Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen aus dem All

Das Mädchen aus dem All

Titel: Das Mädchen aus dem All Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iwan Jefremow
Vom Netzwerk:
werden.
    Dar Weter wurde Mechaniker für Beobachtung, Prüfung und Schaltung des unteren Aggregats. Er versah seinen täglichen Dienst in einem halbdunklen Raum, dessen Wände von Schalttafeln bedeckt waren. Trotz der Ventilation herrschte hier drückende Hitze, die durch den erhöhten Druck noch verstärkt wurde. Der müde Körper verlangte Ruhe, doch das Gehirn nahm gierig die Eindrücke der neuen Welt auf.
    Wenn Dar Weter und sein junger Gehilfe dann wieder nach oben kamen, standen sie lange auf der Balustrade und sogen die frische Luft ein. Dann gingen sie baden, nahmen ihre Mahlzeit ein und zogen sich in eines der auf den Terrassen gelegenen Häuschen zurück. Dar Weter war bemüht, sich wieder in das neue Gebiet der Mathematik — die Kochlearrechnung — zu vertiefen. Ihm schien, er habe seine frühere Verbindung zum Kosmos schon völlig verloren. Wie alle Mitarbeiter der Titanerzgrube blickte er jedem Floß, das mit sorgfältig gestapelten Titanbarren davonfuhr, befriedigt nach. Nach der Reduzierung der Polargebiete waren die Stürme auf der Erdeseltener geworden, und viele überseeische Gütertransporte erfolgten auf Flößen mit Eigenantrieb oder im Schlepp. Als die Belegschaft der Grube wechselte, blieb Dar Weter zusammen mit zwei anderen Bergbau-Enthusiasten.
    Doch bald mußte in der Grube die Arbeit unterbrochen werden, die Abbau- und Zerkleinerungsmaschinen wurden überholt.
    Der südliche Herbst mit seinen ruhigen, heißen Tagen war ins Land gezogen. Dar Weter stieg hinauf in die Berge. In majestätischer Größe ragten hier die jahrtausendealten Felsen empor. Das trockene Gras raschelte, und von tief unten drang leise das Rauschen der Brandung herauf.
    Der ehemalige Leiter der Außenstationen atmete tief den Geruch der sonnendurchglühten Felsen und des trockenen Grases ein. Er war überzeugt, daß ihm noch viel Gutes bevorsteht — und zwar um so mehr, je besser und stärker er selbst sein würde.
    Wer ein Verhalten sät,
    wird eine Gewohnheit ernten.
    Wer eine Gewohnheit sät,
    wird einen Charakter ernten.
    Wer einen Charakter sät,
    wird ein Schicksal ernten.
    Dieser alte Spruch ging ihm durch den Sinn. Ja, den härtesten Kampf hat der Mensch mit dem Egoismus auszufechten! Da helfen keine sentimentalen Grundsätze und keine schöne, aber ohnmächtige Moral, sondern nur die dialektische Erkenntnis, daß Egoismus nicht Ausgeburt böser Kräfte ist, sondern ein natürlicher Instinkt des Urmenschen, der in der Primitivgesellschaft eine große Rolle spielte und der Selbsterhaltung diente. Deshalb ist oft bei stark ausgeprägter Individualität auch der Egoismus stark entwickelt und schwerer zu bekämpfen. Aber er muß überwunden werden, daß ist wohl die wichtigste Aufgabe in der modernen Gesellschaft. Aus diesem Grunde wird soviel Mühe und Zeit auf die Erziehung verwendet und die Erbstruktur jedes einzelnen sorgfältig untersucht. Mitunter tauchen unerwartet Charaktereigenschaften ferner Vorfahren auf. Es kommt zu erstaunlichen Entartungen der Psyche, wie man sie aus den großen Katastrophen im Zeitalter der Partikularistischen Welt kennt, als die Menschen bei ihren Versuchen mit Kernenergie nicht genügend Vorsicht walten ließen und die Erbmasse vieler ihrer Zeitgenossen schädigten.
    Auch Dar Weter besaß einen weit zurückreichenden Stammbaum, der jetzt jedoch nicht mehr gebraucht wurde. Das Studium der Vorfahren war durch eine direkte Strukturanalyse des Vererbungsmechanismus ersetzt worden. Diese Analyse hatte bei der längeren Lebensdauer noch an Bedeutung gewonnen. Seit der Ära der Gemeinschaftlichen Arbeit konnten die Menschen bis zu einhundertundsiebzig Jahre alt werden; vor kurzem hatte sich jedoch herausgestellt, daß auch dreihundert Jahre noch nicht die äußerste Grenze waren . . .
    Knirschende Schritte schreckten Dar Weter aus seinen Gedanken. Zwei Gestalten näherten sich. Er erkannte die Ingenieurin von der Elektroschmelzsektion, eine schüchterne und schweigsame Frau, und den kleinen, lebhaften Ingenieur vom Außendienst. Die beiden, vom schnellen Gehen erhitzt, grüßten Dar Weter und wollten an ihm vorübergehen, doch er hielt sie an.
    »Ich wollte Sie schon lange bitten«, sagte er, zur Ingenieurin gewandt, »für mich einmal die kosmische Sinfonie Nummer dreizehn in f-Moll blau zu spielen. Sie haben uns schon viel vorgespielt, aber das nicht.«
    »Sie meinen die kosmische Sinfonie von Sig Sor?« fragte die Frau. Als Dar Weter ihre Frage mit einem Kopfnicken beantwortete,

Weitere Kostenlose Bücher