Das Mädchen, der Koch und der Drache: Roman (German Edition)
Blume aussehen«, erklärt Boss Guan, während seine Hände vier Gerichte gleichzeitig zubereiten. Tubai kennt seinen Chef gut genug, um ihm die nötigen Zutaten unaufgefordert in der richtigen Reihenfolge zu reichen. Es sieht aus wie ein lange geübtes Ballett.
»So was Simples? Das ist doch keine Kunst«, beschwert sich der Goldene Drache und schnüffelt an den Gewürzen. Als Boss Guan schon sein zweites Gericht auf die Teller schaufelt, fängt der Goldene Drache gerade erst an.
Die Gäste im Restaurant drehen die Köpfe hin und her wie hungrige Vögel. Mendy bringt ihnen Getränke und plaudert mit ihnen. Da die bestellten Gerichte heute nicht so schnell auf den Tisch kommen werden wie sonst, muss Mendy die Gäste anders bei Laune zu halten versuchen. Aber das fällt ihr nicht schwer. Viele Stammgäste kennt sie mit Namen, und sie versteht es, ihnen das Gefühl zu geben, sie seien in der Strahlenden Perle zu Hause. Auch heute schafft sie es, die Gäste zum Lachen zu bringen. Als die Durchreiche aufgeht und die ersten zwei Gerichte hindurchgeschoben werden, fällt ihr ein Stein vom Herzen. Jetzt weißsie, dass sie keinen Gast verlieren wird.
Als sie wieder in die Küche kommt, um ihren Vater zu loben, ist der Goldene Drache gerade mit seinem ersten Gericht fertig. »Unsere Schaukelprinzessin kommt gerade rechtzeitig«, ruft er. Oswald wippt lässig beim Geschirrabtrocknen, beobachtet den Goldenen Drachen aber unauffällig aus den Augenwinkeln. Er versteht zwar nicht, was gesagt wird, doch die vertrauliche Art des Mannes gefällt ihm überhaupt nicht.
»Wer ist denn hier eine Schaukelprinzessin?«, fragt Mendy. So ein blödes Kompliment hat sie schon lange nicht mehr gehört.
»Na, du natürlich«, sagt der Goldene Drache. »Du hast einen herrlichen Gang, wie ein Schwan auf dem Wasser. Ich habe dich sofort als Schaukelprinzessin erkannt.« Er grinst. »Dein Vater wird aus Höflichkeit nur Gutes über meine Kochkünste sagen. Aber du bist ehrlich. Komm, koste doch mal.« Er greift mit den Stäbchen nach einem der roten Krebse und hält ihr das dampfende Stück vor die Lippen.
»Ich will mir doch den Mund nicht verbrennen«, sagt Mendy. Aber der Goldene Drache versperrt ihr den Weg. »So heiß ist es doch gar nicht«, sagt er fast väterlich.
»Zwei eckige Teller!«, ruft Boss Guan. Tubai bringt ihm die gewünschten Teller, und Oswald läuft mit dem Teller, den er gerade abgetrocknet hat, ebenfalls zu Mendys Vater. Dabei tritt er dem Goldenen Drachen versehentlich auf den Fuß. Der Mongole verzieht das Gesicht, und der Leckerbissen, den er Mendy in den Mund schieben wollte, fällt auf den Boden. Oswald entschuldigt sich eilig.
»Puh, euer deutscher Freund ist ein grüner Esel«, sagt der Goldene Drache, worauf alle lachen. Oswald vermutet eine Beleidigung und fragt, was der Mongole gesagt habe. Aber niemand gibt ihm eine Antwort. Auch Mendy nicht. Sie kichert und will die Gelegenheit nutzen, um zu verschwinden. Aber der Goldene Drache hält sie am Arm fest.
»Nein, nein. Du musst euren neuen Koch schon prüfen. Ich bestehe drauf«, sagt er und hält ihr einen neuen Krebs hin.
»Ich mag eigentlich keine Shrimps«, lügt die Kellnerin und presst wie ein trotziges Kind ihre Lippen zusammen. Das Gesicht des Mongolen kommt ihr wie ein tiefer See vor. Ein gefährlicher See. Dort möchte sie nicht hineingeraten.
Aber ihre Abwehr reizt Boss Hong nur noch mehr. Er möchte sehen, wie die roten Lippen sich öffnen. »Schaukelprinzessin, mach den Mund auf«, flötet er und rückt mit dem Shrimp immer näher. Schon berührt er damit ihre Lippen. Sie kann nicht mehr ausweichen.
»Mendy, jetzt sag Onkel Hong, was er wissen möchte, damit wir weitermachen können«, ruft ihr Vater, dem das Theater auf die Nerven geht.
Mendy reißt plötzlich den Mund auf und schnappt nach dem Köder. »Lecker, wahnsinnig lecker. Das Werk eines Dreisternekochs«, sagt sie mit eiserner Miene. »Ich würde sagen, Sie gehören ins Hotel Adlon , nicht in unser bescheidenes Restaurant, Onkel Hong.«
Boss Guan und der Goldene Drache brechen in Gelächter aus. Oswald wirft den beiden einen wütenden Blick zu. Irgendwie kommen ihm diese Männer pervers vor. Seine Miene ist Boss Guan nicht entgangen. »Junger Mann, danke für deine Hilfe. Setz dich jetzt bitte ins Restaurant und lass es dir gut gehen«, sagt er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldet.
Der Goldene Drache garniert seine Shrimps auf den Erbsen, und sie sehen tatsächlich aus wie
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