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Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)

Titel: Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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Giustiniani leise.
    Der blieb ihm die Antwort schuldig und verfolgte stattdessen bewundernd, wie Mercurio seine Intrige vorantrieb.
    »Sie ist doch nur eine Hure!«, schrie Benedetta unvermittelt auf. »Nur eine Hure, eine Hexe! Hexe!«
    Doch diesmal stimmte die Menge nicht mit ein.
    Mercurio wartete, bis wieder Ruhe eingekehrt war. Eine angespannte Stille. Dann hinkte er mit unsicheren Schritten zur Kanzel zurück, wo Benedetta saß, und stieg die erste Stufe hinauf. »Aus welchem Grund genau soll sie eine Hure sein?«, fragte er.
    Benedetta schüttelte stumm den Kopf und sah hilfesuchend zu dem Heiligen hinüber.
    »Weil ihr das Herz eines Mannes gehört, den Ihr begehrt?«, bohrte Mercurio nach.
    Die Leute im Saal raunten überrascht.
    »Hat sie dir das erzählt, Mönch?«, erwiderte Benedetta und funkelte ihn zornig an. »Das ist Unsinn. Sie will doch nur ihren Arsch retten und …«
    »Mäßige deine Worte, Mädchen!«, fuhr der Patriarch dazwischen.
    Benedetta war hochrot im Gesicht und stand kurz davor, vollständig die Beherrschung zu verlieren.
    Mercurio wandte sich Giuditta zu und gab ihr heimlich ein Zeichen.
    »Mercurio hat mir alles erzählt«, sagte Giuditta daraufhin Benedetta ins Gesicht. »Er hat mir gesagt, wie lächerlich du dich aufgeführt hast, als du dich in dem Zimmer im Gasthaus zur Roten Laterne für ihn ausgezogen hast …«
    »Du weißt ja nicht, was du sagst, Hure …«
    »Ruhe!«, rief der Gerichtsschreiber und läutete sein Glöckchen.
    »Er hat mir auch erzählt, vor einigen Tagen hättest du ihn besucht und ihm zärtlich über die Haare gestreichelt und geglaubt, er würde weinen. Doch stattdessen hat er nur über dich gelacht«, fuhr Giuditta fort. »Er erzählt mir alles. Auch dass er es abstoßend findet, wie du dich mit den paar Brosamen begnügst, die er fallen lässt …«
    »Dreckige Hure!«
    »Bringt die beiden Frauen zum Schweigen!«, schrie der Patriarch.
    »Er hat mir gesagt, er braucht nur mit dem Finger zu schnippen, und schon wirfst du dich ihm vor die Füße …«
    »Ich will dich tot sehen!«
    »Ruhe!«
    »Und er hat mir gesagt, dass du nichts als Lügen erzählst! Du behauptest, du bist die Geliebte eines mächtigen Mannes, dabei bist du doch nur eine seiner vielen Mägde!« Giuditta lachte verächtlich.
    »Hure, du kleine jüdische Hure!« Benedetta wollte offensichtlich ihren Platz verlassen, um auf den Käfig zuzustürmen, wurde jedoch von Mercurio und dem Heiligen daran gehindert. Sie war so außer sich vor Wut, dass ihr die Adern am Hals hervortraten, als sie schrie: »Ich bin die Geliebte des Fürsten Contarini, und der wird dir im Kerker die Kehle durchschneiden lassen, wenn er erfährt, wie du mich beleidigt hast, du Hure!«
    Der Heilige schlug sie auf den Mund. »Schweig, schändliches Weib!«, brüllte er sie an, packte sie bei den Schultern und schüttelte sie.
    Benedetta sah ihn an, unfähig zu erfassen, was sie gerade getan hatte.
    Mercurio wich einen Schritt zurück, wandte sich wieder Giuditta zu und nickte kaum merklich.
    Isacco starrte mit aufgerissenem Mund zu Lanzafame hinüber.
    Die Menge war verstummt.
    »Hoffentlich habe ich da kein Unglück angerichtet …«, sagte Mercurio in seiner Rolle als erschrockener Pater Venceslao zu dem Patriarchen und breitete hilflos die Arme aus. »Ich … ich …«
    »Ihr habt nur Eure Pflicht getan, Pater Venceslao«, erwiderte der Patriarch und unterdrückte den Zorn, der in ihm auflodern wollte. Dann richtete er mit einem wütenden Funkeln in den Augen den Blick auf Benedetta. »Diese Frau ist es, die einen schweren Fehler begangen hat …«
    In der Menge brodelte es.
    Der Patriarch richtete drohend seinen zitternden Zeigefinger auf sie. »Sie hat meinen Neffen Rinaldo und damit den guten Namen meiner gesamten Familie beschmutzt. Daher wird sie bald schon hier in diesem Saal von meinem Neffen, dem Fürsten Rinaldo Contarini, der Lüge überführt werden.«
    »Das habe ich nicht genau verstanden, Patriarch«, sagte da der unbeholfene Pater Venceslao ganz unschuldig und riss die Augen vor Erstaunen weit auf. »Wollt Ihr etwa sagen … dass diese Frau lügt?«
    Benedetta spürte, wie ihr der Boden unter den Füßen wegbrach.
    »Der Prozess ist für heute beendet«, verkündete der Patriarch. »Das Gericht zieht sich zurück und kommt in zwei Tagen wieder zusammen.« Er stand auf, versuchte, das wütende Zittern in seinen Beinen zu unterdrücken, und verließ dann würdevoll hinter den Geistlichen den Kapitelsaal

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