte in den Sand.
Leonard war schnell bei ihr, ragte triumphierend über ihr auf, wollte gerade ausholen, als ihn plötzlich, wie aus dem Nichts, etwas zur Seite riss.
Carolin blieb vor Schreck fast das Herz stehen, als sie Josh erkannte, der Leonard spielend zu Boden drückte. Der schrie und strampelte, schlug wie von Sinnen um sich. Doch egal, was er tat, Josh behielt die Kontrolle. Von irgendwoher kamen zwei Bodyguards angerannt, die Josh hochhalfen und Leonard festhielten. Ihn dann fortschafften.
Josh aber eilte zu ihr hin und half ihr auf. »Alles in Ordnung?«, fragte er besorgt und schaute ihr tief in die Augen.
Da sah sie plötzlich wieder dieses Funkeln, das Begehren, das sie so vermisst hatte.
»Ich denke schon. Wo kommst du denn so plötzlich her?«
»Ich habe dich gesucht«, sagte er, und es waren die schönsten Worte, die Carolin seit langem gehört hatte.
»Komm, ich bringe dich ins Haus.«
Er legte den Arm um sie und brachte sie zur Villa zurück. Carolin war froh, dass er sie endlich wieder bemerkte, mit ihr sprach, sie als begehrenswerte Frau ansah. Aufgeregt erzählte sie ihm von Leonards Plänen, ihn zu erpressen, doch er schien bereits informiert. »Die Polizei in New York wird ihm einen herzlichen Empfang bereiten. Dafür werde ich sorgen.«
Weiche Kissen schmiegten sich wohltuend an Carolins Rücken. Sie seufzte leise, blickte zur Decke, die mit Stuck verziert war. Erik Osburnes Schlafzimmer glich dem Gemach eines Prinzen. Das allein war surreal genug. Noch surrealer waren die sanften Rhythmen, die durch die riesigen Fenster von draußen zu ihr heraufschallten. Die Party war noch nicht vorbei. Alle amüsierten sich, niemand ahnte, was heute Nacht geschehen war. Fast so als hätte das alles gar nicht stattgefunden. Einen Augenblick lang lauschte sie den Lauten der Lust, und plötzlich fand sie diese lüsterne Melodie sehr anregend. Carolin wollte sich nicht länger verschließen. Ohne das Lustschiff, den besonderen Service an Bord und die verrückte Crew hätte sie Josh nie kennengelernt.
Josh blickte sie an. Er hätte am bunten Treiben am Strand teilnehmen, sich ins Partyleben stürzen können, doch er war bei ihr geblieben, saß neben ihr auf einem Hocker und hielt ihre Hand. Er wirkte nachdenklich. Tiefe Furchen hatten sich auf seiner Stirn gebildet. Carolin musterte ihn genau, versuchte hinter dem teuren Anzug und dem professionellen Styling Josh wiederzuerkennen. Ihren Josh, der eigentlich Erik Osburne war. Diesen Umstand musste sie erst einmal verdauen.
»Ich muss mich bei dir entschuldigen und dir einiges erklären«, setzte er an.
Carolin hörte ihm aufmerksam zu, ihr Blick hing an seinen Lippen, verfolgte jedes Zucken seiner Mundwinkel.
»Wieso hast du mir nicht gesagt, wer du wirklich bist?«, fragte sie, bevor er noch etwas sagen konnte. Was war der Grund dafür gewesen, sie anzulügen, ihr etwas vorzumachen?
»Ich reise gern inkognito. Mein Leben ist dann einfacher. Ich fühle mich freier, kann durchatmen.«
Sie konnte das nachvollziehen. Es musste schrecklich sein, wenn man aufgrund seines Status immer von falschen Freunden umgeben war, niemals wusste, wer es ehrlich mit einem meinte.
»Außerdem hast du deutlich gemacht, dass du Erik Osburne nicht sonderlich leiden kannst. Und das hätte meine Chancen bei dir gemindert.«
Sie lachte. »Wenn ich gewusst hätte, wie sympathisch dieser Erik Osburne ist, dann hätte ich meine Meinung schnell geändert.«
»Wahrscheinlich hättest du das. Doch es gab noch einen Grund, weshalb ich vorsichtig sein musste. Meine Frau … ich meine, meine Noch-Frau will eine Schlammschlacht austragen. Eine außereheliche Affäre wird gegen mich verwendet.«
Erik Osburne war verheiratet, und Carolin hatte die Rolle einer Geliebten eingenommen. Das fühlte sich nicht unbedingt gut an, aber Josh versicherte ihr, dass die Liebe zwischen ihm und Veronika in die Brüche gegangen war, lange bevor sie sich begegnet waren. Jetzt verstand sie endlich, was Leonard gegen Josh in der Hand gehabt hatte.
Er senkte den Blick. »Vorübergehend hatte ich auch dich im Verdacht, mit diesem Fotografen gemeinsame Sache zu machen.«
»Was?« Das konnte sie nicht glauben. Das war doch völlig absurd!
»Ich dachte, du wüsstest von meiner Identität und würdest dich mir nur deshalb an den Hals werfen, damit er die kompromittierenden Fotos schießen und Veronika zuspielen kann. Offenbar waren sowohl du als auch der
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