Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff
an jenem Tag in Florenz. Fast wünschte er sich den Schmerz einer schmutzigen Scheidung; immerhin hätte er bezeugt, dass da etwas Großes zu Ende ging. Er und Grania hatten nicht einmal ein gemeinsames Konto gehabt. Es gab so gut wie nichts aufzuteilen. Das Einzige, was sie verbunden hatte, war der beiderseitige Wunsch gewesen, zusammen zu sein. Matt trat ans Fenster und schaute hinaus. Vielleicht sollte er sich einfach in sein Schicksal fügen und sich neu orientieren. Doch er wusste nicht, was er falsch gemacht hatte, und das ließ ihm keine Ruhe.
»Hallo, Schätzchen, guten Tag gehabt?« Charley schloss die Tür hinter sich und schlang von hinten die Arme um ihn.
»Geht so …« Matt zuckte mit den Achseln.
»Niedergeschlagen? Matty, ich finde es schrecklich, wie du dich quälst.«
»So ist die Lage nun mal.« Er löste sich aus ihrer Umarmung und holte sich ein Bier aus der Küche. »Möchtest du was trinken?«
»Warum nicht?« Charley ließ sich aufs Sofa plumpsen. »Ich bin hundemüde.«
»Harter Tag im Büro?«, erkundigte sich Matt, während er das Bier öffnete und ihr ein Glas Chardonnay aus dem Kühlschrank einschenkte.
»Ja.« Sie lächelte. »Ich könnte ein bisschen Aufmunterung gebrauchen.«
»Ich auch.«
Charley nahm einen Schluck Wein. »Dann lass uns doch ausgehen! Ich rufe ein paar von der alten Truppe an. Die freuen sich, dich zu sehen. Na, wie wär’s?«
»Ich weiß nicht, ob ich in Partylaune bin.«
»Könnte doch nicht schaden, es rauszufinden, oder?« Charley holte ihr Handy heraus und wählte eine Nummer. »Wenn nicht für dich, dann für deine Mitbewohnerin, die seit Wochen mit dir leidet. Hallo, Al!«, sagte sie ins Telefon. »Heute Abend schon was vor?«
Anderthalb Stunden später saß Matt mit sechs alten Freunden in einer schicken Bar, in der er Jahre nicht mehr gewesen war. Charley hatte ihn dazu gebracht, den Blazer aus dem Schrank zu holen. Sonst trug er ausschließlich Jeans, T-Shirt und ein altes Tweed-Sakko, das Grania auf einem Flohmarkt entdeckt hatte und das er ins Büro anzog, weil sie behauptete, er sehe damit aus »wie ein Professor«.
Seine Freunde bestellten Champagner. Matt freute sich, dass sie sich in seiner Gesellschaft so wohlzufühlen schienen. Ihm wurde bewusst, dass er sich acht Jahre lang nicht mehr mit ihnen getroffen hatte. Keiner von ihnen hatte in der Zwischenzeit eine Familie gegründet; ihr Singleleben war einfach weitergegangen. Als er einen Schluck aus seinem zweiten Glas Champagner nahm, fühlte er sich wie in einer Zeitblase eingeschlossen. Grania zuliebe hatte er sich von seinen Freunden distanziert. Doch Grania war weg …
Nach drei Flaschen Champagner gingen sie in ein neu eröffnetes japanisches Restaurant, wo sie köstlich speisten, lachten, jede Menge Wein tranken und über die Vergangenheit plauderten.
Sie verließen das Lokal erst um zwei Uhr morgens. Matt rief wankend ein Taxi herbei.
»Toll, dich wieder mal gesehen zu haben, alter Schwede.« Al klopfte ihm auf den Rücken. »Wahrscheinlich treffen wir uns in Zukunft öfter.«
»Möglich«, sagte Matt und rutschte zu Charley auf den Rücksitz des Taxis.
»Komm doch an Ostern ein paar Tage nach Nantucket. Mom und Pop würden sich freuen.«
»Gern, Al. Pass auf dich auf.« Als das Taxi losfuhr, schloss Matt die Augen, weil sich ihm alles drehte. Sein Kopf rollte zur Seite und landete auf Charleys Schulter. Sie ließ ihre Finger sanft durch seine Haare gleiten. Es fühlte sich vertraut und tröstlich an.
»Na, hat’s Spaß gemacht, Schätzchen?«
»Ja«, murmelte Matt.
»Ich hab dir doch gesagt, dass es dir guttun würde, die alten Kumpels wiederzusehen. Wir haben dich nicht vergessen.«
Matt spürte weiche Lippen auf seiner Haut.
Am folgenden Morgen erwachte Matt mit grässlichen Kopfschmerzen. Er konnte sich nicht erinnern, wie er den Taxifahrer bezahlt hatte, mit dem Lift hinaufgefahren und ins Bett gekommen war. Matt drehte sich zur Seite.
Und sah voller Schrecken, dass er nicht allein im Bett lag. Er wusste auch nicht mehr, wie Charley dort gelandet war.
25
Grania versuchte, Aurora zu überreden, dass sie die Makrele aß, die Shane gerade gefangen und ihr zum Kochen gegeben hatte, als das Telefon klingelte. »Hallo?«, meldete sie sich.
»Grania?«
»Ja.«
»Alexander Devonshire.«
»Hallo, Alexander.« Grania klemmte den Hörer zwischen Wange und Kinn.
»Wie geht’s Aurora?«
»Prima.«
»Gut. Ich wollte Ihnen sagen, dass ich am Samstag nach Hause
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