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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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Prozessen habe, wollte ich einfach wissen, wie … wie … Ach, ich kann es nicht gut in Worte fassen, aber ich würde die Zeugin gern fragen … ob sie die Angeklagte kennt. Ja, das ist es.«
    Benedetta sah ihn mit kaum verhohlener Verachtung an. »Sicher. Sie hat mir ja ihre verhexten Kleider verkauft.«
    »Ich meinte eigentlich, kanntet Ihr sie schon vorher?«, fragte Mercurio.
    Benedetta antwortete schulterzuckend: »Ja, ein wenig.«
    »Ein wenig, hmm …«, wiederholte Mercurio, als hätte er nicht genau hingehört. »Unter ein wenig versteht Ihr zum Beispiel, dass Ihr und Giuditta di Negroponte gemeinsam nach Venedig gereist seid, auf dem gleichen Proviantkarren im Zug von Hauptmann Lanzafame, der auf dem Rückweg von der Schlacht von Marignano war?«
    Benedetta erstarrte und blickte hilfesuchend zu dem Heiligen hinüber.
    »Was hat das mit dem Prozess zu tun?«, sagte der hochmütig.
    »Also, das weiß ich auch nicht so recht …«, stammelte Mercurio mit der falschen Unsicherheit, die ihm seine Rolle vorgab, und wandte sich an den Patriarchen.
    Dieser wiederum sah auf die Menge. Nun waren alle Augen auf ihn gerichtet. Er merkte, dass ihm nichts anderes übrig blieb, als sich dazu zu äußern. »Na dann, um Himmels willen, findet es heraus, werter Pater Venceslao!«, rief er aus und versuchte, es wie einen Scherz klingen zu lassen.
    Die Menge lachte zwar zunächst, doch dann wurden alle Mienen ernst.
    »Ich bin dagegen, Patriarch!«, wandte der Heilige ein.
    Doch der warf ihm nur einen vernichtenden Blick zu, der zu besagen schien: Zu spät, Dummkopf!
    »Ich habe mich gefragt …«, war Mercurio indessen an Benedetta gewandt fortgefahren, »ob Ihr, gutes Mädchen, noch wisst, dass gemeinsam mit Euch ein kleiner Gauner namens … namens, ach ja, namens Zolfo reiste? Genau, Zolfo! Und ob es stimmt, dass dieser Zolfo versucht hat, die hier angeklagte Giuditta di Negroponte zu erstechen und …«
    »Nein!«, rief Benedetta aus. »Sie lügt!«
    »Und worin lügt sie denn nun genau?«, fragte Mercurio und ging hinüber zu Hauptmann Lanzafame. »Wir haben ja hier den Hauptmann selbst, den Helden der Schlacht von Marignano, der uns bestätigen könnte, ob …«
    »Sie lügt, wenn sie sagt …« Benedetta brach stammelnd ab, als sie merkte, dass sie nun mit dem Rücken zur Wand stand.
    »Wenn sie was sagt …?«, drängte Mercurio sie fortzufahren.
    »Dass … Zolfo ist doch nur ein Kind … kein Verbrecher«, erklärte Benedetta.
    »Aber er hat versucht, sie zu erstechen«, sagte Mercurio mit Nachdruck.
    »Vielleicht … Ich erinnere mich nicht genau …«, erwiderte Benedetta.
    Mercurio hinkte auf die murrende Menge zu, denn er spürte, dass sich gerade etwas entscheidend zu Giudittas Gunsten wendete in diesem Prozess, der bislang auf ein nur allzu absehbares Ende hinauszulaufen schien. »Ihr erinnert Euch also nicht genau, ob ein Freund von Euch ein Mädchen erstechen wollte, ein Mädchen, das jetzt hier in diesem Käfig sitzt und angeklagt ist, eine Hexe zu sein …«
    »Sie ist eine Hexe!«, schrie Benedetta und deutete, den Blick auf die Zuschauer gerichtet, anklagend auf Giuditta. »Sie ist eine Hexe!«, wiederholte sie aufgebracht.
    Doch diesmal erregte die Menge sich nicht, die meisten drehten sich nicht einmal zu Giuditta um. Ihre Augen blieben starr auf Benedetta gerichtet.
    »Was wollt Ihr uns damit beweisen, Pater Venceslao?«, fragte der Heilige.
    »Das wüsste ich selbst gern, Bruder Amadeo«, erwiderte Mercurio und kratzte sich vermeintlich unsicher mit dem Finger an der Stirn. »Zum Beispiel … Also, das muss ich Euch fragen. Ich brauche Euren Rat.« Er tat, als suchte er nach den richtigen Worten. »Verzeiht mir, Inquisitor«, fuhr er fort, »aber dieser Junge, der versucht hat, die Angeklagte zu erstechen, der Junge, der mit Eurer Zeugin gereist ist … die sich nicht so genau erinnert … Er heißt Zolfo …« Er ging einen Schritt auf den Heiligen zu, wobei er jedoch immer das Publikum im Blick behielt. »Also, was ich sagen wollte, ist … kann es sein, dass dieser Zolfo derselbe ist, der bei Euch lebt und Euch bei Euren Predigten begleitet?«
    »Was tut das zur Sache?«, tat der Heilige schulterzuckend die Frage ab.
    »Um Gottes willen, gar nichts«, erwiderte Mercurio sogleich. »Ich versuche nur zu begreifen, welche unglaublichen Zufälle es in dieser Sache gibt …«
    Die Menge wurde wieder unruhig.
    »Seid Ihr sicher, dass Pater Venceslao wirklich ein Trottel ist?«, fragte der Patriarch

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