Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff
habe ihm ein Zimmer hergerichtet.«
»Gut.« Kathleen setzte sich neben Grania. »Und wie fühlst du dich?«
»Alles in Ordnung. Ein bisschen müde, aber ich arbeite ja auch hart.« Grania schüttelte den Kopf. »Ich hab den richtigen Zeitpunkt fürs Essen verpasst und keinen Appetit mehr.« Sie legte Messer und Gabel beiseite.
»Sieht dir gar nicht ähnlich, nichts zu essen.«
Grania stellte den Teller in die Spüle. »Ich geh ins Bett, Mam.«
»Schlaf gut.«
»Danke, Mam.«
»Aurora scheint es besser zu verkraften als Grania«, bemerkte Kathleen.
John streckte die Hand nach dem Lichtschalter aus, als seine Frau sich neben ihn ins Bett legte. »Aurora hat ihren Vater verloren, aber ein völlig neues Leben gewonnen, während Grania auf das ihre verzichten musste.«
»Ich mach mir Sorgen um sie, John. Sie steht in der Blüte ihrer Jahre und nutzt sie nicht.«
»Lass ihr Zeit. Sie hat eine Menge durchgemacht.«
»Das ist der Fluch der Lisles. Ich …«
»Hör auf, anderen die Schuld zu geben, Kathleen. Es war Granias eigene Entscheidung. Gute Nacht.«
Grania empfand ein merkwürdiges Gefühl der Erleichterung, als Hans Schneiders Wagen in den Hof von Dunworley House fuhr. Sie wischte sich die tonverschmierten Hände an der Schürze ab und ging hinaus, um ihn zu begrüßen.
»Wie geht’s, Grania?« Er küsste sie auf beide Wangen.
»So weit ganz gut, danke. Hatten Sie eine angenehme Reise?«
»Ja.« Hans ließ den Blick über Dunworley House schweifen. »Das Haus könnte ein neues Dach gebrauchen.«
»Ja. Wollen wir reingehen?«
Eine Stunde später aßen sie frische Austern, die Grania am Hafen besorgt hatte. Dazu gab es Wein aus dem Keller. Bei der Auswahl hatte Grania sich von Hans beraten lassen.
»Wie macht sich Aurora?«, erkundigte er sich.
»Erstaunlich gut«, antwortete Grania. »Vielleicht sogar zu gut, aber wir werden sehen. Leider ist es keine völlig neue Erfahrung für sie, einen geliebten Menschen zu verlieren. Außerdem ist sie ständig beschäftigt. Sie muss in die Schule, besucht Ballettstunden und verbringt den Rest der Zeit auf der Farm. Da bleiben nicht viele Stunden zum Grübeln.«
»Und Sie?«
»Offen gestanden, versuche ich nach wie vor, die letzten Tage im Krankenhaus zu verarbeiten.«
»Das kann ich verstehen. Es war … schwierig. Ich habe die Urne mit der Asche dabei.«
»Danke.« Grania nickte.
»Soll ich Aurora fragen, ob sie die Asche mit mir auf Lilys Grab verstreuen möchte?«, fragte Grania.
»Meinen Sie, das bringt sie aus der Fassung?«
»Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass sie ziemlich traurig war, weil sie nicht persönlich von ihrem Vater Abschied nehmen konnte. Vielleicht würde dieser symbolische Akt ihr helfen.«
»Sie haben bisher alles sehr gut bewältigt. Vertrauen Sie einfach Ihrem Instinkt.«
»Letztlich schlägt Aurora sich besser als ich. Und meine Familie war einfach wunderbar. Sie lieben sie sehr.«
»Das stabile Familienleben hilft ihr, über die Tragödie hinwegzukommen. Sie hatte eine sehr schwierige Kindheit.«
»Nach allem, was ich über die Geschichte der Lisles weiß, ist es ihrer Mutter nicht besser ergangen. Möglicherweise liegt’s an diesem Haus und seiner merkwürdigen Atmosphäre.«
»Die ändert sich sicher, wenn es renoviert ist. Hat Aurora sich schon darüber geäußert, ob sie hier leben will? Oder möchte sie lieber auf der Farm bleiben?«
»Im Moment würden keine zehn Pferde sie von ihren Tieren wegbringen. Aber vielleicht überlegt sie es sich ja noch anders.«
»In der Woche, die ich hier verbringen werde, habe ich vor, mich mit einem Gutachter über die Sanierung zu beraten«, erklärte Hans. »Er kann mir bestimmt ein zuverlässiges Unternehmen für die Arbeiten empfehlen. Wenn es am Ende um die Farbe der Wände geht, würde ich allerdings Sie bitten, ein künstlerisches Urteil zu fällen«, sagte er lächelnd.
»Gern.«
»Egal, ob Aurora das Haus behalten will – es muss auf jeden Fall renoviert werden, damit es sich für einen eventuellen Verkauf in einem ordentlichen Zustand befindet. Außerdem werde ich nach Cork fahren, um festzustellen, wie weit der Adoptionsvorgang gediehen ist. Ich erwarte keine Probleme. Alexander erweist sich im Tod als genauso gründlich wie im Leben. Was unter den gegebenen Umständen tatsächlich nötig ist. Seine Schwester hat bereits Kontakt aufgenommen, um den Wortlaut von Alexanders Testament zu erfahren.« Hans verzog den Mund zu einem grimmigen Lächeln. »Die Aasgeier
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