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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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die Gewänder der beiden dunkelhäutigen Diener mussten ein kleines Vermögen gekostet haben.
    Doch sein fülliger Gast schien mit Anna del Mercato noch nicht fertig zu sein. Offenbar mit dem Ziel, sie zu demütigen, starrte er sie an, tat einen Schritt auf sie zu und zog die Nase kraus. »Na, wenigstens stinkt die hier nicht wie ein Schwein«, sagte er und wedelte affektiert mit einem parfümierten Taschentuch vor seinem Gesicht.
    Der Hausherr lachte gekünstelt auf.
    Anna merkte, dass sie sich kaum noch zurückhalten konnte. Am liebsten hätte sie dem grässlichen Fettwanst das Schmutzwasser ins Gesicht geschüttet. Doch dann senkte sie nur entmutigt den Kopf, während der feiste Kerl ihr den Rücken zudrehte und sich wieder an den verarmten Hausherrn wandte.
    »Ein Kirchenvater würde mich vielleicht tadeln, aber das ist mir gleichgültig. So sehe ich das eben. Wer oben ist, ist oben, und wer unten ist … muss meine Fürze einatmen«, sagte er boshaft kichernd. »Aber jetzt lasst uns hinaufgehen, ich habe Euch ein Geschäft vorzuschlagen, das mir wie für Euch geschaffen scheint, Exzellenz.«
    »Also, Exzellenz, Exzellenz … Ich bin doch nur einer von vielen altangestammten Adligen dieser vornehmen Stadt … Verdreht mir doch nicht den Kopf mit Euren Komplimenten«, freute sich der geldgierige Girolamo Zulian de’ Gritti, der praktisch bankrott war und nicht begriff, was dieser offensichtlich wohlhabende Mann eigentlich von ihm wollte.
    »Habt Ihr etwas gegen Juden?«, fragte ihn der Fettwanst, während sie die Treppe hinaufgingen.
    »Außer dass sie Juden sind, meint Ihr?«, fragte Girolamo Zulian de’ Gritti lachend.
    Der Fettwanst stimmte in sein Lachen ein. »Ich sehe schon, wir verstehen uns.«
    Während die Männer sich entfernten, sah Anna dem feisten Gast mit bösem Blick nach. Sie mochte diese Art reicher Leute nicht, die glaubten, sich überheblich zeigen zu dürfen, nur weil ihre Geldbörse gut gefüllt war. Voller Abscheu verfolgte sie, wie er sich mühsam die Treppe hinaufschleppte. Dann griff sie kummervoll nach Eimer und Bürste und nahm in gebückter Haltung wieder ihre Arbeit auf. Ihre Knie schmerzten, ebenso wie die Arme und die Schultern, und an ihren Händen schälte sich die Haut. Die rechte, mit der sie den ganzen Morgen die Scheuerbürste hielt, hatte schon angefangen zu bluten.
    Du wirst alt, dachte sie.
    Am vorigen Abend hatte Mercurio bemerkt, wie erschöpft sie war und dass die Haut an ihren Händen aufgeplatzt war. Er hatte sie gebeten, die Arbeit aufzugeben, doch Anna war stur geblieben. Inzwischen sah sie ihre Tätigkeit wegen ihres Alters als eine Art Herausforderung an. Sie wollte sich einfach nicht der Tatsache beugen, dass sie bestimmte schwere Arbeiten nicht mehr verrichten konnte.
    Der Fettwanst hatte keuchend den ersten Stock erreicht. Vermutlich gehe ich trotzdem noch vor dir drauf, du Widerling, dachte sie hasserfüllt.
    Dann wandte sie sich den beiden schwarzen Sänftenträgern zu.
    »Gib ihnen etwas Wasser«, sagte sie zu dem verantwortlichen Diener und wies auf die beiden Dunkelhäutigen. »Kommt her und trinkt«, forderte sie sie freundlich auf.
    Doch die beiden kehrten ihr einfach den Rücken zu.
    »Ach, dann geht doch auch zum Teufel«, grummelte Anna vor sich hin und machte sich wieder daran, den Boden zu schrubben, dessen wunderschöne Marmormosaiken unter der sich lösenden Schmutzschicht allmählich zum Vorschein kamen.
    »Anna del Mercato!«, rief ihr eine halbe Stunde später ein Bediensteter vom ersten Stock über das Treppengeländer aus gelbem Marmor zu.
    »Was willst du?«, fragte sie.
    »Komm rauf«, antwortete er. »Der Herr und sein Gast wollen dich sehen.«
    Anna ballte die Hände zu Fäusten und biss die Zähne zusammen. »Habt ihr immer noch nicht genug?«, schimpfte sie leise.
    Während sie zur Treppe ging, waren die Blicke sämtlicher Dienstboten auf sie gerichtet. Blicke, in denen sich Mitleid und Angst widerspiegelten. Die Herrschaft rief einen nie ohne guten Grund zu sich.
    »Nur Mut«, sagte eine alte Dienerin, die keine Zähne mehr im Mund hatte, und legte Anna tröstend eine Hand auf die Schulter.
    »Danke«, erwiderte Anna und richtete ihre Augen auf die Treppe. Sie erschien ihr so hoch und steil wie ein unerreichbarer Gipfel. Anna stützte sich auf das Geländer, nahm eine Stufe nach der anderen. Sie spürte ihre Knie knirschen und ächzen. Endlich erreichte sie das obere Stockwerk, wo der Diener sie schon ungeduldig erwartete.
    »Nun mach

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