Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen aus dem All

Das Mädchen aus dem All

Titel: Das Mädchen aus dem All Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Jefremow
Vom Netzwerk:
Wirtschaftsrat, das Gehirn des Planeten, besaß auch der Rat für Astronautik ein besonderes Gebäude für wissenschaftliche Konferenzen. Die Räume waren so eingerichtet und ausgestaltet, daß sie es den Versammelten erleichterten, von irdischen auf kosmische Probleme umzuschalten.
    Tschara Nandi war noch nie im Hauptsaal gewesen. Aufgeregt betrat sie mit Ewda Nal diesen seltsamen ovalen Raum mit der gewölbten Decke und den ellipsenförmig angeordneten Sitzreihen. Der ganze Raum war in rosigviolettes Licht getaucht, das von einem anderen Stern zu stammen schien. Alle Linien der Wände, der Decke und der Sitzreihen liefen in einem Punkt am Ende des Saales zusammen und bildeten gleichsam den Scheitelpunkt. Dort befanden sich etwas erhöht die Bildschirme, die Tribüne und die Plätze für die Mitglieder des Rates, die abwechselnd die Versammlung leiteten.
    Die mattgoldene Täfelung der Wände wurde von Reliefkarten unterbrochen. Auf der einen Seite stellten sie Planeten des irdischen Sonnensystems dar, auf der anderen Seite bereits erforschte der nächst gelegenen Sterne. Unterhalb der hellblauen Decke zog sich eine zweite Reihe entlang, auf der in leuchtenden Farben Schemata bewohnter Sternsysteme abgebildet waren, die der Rat von den Nachbarn im Großen Ring erhalten hatte.
    Ein altertümliches, vergilbtes und offensichtlich des öfteren restauriertes Gemälde über der Tribüne fesselte Tscharas Aufmerksamkeit. Ein schwarzvioletter Himmel nahm den ganzen oberen Teil des Bildes ein. Die kleine Sichel eines fremden Mondes warf ein fahles Licht auf das gespenstisch aufragende Heck eines alten Sternschiffes. Reihen häßlicher blauer Pflanzen, so trocken und hart, als wären sie aus Metall, verloren sich in der Ferne. Über den Sand schleppte sich ein Mann in leichtem Schutzanzug. Er blickte auf das zerschellte Schiff und auf seine toten Gefährten am Boden. In dem Glas seines Schutzhelms spiegelte sich der letzte Schein der Abendröte. Hervorragend war es dem Künstler gelungen, Verzweiflung und Einsamkeit in einer fremden Welt darzustellen. Auf einem niedrigen Hügel zur Rechten kroch etwas Unförmiges, Widerwärtiges durch den Sand. Die Bildunterschrift »Allein übriggeblieben« war kurz und prägnant.
    Von dem Bild ganz gefesselt, bemerkte das Mädchen nicht sofort die kunstvolle architektonische Gestaltung des Saales: Die Anordnung der Sitze war fächerförmig, in parallelen ansteigenden Reihen, so daß von verdeckten Zwischenreihen zu jedem einzelnen Platz Zugang war. Jede Reihe war isoliert von der benachbarten, der oberen oder der unteren. Nachdem Tschara neben Ewda Platz genommen hatte, betrachtete sie die altertümlichen Verzierungen an den Sesseln, Pulten und Barrieren, die aus echtem perlmuttgrauem afrikanischem Holz gefertigt waren. Heutzutage würde niemand mehr soviel Arbeit aufwenden für etwas,was innerhalb von wenigen Minuten gegossen und poliert werden konnte. Doch Tschara erschien das Holz wärmer und lebendiger als der Kunststoff — vielleicht aus Ehrfurcht vor dem Alten, die jedem Menschen eigen ist. Sie strich mit der Hand über die geschwungene Sessellehne, während sie ihre Augen durch den Saal schweifen ließ.
    Wie immer waren viele Menschen versammelt, obgleich starke Fernsehsender die Sitzung auf dem ganzen Planeten ausstrahlten. Mir Om, der Sekretär des Rates, gab wie üblich einen kurzen Bericht über die Mitteilungen, die seit der letzten Ratssitzung eingegangen waren. Von den vielen hundert Menschen im Saal war nicht ein einziger unaufmerksam. Doch Tschara verpaßte die erste Mitteilung, denn sie war damit beschäftigt, die Aussprüche berühmter Wissenschaftler unter den Planetenkarten zu lesen. Besonders gefiel ihr der Aufruf unter der Jupiterkarte: »Habt einen Blick für die unverständlichen Dinge, die uns umgeben. Sie drängen sich Auge und Ohr geradezu auf, wir aber hören und sehen nicht, welche großen Entdeckungen hinter ihren verschwommenen Konturen verborgen sind.« An einer anderen Stelle hieß es: »Es ist nicht einfach, den Vorhang vor dem Unbekannten zu lüften — erst nach unendlichen Mühen, Abweichungen und Irrwegen beginnen wir, den wahren Sinn zu erkennen, und neue, ungeahnte Perspektiven eröffnen sich uns. Weicht niemals Dingen aus, die zu Anfang nutzlos und unerklärlich erscheinen.«
    Eine Bewegung auf der Tribüne, und im Saal erlosch das Licht. Die ruhige, kräftige Stimme des Sekretärs zitterte vor Erregung.
    »Jetzt werden Sie etwas sehen, was noch

Weitere Kostenlose Bücher