Universalheilmittel
»Universalheilmittel« – dieser Begriff erklärt sich selbst, er ist bekannt und geläufig. Ein Universalheilmittel ist etwas, das universell, gegen »alle«, das heißt viele Krankheiten und Beschwerden hilft. Umso mehr erstaunt, dass man das Wort in Konversationslexika wie dem Brockhaus ebenso wenig findet wie in medizinischen Fachlexika.
Was dazu im Internet aufgelistet ist, das sind vor allem werbliche Texte von Firmen, die eins ihrer Produkte als Universalheilmittel anpreisen, worauf die jeweiligen Suchmaschinen reagieren – keine sehr befriedigende Information.
Allerdings taucht hier doch ein relevanter und faszinierender Hinweis auf, nämlich der Begriff »Panacea« beziehungsweise »Panakeia«, im englischsprachigen Raum geläufiger als bei uns, der sowohl »Allheilmittel« als auch »die Allheilende« bedeutet. »Panakeia« – so lautet der Name der griechischen Göttin der Heilung, Tochter des Asklepios (Äskulap) und der Epione. Asklepios kennt man als Sohn des Sonnengottes Apollon, Gott der Heilkunde, dessen Therapie vor allem der Tempelschlaf mit anschließender Traumdeutung war. Man stellte ihn mit Schlange und Stab dar. Bis heute ist der Äskulapstab Symbol des ärztlichen Standes.
Nach einer anderen Quelle ist Panakeia eine der göttlichen Töchter der Mutter Rhea oder Rheia. Dies ist der kretische Name der ägäischen Großen Göttin, die keinen Gemahl hatte. Sie sollte die jungfräuliche Mutter von Asklepios sein. So wären Panacea und Äskulap Geschwister. Eine weitere Tochter Rheas war Hygieia, das bedeutet »Gesundheit«. Bis heute erinnert der Eid des Hippokrates (um 460–370 v. Chr.) an die hier genannten Götter. Der erste Satz lautet nämlich so: »Ich schwöre und rufe Apollon, den Arzt, und Asklepios und Hygieia und Panakeia und alle Götter und Göttinnen zu Zeugen an, dass ich diesen Eid und diesen Vertrag nach meiner Fähigkeit und nach meiner Einsicht erfüllen werde.«
Offenbar waren Panacea/Panakeia und Hygieia Personifizierungen der Brüste der Großen Mutter. Im alten Ägypten sagte man, das Heilmittel für fast alle Krankheiten sei die Milch einer Frau, die ein Kind geboren hat. Auch im mittelalterlichen Europa glaubten die Menschen an die heilende Kraft der Muttermilch. Diese wurde häufig Kranken verordnet, und es hieß, jede Mutter könne bei ihrem Kind entzündete Augen heilen, indem sie ihre Milch hineinträufele.
Die Alchemisten suchten nach dem Universalheilmittel, also dem Mittel überhaupt. Sie belegten verschiedene Präparate mit diesem Namen, zum Beispiel Panacea antimonialis, Goldschwefel. Eine weitere bemerkenswerte Information zu dem Bereich, die man im Internet finden kann, ist jene, dass »Bisamäpfel« jahrhundertelang als Universalheilmittel galten und erfolgreich als solche verwendet wurden. Unter einem Bisamapfel versteht man einen Behälter, in dem sich Duftstoffe befinden. Größe, Inhalt und so weiter sind uneinheitlich und unterschiedlich. Zum Beispiel schreibt der römische Schriftsteller Plinius der Ältere (23–79), dass man sie als »duftende Beutel« am Körper trug. Alabastertöpfe mit Duftmassen wurden in ägyptischen Gräbern gefunden. Aus der Tang-Dynastie im China des 7. und 8. Jahrhunderts wurde eine dekorierte Duftkugel aus Silber überliefert, die an Ständern aufgehängt oder am Körper getragen wurde.
Der Ursprung des europäischen Bisamapfels liegt im Orient. Zum ersten Mal wurde er 1174 erwähnt, als die Gesandten König Balduins IV. von Jerusalem Friedrich I. (Barbarossa) besuchten und ihm goldene, mit Moschus gefüllte Äpfel überreichten. Das Einatmen des Aromas sollte Schmerzen vertreiben.
Medizinische Texte des 14. Jahrhunderts besagen, dass Riechäpfel zudem die Abwehrkräfte und die Funktion des Herzens stärken sowie gegen Verdauungsbeschwerden und Komplikationen in der Gebärmutter helfen sollen. Besondere Verbreitung fanden Bisamäpfel während der Pestepidemien im Mittelalter. Arme Leute füllten sie mit preiswerten und leicht verfügbaren Kräutern aus dem eigenen Garten, zum Beispiel Wacholderbeeren und Arnikawurzel.
Seit dem ausgehenden 16. Jahrhundert wurden Bisamäpfel durch flüssige Essenzen beziehungsweise Pomander 1 ersetzt. Wobei noch lange nachher Rosenkränze mit kleinen Bisamäpfeln verziert wurden.
Besonders bemerkenswert an der Information über Bisamäpfel als Universalheilmittel ist, dass eine ganze Reihe von Zubereitungen, die umgangssprachlich als Allheilmittel, Universalheilmittel, »Panazee«
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