Das Mädchen aus dem All
unlängst völlig unmöglich erschien: eine Aufnahme unseres Milchstraßensystems von der Seite. Vor über 150000 Jahren oder anderthalb galaktischen Minuten haben sich die Bewohner des Planetensystems . . .« — es folgten mehrere Zahlen, die Tschara nicht behielt, da sie ihr nichts sagten — ». . . im Sternbild Centaurus an Bewohner der Großen Magellanschen Wolke gewandt. Sie ist das einzige extragalaktische Sternsystem in unserer Nähe, auf dem es unseres Wissens denkende Wesen gibt, die imstande sind, sich über den Großen Ring mit unserer Galaxis in Verbindung zu setzen. Noch haben wir nicht exakt bestimmen können, wo dieses Magellansche Planetensystem liegt, seine Sendung aber — eine Aufnahme von unserer Galaxis — haben wir empfangen. Hier ist sie!«
Auf dem riesigen Bildschirm leuchtete, in silbriges Licht gehüllt, ein länglicher Sternhaufen, der sich zu den Enden hin verjüngte. Rund um das Planetensystem war nachtschwarze Finsternis. Die gleiche schwarze Leere gähnte zwischen den Spiralarmen. Ein bleiches Leuchten lag über dem Ring der Kugelsternhaufen. Flache Sternfelder wechselten mit Wolken und Streifen erkalteter schwarzer Materie. Die Aufnahme unseres Milchstraßensystems war von einem ungünstigen Standort aus gemacht worden: Sein zentraler Kern ragte als gewölbte leuchtende Masse nur wenig über die schmale Linse. Um eine richtige Vorstellung von unserem Sternsystem zu erhalten, hätte man es von entfernteren Galaxien aufnehmen müssen, die auf einer höheren galaktischen Breite lagen. Aber seit Bestehen des Großen Rings gab es keine Anzeichen, daß noch auf einer anderen Galaxis vernunftbegabte Wesen lebten.
Wie gebannt starrten die Menschen auf den Bildschirm, zum erstenmal konnten sie ihre Sternenwelt als Außenstehende, gleichsam aus dem Weltraum, betrachten.
»Damit sind die Nachrichten beendet, die unser Observatorium über den Großen Ring erhielt. Sie wurden dem Weltinformationsdienst noch nicht zugeleitet.« Der Sekretär hatte wieder das Wort ergriffen. »Und nun kommen wir zu den Projekten, die auf breiter Basis erörtert werden sollen.
Juta Gai hatte vorgeschlagen, auf dem Mars eine künstliche, zur Atmung geeignete Atmosphäre zu schaffen, indem man leichte Gase aus Tiefengesteinen ausscheidet. Sein Projekt wurde als erfolgversprechend anerkannt, da es auf genauen Berechnungen basiert. Die Menschen unserer Marssiedlungenwerden dadurch ausreichend mit Luft zur Atmung und Wärmeisolierung versorgt sein, so daß sie die Treibhausanlagen verlassen können. Vor vielen Jahren, nach der Entdeckung von Erdölozeanen und Bergen aus festen Kohlenwasserstoffen auf der Venus, wurde automatisch eine künstliche Atmosphäre unter gigantischen Glocken aus durchsichtigen Plasten geschaffen. So konnte man dort Pflanzen züchten und Fabriken errichten, die die Menschheit mit allen möglichen Erzeugnissen der organischen Chemie in gewaltigen Mengen versorgen.«
Der Sekretär legte eine Metallfolie zur Seite und lächelte freundlich. An den Sitzreihen nahe der Tribüne erschien Mwen Mass in dunkelroter Kleidung, gesammelt, feierlich, ruhig. Er hob die gefalteten Hände über den Kopf als Zeichen seiner Hochachtung vor den Versammelten und setzte sich.
Der Sekretär verließ die Tribüne. Eine junge Frau mit kurzem goldblondem Haar und staunenden grünen Augen nahm seinen Platz ein. Grom Orm, der Vorsitzende des Rates, trat neben sie.
»Für gewöhnlich geben wir neue Vorschläge bekannt. In diesem Fall aber handelt es sich um eine fast abgeschlossene Untersuchung. Die Verfasserin, Iwa Dshan, wird Ihnen selbst das Material zu einer gründlichen Prüfung unterbreiten.«
Die junge Frau begann ihre Ausführungen mit leiser, gepreßter Stimme. Ihr Ausgangspunkt war die allgemein bekannte Tatsache, daß sich die Pflanzenwelt der südlichen Kontinente durch einen bläulichen Farbton der Blätter auszeichnete, wie er für die archaischen Formen der irdischen Flora charakteristisch war. Die Untersuchung der Pflanzenwelt anderer Planeten hatte ergeben, daß bläuliches Blattlaub in lichtdurchlässigeren Atmosphären oder bei härterer ultravioletter Strahlung der betreffenden Sonne wuchs.
»Während die rote Strahlung unserer Sonne konstant geblieben ist, ist ihre blaue und ultraviolette Strahlung instabil, und vor etwa zwei Millionen Jahren hat sich ihre violette Strahlung stark und anhaltend verändert.
Damals entwickelten sich bläuliche Pflanzen; Vögel und andere Tiere, die unter
Weitere Kostenlose Bücher