Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff
um; ich hatte keine Zeit, sie ein paar Monate oder auch nur Wochen zu genießen.
Daddy tat sein Möglichstes für mich, indem er Grania heiratete und ihr die Adoption leicht machte. Er bewies mir seine Liebe auf typisch männliche praktische Weise. Aber ich hätte mich gern persönlich von ihm verabschiedet, auch wenn er noch so schlecht aussah.
Wenn man jemanden gernhat, spielt das Aussehen keine Rolle … es geht eher um das Wesen.
Wahrscheinlich war es für Grania genauso schwer wie für mich. Sie war unversehens in das Leben unserer Familie und meines Vaters hineingezogen worden, der verzweifelt versuchte, seine geliebte Tochter zu schützen.
Ich habe neulich ein Buch über Geister gelesen, in dem stand, diese reisten in »Gruppen« durch die Zeit. Sie wechselten die Gestalt, würden aber immer wieder durch ein unsichtbares Band zueinander hingezogen.
Das würde erklären, warum Kathleen das Gefühl hatte, dass die Geschichte sich bei Grania und mir wiederholte. Sie nahm mich unter ihre Fittiche wie seinerzeit Mary Anna. Ich kann nur hoffen, dass ich nie so kaltherzig gewesen bin wie meine Großmutter Anna und Grania stets meine Dankbarkeit und Liebe gezeigt habe. Im Buddhismus heißt es, wir müssten so lange auf die Erde zurückkommen, bis wir unsere Lektion gelernt hätten. Im nächsten Leben würde ich gern auf einer höheren Stufe wiedergeboren werden. Auf jeden Fall würde ich mir dann einen kräftigeren Körper wünschen …
Doch zurück nach New York zu Matt, der gerade dabei ist, sein Leben in Unordnung zu bringen.
37
Charley war an jenem Abend, an dem sie sich darauf geeinigt hatten, ihrer Beziehung eine Chance zu geben, in Matts Schlafzimmer gewechselt, hatte ihn jedoch gebeten, aufgrund ihrer Schwangerschaft fürs Erste nicht miteinander zu schlafen. Matt war erleichtert gewesen, da er den Sex mit ihr als langweilig in Erinnerung hatte. Ganz anders als den mit Grania, bei dem er das Gefühl gehabt hatte, nicht nur körperlich mit ihr eins zu werden …
Als Matt zum Duschen ging, stellte er fest, dass Charleys Anwesenheit auch andere unangenehme Seiten hatte. Ihr riesiges Arsenal an Kosmetika füllte sämtliche verfügbaren Flächen im Bad. Grania hatte lediglich eine Gesichtscreme benutzt. Außerdem nahm Matts Kleidung nur noch etwa ein Achtel des Schranks ein; den Rest beanspruchten Charleys Designerklamotten. Hier wurde der Unterschied zwischen den beiden Frauen besonders augenfällig.
Als Matt bei der Suche nach seinem Rasierapparat einen Kulturbeutel ins Waschbecken stieß, versuchte er, nicht in die Luft zu gehen. Schließlich war es sein Vorschlag gewesen, der Beziehung eine Chance zu geben. Charley hatte keinerlei Druck auf ihn ausgeübt und ihm auch kein schlechtes Gewissen eingeredet.
Doch sie hatte angedeutet, dass sie ein Haus in Greenwich, näher bei ihren Eltern, erwerben wolle. Matt war alles andere als begeistert über diese Idee. Matts Einwand, er habe dazu nicht das nötige Geld, hatte Charley mit einer Handbewegung abgetan.
»Mom und Dad greifen uns unter die Arme, Matty, das weißt du doch.«
Nun konnte Matt nachvollziehen, wie Grania sich angesichts des Hilfsangebots seiner Eltern gefühlt hatte. Er wollte kein Geld von Charleys Vater und Mutter. Charley hatte ihn sogar ein paar Tage zuvor gefragt, ob er wirklich nicht vorhabe, in die Fußstapfen seines Vaters zu treten.
»Ich werde mit dem Arbeiten aufhören müssen, wenn das Kind da ist, jedenfalls ein paar Monate lang. Vielleicht sogar ganz.« Charley hatte mit den Achseln gezuckt. »Ich sage das ungern, Matty, aber dein Verdienst reicht grade mal für ein Filipinomädchen, das dreimal die Woche kommt, nicht für die Ganztagshaushaltshilfe, die ich brauchen werde.«
Matt zog sich an. Er war froh, dass Charley zu ihrem eigenen Apartment gefahren war, um dem Innenarchitekten den letzten Scheck zu überreichen. Sie hatte es Matt eine Woche zuvor gezeigt, und Matt waren angesichts der superschicken Ausstattung die Augen übergegangen. Alles war in Glas, Chrom und Weiß gehalten; das Ganze wirkte ungefähr so einladend wie ein OP . Matt fragte sich, wie Charley es bei ihm im Loft aushielt. Er machte sich einen Kaffee und kramte einen ziemlich alten Bagel aus dem Kühlschrank. Charley kochte nicht – in den vergangenen beiden Wochen hatten sie ausschließlich in Restaurants gegessen. Ihm lief das Wasser im Mund zusammen, wenn er an die köstlichen Gerichte dachte, die Grania regelmäßig zubereitet hatte.
Matt
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