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Das Mädchen Ariela

Das Mädchen Ariela

Titel: Das Mädchen Ariela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schlafzimmer. »Ich ziehe mich nur um.«
    »Die Uniform?« fragte Narriman schnell.
    »Nein, ein Reisekleid. Womit sind Sie gekommen. Ruth?«
    »Mit einem Jeep.«
    »Dann ziehe ich Hosen an.«
    »Sehr gut.«
    »Hat er große Schmerzen?«
    »Nein. Nur …«
    »Noch etwas?« Ariela sah aus dem Schlafzimmer. »Ist das nicht alles?« Arielas Augen bettelten um die Wahrheit.
    »Nein. Sie haben eine schwere Aufgabe vor sich, Ariela.«
    Narriman tat es gut, die Grausamkeit auf die Spitze zu treiben. »Er weiß noch nicht, daß er blind ist. Sie, Ariela, sollen es ihm sagen …«
    Es war Nacht, als sie nach mühseliger Fahrt über verstopfte Straßen durch das eroberte jordanische Gebiet auf der Straße Jerusalem-Ra mallah-Nablus-Jenin wieder den alten israelischen Teil erreichten und hinunter zum Jordan fuhren. Hier hatte der Krieg mit Brand und Zerstörung gewütet. Im Licht von Scheinwerfern wurden die zerstörten Kibbuzim wieder aufgebaut. Tag und Nacht. Ein Wille zum Leben war in diesem Aufbau, der mitriß und doch erschütter te. Denn alle, die hier bauten, wußten, daß es hier nie Ruhe geben würde.
    Kurz vor Kefar Ruppin bog Narriman von der Straße ab und fuhr über Feldwege und zuletzt über unwegsame Steinwüsten zum Jordan. Erstaunt blickte Ariela hinaus in die Dunkelheit.
    »Ist das der richtige Weg?« fragte sie.
    »Er führt direkt zum Jordan.«
    Vor einem turmartigen, kahlen Felsen hielt Narriman plötzlich an und stieg aus. Ariela sprang hinterher. Um sie herum war tiefste Einsamkeit.
    »Hier?« fragte sie erstaunt.
    »Ja, hier!«
    Es war das Letzte, was Ariela hörte. Ein dumpfer Schlag löschte alle Gedanken aus. Es war ihr nur, als schwebe sie, ehe auch dieses Gefühl abrupt abbrach.
    Wenige Minuten später stand Narriman am Jordan. Zwei Jordanier nahmen ihr Ariela ab, trugen sie die Böschung hinunter und fuhren sie mit einem Kahn über den Fluß. Dann kehrten sie zurück, holten Narriman herüber, und noch auf der kurzen Fahrt über den Jordan riß sie sich die israelische Uniform vom Körper und zog die Kleider an, die sie in einer Tasche mitgenommen hatte.
    Der Jeep blieb am Ufer stehen. Er war sowieso gestohlen.
    Das Versprechen Narrimans war eingelöst: Sie hatte Ariela aus Jerusalem nach Amman geholt.
    Die deutsche Reisegesellschaft saß noch immer in Jerusalem fest und bekam keine Ausreisegenehmigung, denn die Israelis reagierten sauer auf Müllers Meisterschuß. Außerdem mußte noch die Frage des Schadensersatzes geklärt werden, denn der Granatvolltreffer hatte das Haus so beschädigt und erschüttert, daß es schon am nächsten Tag von einem Bulldozer niedergewalzt werden mußte. Wegen Ein sturzgefahr. Es ging also darum, daß Müller aus Köln ein ganzes Haus bezahlen sollte.
    »Das ist Schikane!« schrie Müller XII einen Vertreter der deutschen Botschaft an, der vermitteln wollte und die Rechtslage darlegte. »Das ist typisch Schikane! Wenn wir damals alle Häuser einfach abgerissen hätten, die einen Schuß abbekommen haben, dann stände in Deutschland überhaupt kein Haus mehr! Und was heißt hier: Die Häuser sind leichter gebaut! Dann sollen sie eben vernünftig bauen! Nach guter, sicherer DIN-Vorschrift! Hier fehlt deutsche Organisation. Und im übrigen bin ich für den Schuß nicht verantwortlich!« Müller XII schlug auf den Tisch seiner Gefängniszelle. »Waren Sie Soldat?«
    »Nein«, antwortete der Beamte der deutschen Botschaft. »Dazu war ich damals noch zu jung!«
    »Eben! Dann fragen Sie Ihren Botschafter. Der war Offizier! Ein Panzer, der abgestellt ist und noch einen Schuß im Rohr hat … das ist unmöglich! Das ist eine Schlamperei! Soll ich für die militärische Schlamperei aufkommen?«
    Es war abzusehen, daß dies ein langer Prozeß wurde.
    Major Rishon, der die Untersuchung leitete, hatte Geduld und viel Zeit. Je mehr Müller brüllte, um so ruhiger wurde er.
    »Als Zivilist klettert man auf keinen Panzer«, sagte er in einer Atempause Müllers. »Auch wenn es eine Erinnerung an Rußland ist. Ich kann Sie auch nicht vergasen, wenn ich mich an Deutschland erinnere …«
    Und das war eine Rede, auf die Willi Müller keine Antwort mehr wußte.
    Die deutsche Reisegruppe blieb in Jerusalem. Die deutsche Botschaft mußte die Kosten übernehmen. Sie tat es noch widerwilliger als zwanzigtausend Gasmasken an Israel zu liefern, die in Tel Aviv ankamen und die keiner haben wollte.
    Eine kleine Merkwürdigkeit am Rande eines großen Geschehens … aber Deutschland war wieder

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