Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff
Ob Lily überhaupt in der Lage war, irgendjemandem nahezustehen, weiß ich nicht. Obwohl sie ihre Tochter liebte und Aurora sie vergötterte.«
Grania gab Lamm, frische Erbsen und Kartoffeln auf die Teller und trug sie zum Tisch. »Mögen Sie Sauce? In dem Kännchen ist welche. Frische Minzsauce habe ich auch gemacht.« Sie deutete auf ein weiteres Gefäß.
»Ein Festmahl. Nach Wochen amerikanischen Plastikessens habe ich von so etwas geträumt. Danke, Grania.«
»Für mich ist das auch etwas Besonderes. Ich mag Ihre Tochter sehr, aber zur Abwechslung ist es schön, mal in Gesellschaft eines Erwachsenen zu sein«, sagte sie lächelnd.
»Sie haben sich hier oben sicher einsam gefühlt. Sie sind das Leben in New York gewohnt.«
»Immerhin leben meine Eltern ganz in der Nähe. Sie können Aurora auch sehr gut leiden. Bitte«, Grania nahm Messer und Gabel in die Hand, »fangen wir an, sonst wird’s kalt.«
Sie aßen eine Weile schweigend.
»Nun«, sagte Alexander schließlich und legte Messer und Gabel beiseite, obwohl sein Teller halb voll war, »wie sehen Ihre Pläne für die Zukunft aus? Haben Sie sich entschieden?«
»Ich war viel zu beschäftigt mit Ihrer Tochter, um mir darüber Gedanken zu machen«, antwortete sie schmunzelnd. »Vermutlich war dieser Monat genau das, was ich gebraucht habe.«
»Eine Auszeit, meinen Sie?«
»Ja.«
»Wollen Sie nach New York zurück?«
»Wie gesagt, ich habe noch keine endgültige Entscheidung getroffen.«
»Ich möchte Sie etwas fragen.«
»Ja?«
»Könnten Sie sich vorstellen, noch eine Weile bei Aurora und mir zu bleiben? Ich werde sehr beschäftigt sein und nicht genug Zeit für sie haben.«
»Ich weiß es nicht«, antwortete sie wahrheitsgemäß.
Alexander senkte den Blick. »Natürlich nicht. Warum sollte eine junge, schöne Frau wie Sie länger als nötig mit einem kleinen Kind hier oben sein wollen? Tut mir leid, dass ich gefragt habe, aber ich sehe einfach, wie glücklich Aurora in Ihrer Obhut ist.«
»Wie lange wäre es denn?«, erkundigte sich Grania.
»Offen gestanden: keine Ahnung.« Alexander schüttelte den Kopf.
»Haben Sie geschäftliche Probleme?«
»Nein … Es ist schwer zu erklären. Entschuldigen Sie, dass ich so vage bleiben muss. Falls Sie auf meinen Vorschlag eingehen sollten: Es gibt da eine Scheune, die ich in ein Atelier habe umbauen lassen, als Lily sich als Malerin versuchen wollte. Nicht dass sie es je genutzt hätte, aber es ist ein angenehmer Ort zum Arbeiten und hat einen wunderbaren Blick auf die Bucht.«
»Das ist ein großzügiges Angebot, aber ich habe kaum Zeit zum Arbeiten, wenn ich mich um Aurora kümmern soll.«
»Ich habe jetzt, da sie sich so positiv entwickelt hat, über Ihren Vorschlag mit der örtlichen Schule nachgedacht. Wenn sie die besuchen würde, hätten Sie den ganzen Tag zum Arbeiten.«
»Aurora täte es gut, Gleichaltrige kennenzulernen. Sie ist viel zu viel allein oder mit Erwachsenen zusammen. Ich …«
Alexander legte eine Hand auf die ihre. »Verstehe, Grania. Ich bin egoistisch. Weit weg von hier wartet ein anderes Leben auf Sie. Ich möchte Ihnen nicht im Weg stehen. Trotzdem würde ich Sie bitten, noch zwei Wochen bei uns zu bleiben, wenn Sie keine dringenderen Pläne haben. Ich stehe ziemlich unter Druck und werde nicht genug Zeit für Aurora haben. Und auch keine Energie«, fügte er seufzend hinzu.
»Na schön, zwei Wochen. Ich muss sowieso die Skulptur von Aurora fertigstellen.«
»Danke.«
»Wenn Sie sich tatsächlich für die Schule entscheiden sollten: Die Leiterin ist eine Cousine meiner Mutter«, erklärte Grania. »Sie könnte mit ihr reden und fragen, ob es möglich wäre, dass Aurora sofort anfängt.«
»Wunderbar! Ich muss Ihrer Familie noch Geld für das Hündchen geben, das Aurora unbedingt haben möchte.«
»Alexander, das ist nicht nötig.« Grania stand auf, um die Teller abzuräumen. »Kaffee?«
»Nein, danke. Der scheint meine Kopfschmerzen zu verschlimmern. Wissen Sie«, erzählte er, während Grania in der Küche hantierte, »meine verstorbene Frau hat an Engel geglaubt.«
»Tatsächlich?«
»Ja. Sie sagte, man muss sie nur rufen.« Alexander lächelte traurig. »Vielleicht hatte sie recht.«
Abends im Bett gingen Grania allerlei Gedanken durch den Kopf. Sie hatte sich soeben bereit erklärt, weitere zwei Wochen ihres Lebens mit den Devonshires zu teilen, unter Umständen länger. Diesmal ging es nicht nur um Aurora, sondern auch um Alexander. Möglicherweise
Weitere Kostenlose Bücher