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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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schon«, trieb er sie an.
    »Ich habe es nicht eilig«, erwiderte Anna finster.
    Sie gingen den langen Flur entlang, der zum großen Salon führte. Bei jedem Schritt hörte Anna ihre nassen Schuhe schmatzen. Sie musste daran denken, dass sie jeden Morgen und Abend betete, Mercurio möge seinen Weg finden und ein anständiger Mensch werden. Doch sollte er wirklich ein Betrüger bleiben, dann hoffte sie in diesem Moment von ganzem Herzen, dass er ihren Herrn irgendwann all seiner Habseligkeiten berauben möge, diesen verdammten Mistkerl. Bestimmt amüsierte er sich gemeinsam mit seinem fettwanstigen Gast schon wieder köstlich bei der Vorstellung, sie erneut zu demütigen.
    Der Diener klopfte an die Tür des großen Salons und meldete sie an: »Anna del Mercato, Herr.«
    »Lass sie herein«, hörte sie von drinnen.
    Der Lakai trat beiseite und sah Anna auffordernd an.
    Sie zögerte einen Augenblick, dann atmete sie tief durch und dachte beim Hineingehen: Zum Henker mit euch beiden!
    »Ach, du bist Anna del Mercato?«, fragte der Fettwanst beinahe überrascht, als sie eintrat.
    Du verdammter Mistkerl, dachte Anna. Jetzt hör schon auf mit diesem Schmierentheater.
    »Ich muss mich wohl bei dir entschuldigen«, fuhr der dicke Mann mit seiner unnatürlich hohen Stimme fort.
    Einen Augenblick lang zeigte Anna offen ihre Verblüffung über das, was sie gerade gehört hatte. Doch dann wurde ihr klar, dass die beiden sich dann noch besser amüsieren würden. Also sagte sie nichts und blieb ergeben wie ein Lasttier mit gesenktem Kopf stehen. Los, schlagt schon zu, dachte sie.
    »Ich ebenfalls«, sagte Girolamo Zulian de’ Gritti zerknirscht.
    »Messer Bernardo da Caravaglio hier, mit dem ich gerade ein hervorragendes Geschäft abgeschlossen habe und der mein absolutes und unbegrenztes Vertrauen und meine unendliche Wertschätzung genießt …«
    Der Fettwanst zierte sich. »Aber nicht doch, Edler de’ Gritti, übertreibt es nicht …«
    »Oh doch, mein Bester«, erwiderte Girolamo Zulian de’ Gritti sofort. »Ehre, wem Ehre gebührt …«
    »Sehr gütig«, sagte Bernardo da Caravaglio und versuchte sich an einer Verbeugung, an der ihn sein übermäßiger Bauch jedoch hinderte.
    Los doch, schlagt schon zu, versetzt mir den Gnadenstoß, ich bin es leid, dachte Anna, die den Kopf immer noch gesenkt hielt.
    »Messer Bernardo da Caravaglio wollte sich gerade verabschieden«, fuhr der verarmte Adlige fort, »als er mich noch darauf hinwies – ohne sich bewusst zu sein, dass es sich bei der Frau um dich handelt –, ich würde für die Ausstattung meines unmittelbar bevorstehenden Festes die Dienste einer gewissen Anna del Mercato benötigen, die solche Aufgaben vor einiger Zeit für bedeutende Adelsfamilien Venedigs erledigt hat. Stimmt es, was er sagt? Bist du wirklich diese Frau?«
    Anna hob den Kopf. Sie riss den Mund vor Erstaunen weit auf. »Ich …«
    »Mein Freund, wie ich mir erlaube, ihn zu nennen, sagt, du kennst dich sehr gut aus und findest die besten Waren … und das zum niedrigsten Preis. Stimmt das?«
    Anna sah den dicken Mann an, dem sie bis zu diesem Augenblick alle Übel der Welt an den Hals gewünscht hatte. Ja, es stimmte, früher hatte sie bedeutenden Adelsfamilien Venedigs, die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten waren, durch ihre genaue Kenntnis des Marktes von Mestre, wo die Preise nicht so hoch waren wie in Venedig, geholfen, sich mit allem Notwendigen zu versorgen. Doch ihr war nicht klar, woher dieser Mann davon wissen konnte. Vielleicht kannte er jemanden aus einer der Familien.
    »Also?«, drängte der Adlige. »Bist du es?«
    »Nun … ja, Euer Exzellenz …«, stammelte Anna verwirrt.
    »Gute Frau«, der Fettwanst hob seine unangenehme Stimme um eine weitere Oktave an, »du hast Talent, kennst Leute … und da scheuerst du Fußböden?«
    »Also … ich …« Anna war vollkommen verwirrt. Sie begriff gar nichts mehr. In ihrem Kopf drehte sich alles, und sie fürchtete, gleich in Ohnmacht zu fallen. Sie hielt sich an der Lehne eines Stuhls fest, damit sie nicht stürzte. »Ich …«
    »Geh nach Hause«, unterbrach sie der verarmte Adlige. »Ruh dich einige Tage aus. Dann kommst du wieder her und lässt dir eine Liste mit allem geben, was besorgt werden muss, und die dazu notwendigen Kreditbriefe. Dein Lohn wird selbstverständlich erhöht werden. Und jetzt geh.« Er winkte mit der Hand, um sie zu entlassen.
    Anna blieb vor Staunen der Mund offen stehen. Dann fasste sie sich wieder, drehte sich

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