Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
Vom Netzwerk:
…«
    Giuditta presste sich leidenschaftlich an ihn. »Ich hatte solche Angst, dass ich dich für immer verloren hätte.«
    »Ich auch«, flüsterte ihr Mercurio ins Ohr und fuhr ihr zärtlich durch die Locken.
    »Woher kannst du eigentlich Latein?«, fragte Giuditta und legte mit geschlossenen Augen den Kopf an seine Brust, während wieder ein Lächeln auf ihren Lippen erschien.
    »Das haben mir die Mönche vom Waisenhaus San Michele Arcangelo in Rom eingeprügelt«, antwortete Mercurio. »Die wollten unbedingt einen Mönch aus mir machen. Ich habe sie dafür gehasst … Und jetzt muss ich mich bei ihnen bedanken. Das ist doch komisch, oder?« Er wanderte mit seiner Hand an ihrem Hals entlang und spürte die glatte Haut unter seinen Fingern. »Außerdem hilft mir dieser Giustiniani. Dass ich hier bin, habe ich ihm zu verdanken. Er hat dafür gesorgt, dass Lanzafame zu deiner Bewachung eingeteilt wurde, und hatte die Macht, dir einen Verteidiger zu verschaffen, und …«
    »Warum tut er das alles?«, unterbrach ihn Giuditta ungläubig.
    Inzwischen war Mercurio überzeugt, dass der wahre Grund des Adligen keineswegs die Angst war, Scarabello könnte ihn erpressen, aber er sagte nichts dazu und zuckte nur mit den Schultern. »Das weiß wohl nur Giustiniani selbst«, sagte er leise. »Er unterweist mich in dem, was ich tun soll … sowohl, was den Prozess betrifft, als auch bei unserem weiteren Vorgehen … Und jetzt erkläre ich dir, was wir versuchen müssen.« Er presste die Kiefer aufeinander und warf den Kopf wütend zurück. »Hast du gesehen, was sie sich einbilden? Sie glauben tatsächlich, dass niemand sich ihnen in den Weg stellen wird, und wenn sie noch so dreist lügen. Sie verbieten dir den Mund, und auch sonst sind sie überzeugt, dass niemand reden wird. Sie kämen nie auf die Idee, dass ich, der dumme Pater Venceslao, ihnen Knüppel zwischen die Beine werfen könnte. Dieses miese Pack. So sieht ihre Gerechtigkeit aus. Sie können sagen, was immer sie wollen.« Er versuchte sich zu beruhigen und sah Giuditta ernst an. »Doch zunächst musst du mir eines versprechen.«
    »Alles, was du willst.«
    »Sieh mich weiterhin so verächtlich an wie vorher«, erklärte ihr Mercurio. »Niemand darf etwas merken, oder wir sind alle verloren.«
    »Ich versuch’s.«
    »Nein.« Mercurio packte sie fest an den Schultern. »Du wirst es schaffen.«
    Giuditta umarmte ihn. »Wie soll ich nur meine Freude verbergen?«
    Auf einmal hörte Mercurio hinter der Tür Stimmen und eine lautstarke Auseinandersetzung. »Uns bleibt keine Zeit mehr. Also hör zu …« Er legte die Lippen an ihr Ohr und flüsterte ihr hastig einige Anweisungen zu.
    »Öffnet!«, hörte man währenddessen die Stimme des Heiligen von der anderen Seite der Tür.
    »Was willst du, verfluchter Mönch?«, fuhr ihn Lanzafame an.
    »Ich befehle dir, diese Tür zu öffnen!«, schrie der Heilige. »Ich bin der Inquisitor!«
    »Und ich folge nur den Befehlen des Patriarchen«, hörte man Lanzafame antworten.
    »Du weißt Bescheid?«, sagte Mercurio zu Giuditta.
    Giuditta nickte lächelnd.
    »Nicht lächeln!«, ermahnte Mercurio sie.
    Sie lächelte nur noch mehr.
    »Öffne!«, brüllte der Heilige.
    »Öffnet!«, rief Mercurio aus der Zelle. Dann sah er Giuditta mitfühlend an und sagte: »Verzeih mir, mein Schatz.«
    »Was denn?«, fragte Giuditta verwundert.
    Die Tür öffnete sich.
    Und im selben Moment schlug Mercurio Giuditta heftig mitten ins Gesicht.
    Das Mädchen schrie vor Schmerzen auf und sank zu Boden. Sie legte ihre Hand auf den blutenden Mund.
    »Du verfluchter Scheißkerl!«, schrie Lanzafame, stürzte in die Zelle und eilte Giuditta zu Hilfe.
    Mercurios weißlich trübe Augen begegneten denen des Heiligen, und während er die Zelle verließ, brummte er: »Diese Juden! Das reinste Pack!«
    Der Heilige sah Pater Venceslao nach, und einen kurzen Moment kam er ihm verändert vor. Doch dieser Eindruck verflog sofort. »Hexe!«, schrie er Giuditta an und richtete einen Finger auf sie. »Wenn ich mit dir fertig bin, dann kommt dein Vater dran, da kannst du sicher sein.« Er wandte sich an Lanzafame. »Schafft sie hinunter in den Saal. Der Prozess geht weiter.«
    Als die Menge im Saal sah, dass Giuditta wieder in den Käfig gesperrt wurde, erwachte sie aus ihrer Lethargie. Während der Pause hatten sich die Gemüter beruhigt, und Langeweile hatte sich breitgemacht. Doch jetzt würde das Spektakel seinen Fortgang nehmen.
    »Ruhe!«, schrie ein Geistlicher,

Weitere Kostenlose Bücher