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Das Mädchen aus dem All

Das Mädchen aus dem All

Titel: Das Mädchen aus dem All Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Jefremow
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lachte sie. »Es gibt wenige Menschen auf der Erde, die sie vortragen können . . . und wenn, dann nur auf einem Sonnenflügel mit dreifacher Klaviatur. Weshalb rufen Sie nicht das ›Haus für höhere Musik‹ an, um sich das Band vorspielen zu lassen? Unser Empfänger ist stark genug.«
    »Ich weiß nicht, wie das gemacht wird«, murmelte Dar Weter, »ich habe früher nie . . .«
    »Ich werde die Sinfonie für heute abend bestellen!« versprach die Ingenieurin reichte ihrem Gesprächspartner die Hand und setzte ihren Weg fort.
    Für den Rest des Tages wurde Dar Weter das Gefühl nicht los, daß sich etwas Wichtiges ereignen werde. Mit seltsamer Ungeduld erwartete er die elfte Stunde — die vom »Haus für höhere Musik« festgesetzte Zeit für die Sendung der Sinfonie.
    Die Ingenieurin übernahm die Rolle des Ordners. Sie bat Dar Weter und die anderen Musikfreunde, im Saal gegenüber dem silbernen Gitter des Tongeräts und dem Hemisphärenbildschirm Platz zu nehmen. Sie schaltete das Licht aus und erklärte, es sei sonst schwierig, den Farbteil der Sinfonie zu verfolgen, die nur in einem besonders ausgestatteten Saal aufgeführt werden könne und der hier notgedrungen durch den inneren Raum des Bildschirms Grenzen gesetzt seien.
    Im Dunkel schimmerte schwach der Bildschirm, das Rauschen des Meeres war kaum zu hören. In weiter Ferne entstand ein tiefer und voller Ton, von dem eine spürbare Kraft auszugehen schien. Er wurde stärker, ließ das Zimmer und die Herzen der Zuhörer erbeben. Sich immer höher schwingend, zerstob und zerfiel er plötzlich in Millionen kristallene Splitter. In der dunklen Luft sprühten winzige orangefarbene Fünkchen auf. Es war wie der Einschlag jenes prähistorischen Blitzes, dessen Entladung vor Millionen Jahrhunderten zum erstenmal auf der Erde einfache Kohlenstoffverbindungen zu komplizierteren Molekülen vereinigt hatte, die die Grundlage für die organische Materie und das Leben bildeten.
    Eine Mauer beunruhigender und disharmonischer Töne wälzte sich heran, ein tausendstimmiger Chor der Sehnsucht und Verzweiflung, zu dem matte Schatten von Purpur und Rot hin und her huschten und erloschen.
    In der Bewegung der kurzen und scharfen vibrierenden Töne wurde eine ringförmige Ordnung bemerkbar, und in der Höhe begann eine verschwommene Spirale grauen Lichts zu kreisen. Plötzlich durchschnitten lang anhaltende, erhabene und klingende Töne voll ungestümer Kraft den wirbelnden Chor. Die klaren Linien blauer, feuriger Pfeile durchdrangen die weichen Lichtkonturen des Raumes bis in die bodenlose Finsternis hinter der Spirale und versanken im Dunkel des Grauens und Schweigens.
    So endete der erste Satz. Die Zuhörer vermochten kein Wort hervorzubringen; sie waren noch ganz benommen, als die Musik wieder einsetzte. Breite Kaskaden machtvoller Töne, von vielfarbigen blendenden Modulationen begleitet, sanken und wurden schwächer, die strahlenden Lichter verblaßten im melancholischen Rhythmus einer wehmütigen Melodie. Da klang in den fallenden Kaskaden etwas Zusammengeballtes und Stürmisches auf, und erneut begannen die blauen Lichter ihren rhythmischen, tanzenden Aufstieg.
    Ergriffen spürte Dar Weter in den blauen Tönen das Streben nach schwierigen Rhythmen und Formen; der Urkampf des Lebens mit der Entropie hätte nicht besser widergespiegelt werden können — Stufen, Dämme, Filter, die die abfallende Energie aufhielten. So, genau so waren sie, diese ersten Regungen einer äußerst komplizierten Organisation der Materie!
    Die blauen Pfeile bildeten eine Kette von geometrischen Figuren, Kristallformen und. Gittern, die entsprechend den Verbindungen der Moll-Dreiklänge komplizierter wurden, zerfielen und sich wieder vereinigten und plötzlich erloschen.
    Der dritte Satz der Sinfonie begann mit einem Moderato von Baßnoten, zu denen im Takt blaue Lichter aufflammten und gleich darauf in der Tiefe der Unendlichkeit und Zeit verschwanden. Die drohend schwingenden Bässe wurden stärker, ihr Rhythmus beschleunigte sich und ging in eine stürmische und unheilschwangere Melodie über. Die blauen Lichter wirkten wie Blumen, die auf dünnen Feuerstengeln verwelkten. Traurig ließen sie unter dem Ansturm der tiefen, dröhnenden Töne die Köpfe hängen und erloschen. Doch die Lichter flammtenimmer häufiger auf, verdichteten sich zu zwei hellen Streifen einer in das unermeßliche Dunkel führenden Straße und liefen in die Unendlichkeit des Alls — goldene klingende Stimmen des

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