Das Mädchen, das den Himmel berührte: Roman (German Edition)
schloss die Augen und begann zu beten.
Mercurio betrachtete sie lächelnd. Doch plötzlich schrie er laut auf. Isacco hatte damit begonnen, seine Wunde zusammenzunähen.
Mosè wich erschrocken zurück und bellte laut.
»Jetzt stell dich nicht so an, Junge, man könnte meinen, du bist ein Mädchen«, sagte Isacco. Er wandte sich an Lanzafame. »Er hat wohl nicht gewusst, dass ich eigentlich Metzger bin.«
Der Hauptmann lachte dröhnend.
Mosè sah Isacco an und knurrte leise.
»Ich muss dich weiter zusammenflicken, Junge. Also hör auf zu jammern und beiß die Zähne zusammen«, ermahnte Isacco Mercurio und zückte wieder die Nadel, um den Faden durch die Wunde an Mercurios Seite zu führen. »Und mach bitte diesem Hund klar, dass er mich nicht beißen soll.«
»Brav, Mosè …«, sagte Mercurio, worauf der Hund sich neben ihn setzte und ihm das Gesicht leckte. Als Mercurio wieder die Nadel in seinem Fleisch spürte, stöhnte er erneut auf und umklammerte Giudittas Hand.
»Und brich meiner Tochter nicht alle Finger.«
»Geht zum Teufel, Doktor.«
Als er die Wunde genäht hatte, bestrich Isacco sie mit einer Salbe aus Schafgarbe und Zinnkraut, um die Blutung zu stillen. Dann machte er noch einen Umschlag mit Klettwurzel und Ringelblume, was die Wundheilung beschleunigen sollte. »Hast du genau zugesehen?«, fragte er Giuditta. »Das wirst du ab jetzt jeden Tag tun müssen, bis die Wunde geheilt ist.«
Giuditta nickte.
Isacco übergab ihr die Gefäße mit der Salbe und dem Balsam für den Umschlag sowie zwei weitere Fläschchen. »Das hier sind Weihrauch und Teufelskralle. Lös beides in einer Tasse Brühe oder auch nur heißem Wasser auf. So wird das Fieber bekämpft.«
»Ist gut«, sagte Giuditta tonlos.
»Er wird nicht sterben, mein Mädchen«, flüsterte Isacco ihr ins Ohr, »aber sag ihm das noch nicht, sonst steht er zu früh wieder auf.«
Unter Tränen umarmte Giuditta Isacco. »Ach, Vater …«
»Ach, Tochter«, äffte Isacco sie nach und schob sie brüsk von sich weg. »Was soll denn immer dieses rührselige Getue …« Doch dann musste auch er weinen. Wütend schlug er mit der Faust auf das Deck des Schiffes. »Verdammt! Ja, schau nur hin! Bist du jetzt zufrieden?« Er zog die Nase hoch, um sich dann mit dem Handrücken die Tränen aus den Augen zu wischen.
Giuditta lachte und weinte zugleich. »Vater, du bist ein unerträglicher Grobian!« Sie umarmte ihn. »Aber ich liebe dich trotzdem … So sehr …«, Dann ließ sie ihn plötzlich los und schaute ihn ernst an. »Und du willst wirklich nicht mit uns kommen?«
Isacco mied ihren Blick. »Mein Mädchen … ich …«
»Wenn ein Vogeljunges flügge wird, verlässt es sein Nest. So muss es sein«, sagte Mercurio leise.
»Was erzählst du da für einen Blödsinn, Junge?«, fuhr Isacco ihn an, um seine Rührung zu verbergen.
Da streckte Mercurio seinen Arm aus und nahm Giudittas Hand. Er sah sie schweigend an und nickte.
Giuditta verkrampfte sich, als wüsste sie nicht, was sie tun sollte. Vielleicht fürchtete sie sich auch ein wenig vor Annas Urteil.
»Mercurio hat mir ja schon erzählt, wie schön du bist, aber …«, begann Anna da, um sogleich wieder innezuhalten. Kopfschüttelnd verdrehte sie die Augen. »Ach herrje!, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll! Da denkt man immer, dass einem in besonderen Augenblicken auch die passenden Worte einfallen müssten.« Sie lächelte verlegen. »Selbst eine einfache Frau wie ich glaubt, sie könnte … Ach, was red ich nur für dummes Zeug!«, schalt sie sich und wandte sich dann geradewegs an Giuditta. »Komm her und lass dich umarmen, Mädchen. Lass dich umarmen, das muss reichen.«
Ein wenig unbeholfen ließ Giuditta die Umarmung zu.
»Ja, ich weiß, du bist kein kleines Mädchen mehr«, flüsterte ihr Anna ins Ohr, bevor sie sich von ihr löste und ihr eindringlich in die Augen sah. »Es ist nur so, dass wir mehr Angst haben als ihr … Kinder. Es tut mir leid«, sagte sie, und ihre Stimme brach.
Da küsste Giuditta sie zu aller Überraschung plötzlich und ohne jedes Zögern dreimal hintereinander auf die Wange. »Einer ist für meine Mutter, weil ich sie nie habe küssen können. Einer für meine Großmutter, weil ich sie gern noch einmal küssen würde. Und der dritte ist für dich, für Mercurios Mutter, weil ich weiß, wie viel ich dir verdanke.«
Anna errötete vor Rührung und musste mehrfach heftig schlucken. Als sie ihre Fassung wiedererlangt hatte, wandte sie sich an Mercurio
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