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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zwanzig Liter ausgetrunken sind? Jurij Konstantinowitsch, Hauptmann der Roten Armee, was dann?
    Dann mußte man am Kanal sein und an einer Stelle, wo es keine Israelis gab, über den Kanal setzen. An einer Stelle, wo es keine Straßen und Pisten gab, die in die Wüste führten. Und aus der Wüste heraus wollte er kommen wie ein Käfer aus dem Sand. Er hatte es geübt, in den schrecklichen Sandfeldern der Kysyl-Kum-Wüste am Aralsee.
    Am Himmel verblaßte ein schwarzer summender Punkt wie eine von der Sonne aufgesogene Mücke. Rishon drehte ab.
    Hauptmann Jegorow goß sich Wasser in einen Blechbecher.
    Nur einen Schluck.
    Was Rishon von Peter Schumann annahm, das führte Jurij Konstantinowitsch aus: Er wartete. Er rang um die Zeit.
    Er war ein guter Russe, und jeder Russe weiß, daß die Zeit der beste Verbündete ist.
    Denn der Mensch kann nicht ruhig sein, nicht eine Stunde.
    Als Ariela ihre Wohnung aufschließen wollte, erwartete sie eine Überraschung. Auf der Treppe saß Narriman, die Ariela nur als Ruth Aaron kannte. Sie trug wieder die Uniform eines Feldwebels der Sanitätstruppe und rauchte gerade, als Ariela das Haus betrat.
    »Endlich!« sagte sie und zertrat die Zigarette auf den Steinstufen der Treppe. »Da sind Sie ja, Ariela.«
    »Ruth! Wie schön, Sie wiederzusehen.« Ariela streckte ihr beide Hände hin. Narriman ergriff sie, und sie sahen sich an wie zwei gute Freundinnen. Sie ist schön, dachte Narriman. Sie ist von jener Faszination, die Männer bis in den Traum verfolgt. Sie ist so schön, daß in mir der letzte Rest von Skrupel erstirbt.
    »Wo kommen Sie her?« fragte Ariela und schloß die Wohnung auf. Sie hatte die zerbrochenen Fenster erneuern lassen, ein Mädchen sorgte für Sauberkeit, aber meistens war Ariela nicht in der Wohnung, sondern trieb in ihrer Unruhe wie ein Holzstück auf Meereswellen kreuz und quer durch Jerusalem.
    Sie betraten die Wohnung, und Narriman sah durch die offene Tür das Arbeitszimmer Oberst Golans, das jetzt umkränzte Foto, den gläsernen Wandschrank, in dem auf Samt die Orden des ›Eisenfressers‹ lagen.
    »Ich bin gekommen, Ariela, um Ihnen eine gute Nachricht zu bringen.« Narriman brachte es fertig, dies mit einer fast jubelnden Stimme zu sagen. Ariela, die gerade die Schlüssel aus der Tür zog, ließ diese fallen und lehnte sich, von einer plötzlichen Schwäche ergriffen, an die Wand.
    »Von Peter …«, stammelte sie. »Von …« Und dann schrie sie auf, rannte auf Narriman zu und packte sie an den Schultern. »Wo ist er? Lebt er? Ist er verwundet? Haben sie ihn gefunden? Ruth, sagen Sie doch etwas! O Gott, o Gott … lebt er denn?«
    Narriman nickte. »Er ist in Kefar Ruppin.«
    Arielas Kopf sank auf Narrimans Schulter. Sie weinte, und es tat Narriman wohl, diesen zitternden Körper zu spüren. Weinen wird deine einzige Beschäftigung sein, dachte sie. Und wer dich trösten wird, wird dich gleichzeitig zerbrechen.
    »Wo ist Kefar Ruppin?« schluchzte Ariela. »Wo liegt das?«
    »Am Jordan. Südlich des Sees Genezareth. Es ist ein großer Kibbuz.«
    »Und er lebt?«
    »Er ist verwundet.«
    »Schwer?«
    Narriman schwieg und sah an Ariela vorbei aus dem Fenster. Eine unerträgliche Bedrückung war zwischen ihnen.
    »Was verschweigen Sie mir, Ruth?« fragte Ariela kaum hörbar. »Bitte, sagen Sie alles! Daß er lebt … das ist die Hauptsache … Ist er sehr schwer verwundet?«
    »Er ist blind«, sagte Narriman leise.
    Ariela wandte sich ab und ging hinüber in das Zimmer ihres Vaters. Lange stand sie vor dem umkränzten Foto, das Arnos Golan in der Umarmung mit Dayan zeigte.
    Du bist nicht mehr, Vater, dachte sie. Und Peter ist blind geschossen. Ist das nicht genug? Ich werde ihn hierher in diese Wohnung bringen, und hier werden wir leben, als Mann und Frau, und wenn der Rabbi uns nicht traut, werden wir trotzdem hier leben, zwischen deinem Bild und deinen Orden, zwischen all dem, was nur an Krieg erinnert … und wir werden hier ein eigenes, friedliches Reich gründen, und ich werde mit meinen Augen für ihn mitsehen, wir werden Kinder haben und wir werden glücklich sein.
    »Wir fahren sofort zu ihm!« sagte Ariela, als sie aus dem Zimmer des Obersten zurückkam. Narriman stand am Fenster und schaute auf die Straße. »Können wir ihn mitnehmen nach Jerusalem?«
    »Wenn die Tochter Oberst Golans den Stabsarzt bittet … sicherlich. Peter fragt immer nach Ihnen, Ariela. Er muß Sie sehr liebhaben …«
    »In zehn Minuten fahren wir!« Ariela rannte in ihr

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