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Das Maedchen am Klavier

Das Maedchen am Klavier

Titel: Das Maedchen am Klavier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Marschner
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erleichtern. Als sie in Graz ein Konzert gab, stellte er ihr eine prachtvolle Kutsche zur Verfügung und fuhr selbst in einer anderen nach, was Friedrich Wieck als Gipfelpunkt der Vornehmheit und Eleganz erschien. »Was für ein Mann!«, seufzte er. Dann legte er seine Hand auf Claras Arm und fragte sie, ob der Fürst denn irgendwann etwas gesagt habe. »Etwas Besonderes, Clärchen. Du weißt schon.«
    Doch Clara verstand nicht, was er meinte. Noch immer schrieb sie in ihren unbeobachteten Momenten lange Briefe nach Leipzig und wünschte sich, alles möge gut werden. Was immer das auch bedeuten mochte.
    Nach Claras sechstem Konzert erzählte der Fürst in lässig-gleichmütigem Ton, er habe neulich ganz zufällig den Minister Graf Kollowrat getroffen und sich mit ihm über Clara unterhalten. »Ich habe ihn daran erinnert, dass die Wiener Ihre Tochter mehr lieben als jede andere Künstlerin. Man würde sich sicher freuen, wenn Seine Majestät sie in die Reihe seiner sieben Kammervirtuosen aufnähme.« Er lachte. »Seine Exzellenz hat sich gewunden wie ein Wurm: Die Künstlerin sei für eine solche Ehre noch viel zu jung, außerdem eine Ausländerin und noch dazu protestantisch!«
    Friedrich Wieck erbleichte und errötete danach. Nur Clara begriff, wie er sich fühlte, als er die Hände auf die Wangen legte.
    »Auch mit Ihrer Majestät der Kaiserin hatte ich die Ehre eines Gesprächs«, fuhr der Fürst zufrieden fort. »Nun, kurz und gut: Ich darf Ihnen den Rat erteilen, bei Minister Kollowrat ein Gesuch einzureichen. Es könnte sein, dass es positiv beschieden wird und man Ihnen demnächst – gegen eine nicht unbeträchtliche Gebühr, versteht sich – das Kaiserliche Patent ausfertigt, in dem Ihre geniale junge Tochter zur Kaiserlich-Königlichen Kammervirtuosin ernannt wird.« Er blickte Friedrich Wieck lächelndan. »Der volle Titel lautet übrigens ›Pianiste de la Cour Imperiale et Royale Apostolique‹.«
    Friedrich Wieck war noch blasser als je zuvor. »Pianiste de la Cour ...«, versuchte er den Titel nachzusprechen, doch vor Ergriffenheit versagte ihm die Stimme. »Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll, Fürst!«, flüsterte er heiser. In seinen Augen standen Tränen.
    Alfred von Schönburg schüttelte den Kopf. »Erstens, das Gesuch ist noch nicht gebilligt. Und zweitens sollten Sie auf jeden Fall Ihrer Tochter danken und nicht mir.«
    Doch Friedrich Wieck hörte ihm gar nicht zu. »Eine Ernennung, unterschrieben von der Hand des Kaisers persönlich!«, murmelte er ungläubig.
    Der Fürst stand auf. »Darauf machen Sie sich lieber keine Hoffnung, mein guter Freund!«, sagte er und ging zur Tür. »Für so etwas ist der jeweilige Minister zuständig.« Er verneigte sich, lächelte ein wenig ungeduldig und ging hinaus.
    Clara hätte gern noch mit ihrem Vater über den Vorschlag des Fürsten gesprochen, doch Friedrich Wieck war bereits aufgesprungen und in sein Zimmer geeilt, um das Gesuch aufzusetzen.
    Friedrich Wieck, der daran gewöhnt war, dass sich der Wiener Amtsschimmel bestenfalls im Schritttempo vorwärtsbewegte, traute seinen Augen kaum, als schon nach wenigen Tagen das kaiserliche Patent vor ihm auf dem Schreibtisch lag. So aufgeregt war er, dass er die amtlich gewundene Sprache des Schreibens erst gar nicht verstand. Auf den zweiten Blick bemerkte er auch, dass die Schrift nicht an ihn selbst gerichtet war, sondern an Clara, obwohl diese doch ihre Volljährigkeit noch gar nicht erreicht hatte.
    »Seine Majestät der Kaiser«, stand da, »haben Sich mit Allerhöchstem Kabinettschreiben vom 13. d. M. allergnädigst bewogen gefunden, Ihnen in Berücksichtigung Ihrer ausgezeichneten Kunstfertigkeit und als ein öffentliches Merkmal derallerhöchsten Zufriedenheit mit Ihren Kunstleistungen den Titel einer K. K. Kammervirtuosin zu verleihen, worüber Ihnen zu Ihrer Versicherung das gegenwärtige Dekret ausgefertigt wird.« Beiliegend fand sich auch die Einladung zu einer Audienz des Kaisers.
    Friedrich Wieck geriet in Panik. Er fühlte sich verpflichtet, sich auf den Besuch in der Hofburg angemessen vorzubereiten. Doch eigentlich waren alle Voraussetzungen dafür bereits vorhanden. Clara und er besaßen genug elegante Kleidung, um für mehrere Audienzen gerüstet zu sein, und wenn der Kaiser Musik zu hören wünschte, würde Clara schon dafür sorgen, dass die Majestäten auf ihren Kunstgenuss nicht verzichten mussten.
    Friedrich Wieck konnte sich nicht vorstellen, wie er die Tage bis zur Audienz

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