Das Mädchen auf den Klippen - Riley, L: Mädchen auf den Klippen - Girl on the Cliff
übertrug sie ihre Gefühle für Matt auf ihn. Die Sache mit Matt war nach wie vor ungeklärt, und doch malte Grania sich bereits ein Familienleben mit Alexander und Aurora aus.
Grania drehte sich seufzend um. Zwei weitere Wochen hier, in denen Alexander seinen Geschäften nachging und Aurora sich an das Schulleben gewöhnte, waren keine Lebensentscheidung, dachte sie.
26
Die folgenden beiden Wochen halfen Grania nicht bei ihren Überlegungen über die Zukunft. Drei Tage später, als Grania von der örtlichen Schule nach Hause kam, in die sie Aurora gebracht hatte, wartete Alexander in der Küche mit einem Schlüsselbund auf sie.
»Für das Atelier in der Scheune«, erklärte er und reichte ihn ihr. »Sehen Sie es sich an und sagen Sie mir, ob es Ihnen gefällt.«
»Danke.«
»Ich glaube nicht, dass Lily es je genutzt hat, also gestalten Sie es ruhig nach Ihren Vorstellungen.« Alexander verließ mit einem Nicken die Küche.
Grania überquerte den Hof und öffnete die Tür zum Atelier. Angesichts des Blicks auf Dunworley Bay, der sich ihr durch das Panoramafenster bot, verschlug es ihr den Atem. In dem Raum befand sich eine noch nie benutzte Staffelei mit Farbtuben und einer Auswahl teurer, originalverpackter Pinsel.
In den Regalen lagen Leinwände und frische Blöcke weißes Malpapier; einen Farbklecks konnte Grania nirgends entdecken. Sie schaute hinaus auf die Klippen und fragte sich, warum Lily diesen wunderbaren Raum nie genutzt hatte. Das Atelier war der Traum eines jeden Künstlers. Es gab sogar einen kleinen Vorraum mit Toilette und großer Spüle, in der man die Pinsel reinigen konnte.
Am Nachmittag brachte sie die halbfertige Skulptur von Aurora ins Atelier und stellte sie auf die Arbeitsbank vor dem Fenster. Der einzige Nachteil, dachte Grania, bestand darin, dass sie die Vormittage vielleicht eher damit verbrachte, den Ausblick zu genießen, als sich auf die Arbeit zu konzentrieren.
Als sie Aurora von der Schule abholte, erzählte diese von ihren neuen Freundinnen und verkündete stolz, dass sie in ihrer Klasse am besten lesen könne. Beim Abendessen lauschten Alexander und Grania ihren Schilderungen dann wie stolze Eltern.
»Siehst du, Daddy, der Privatunterricht war doch nicht so schlecht, wie du dachtest. Ich weiß sogar ziemlich viel.«
Alexander zerzauste ihr die Haare. »Das weiß ich, Liebes.«
»Nach wem, meinst du, gehe ich? Nach dir oder nach Mummy?«
»Eindeutig nach Mummy. Ich war in der Schule ein Versager.«
»War Mummy klug?«, fragte Aurora.
»Sehr.«
»Oh.« Sie aß ein paar Bissen. »Sie hat viel Zeit im Bett verbracht oder war weg wie du.«
»Ja, Mummy war oft müde.«
»Zeit für dein Bad, Fräulein.« Grania hatte Alexanders traurigen Ausdruck bemerkt. »Morgen früh müssen wir zeitig aufstehen, damit du pünktlich in die Schule kommst.«
Als Grania die Küche wieder betrat, war Alexander dabei, das Geschirr zu spülen. »Lassen Sie mich das machen«, sagte sie verlegen. »Das ist meine Aufgabe.«
»Wohl kaum«, widersprach Alexander. »Sie sind nicht als Dienstmagd hier, sondern wegen Aurora.«
»Es macht mir nichts aus«, versicherte Grania ihm und nahm ein Geschirrtuch in die Hand, um ihm zu helfen. »Ich bin das gewohnt; ich komme aus einem Haushalt mit lauter Männern.«
»Sie sind ein gutes Vorbild für Aurora und die geborene Mutter. Haben Sie je an eigene Kinder gedacht?«
»Ich …«
Alexander hörte, wie Grania schluckte. »Sorry, hab ich was Falsches gesagt?«
»Nein.« Grania traten Tränen in die Augen. »Ich hatte vor ein paar Wochen eine Fehlgeburt.«
»Das tut mir leid. Es muss sehr schwer für Sie sein.«
»Ja.«
»Haben Sie deshalb New York verlassen?«
»Das war mit ein Grund.«
»Irgendwann werden Sie ein Kind bekommen, da bin ich mir sicher.«
»Hm. Ich stelle die Sachen in die Anrichte, ja?«
Alexander wandte sich einem anderen Thema zu.
»Wie gesagt: Sie üben einen guten Einfluss auf Aurora aus. Ihre Mutter war nicht gerade häuslich.«
»Bestimmt hatte sie andere Begabungen.«
»Die haben Sie auch.«
»Danke.« Grania wurde rot.
»Als Sie mit Aurora zur Schule unterwegs waren, habe ich einen Blick ins Atelier geworfen. Ich hoffe, das macht Ihnen nichts aus. Die Skulptur ist wunderschön.«
»Sie ist noch längst nicht fertig. Ihre Nase gestaltet sich schwierig«, gestand Grania.
»Die Lisle-Nase; alle Frauen in der Familie haben sie. Sie lässt sich vermutlich nur schwer aus Ton formen.«
»Ihre verstorbene Frau war
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