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Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Titel: Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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gegessen und was ich für einen scheußlichen Durchfall gehabt habe. Ich kann das natürlich im Labor untersuchen lassen, aber dann wird alles noch teurer für Sie …« Er wühlt in seinem Rucksack, als wollte er sein Beweisstück gleich präsentieren.
    Mendy wird blass. »Kommen Sie bitte mit, Herr Jensen.«
    Als der Mann in ihrem Büro sitzt, versucht sie, ihm ihre Ansicht der Dinge darzustellen. Aber der Mann zieht nur den Mund schief. »Fünfhundert Euro«, wiederholt er. »Und zwar schnell, sonst wird es noch teurer. Ich kann nicht den ganzen Tag mit Ihnen verhandeln. Also wird’s bald, mein Fräulein?«
    Mendy wird nervös und ist beinah schon so weit, das Geld herzugeben, nur damit der Kerl endlich verschwindet, da klopft es plötzlich an der Tür. Tubai tritt herein, stellt einen Teller auf den Tisch und legt zwei Paar Stäbchen dazu. »Chefin, hier ist der Nachtisch, den Sie bestellt haben«, sagt er zu Mendy. Mit fast geschlossenen Augen sieht er eiskalt wie eine Leiche aus. Bevor Mendy reagieren kann, verschwindet er wieder.
    Der kurze Auftritt hat seine Wirkung. »Nein, nein, um Gottes willen. Das blutet ja noch!«, stammelt Herr Jensen.
    Kein Zweifel: Da liegen zwei frisch abgeschnittene Ohren und eine Nase, man sieht noch die rote, klebrige Spur auf dem Teller. Der Mann springt auf, wirft Mendy und der blutigen Mahlzeit einen entsetzten Blick zu und rennt aus der Tür.
    Auch Mendy ist blass geworden. Sie geht in die Küche und bestellt Tubai zu sich ins Büro.
    »Was hast du mir da eben gebracht?« Sie starrt ihn an, als wären seine Augen zwei tiefe Seen.
    Tubai grinst. »Kennst du das nicht? Das ist Ganbei Banli Geng , Pudding aus Muscheln und edlen Maronen. Das ist ein gutes Mittel gegen Angst. Schmeckt sehr erfrischend.«
    »Verrückt! Du solltest bei Madame Tussauds arbeiten!« Mendy lacht. »Hast du gar nicht daran gedacht, dass uns diese abgeschnittenen Ohren die Polizei ins Haus bringen können?«
    Das Wort »Polizei« jagt Tubai eine Höllenangst ein. Er macht einen Schritt auf die Tür zu, als wolle er wegrennen.
    Mitleid ergreift Mendy. Was für ein elendes Leben! Ein Schwarzarbeiter muss sich ständig verstecken, um Haut und Haar zu retten. »Warte«, sagt sie. »Ich hab dein Meisterwerk noch nicht gekostet.«
    Andächtig nimmt sie den Teller in die Hand und befördert den wabbeligen Teil, der wie ein menschlichesOhr aussieht, mit den Stäbchen zwischen die Zähne. Vorsichtig beginnt sie zu kauen. Dann erhellt sich ihr Gesicht. »Hm, salzig – und leicht gesüßt. Du hast recht. Schmeckt erfrischend. Wann hast du das denn gekocht?«
    »Gestern Nacht«, sagt Tubai mit einem schüchternen Lächeln. »Nachts ist es ziemlich einsam hier, weißt du?« Er schaut zu, wie Mendy auch noch die »Nase« isst, dann streckt er mit einem zufriedenen Lächeln die Hand aus, um den leeren Teller in Empfang zu nehmen.
    Doch Mendy gibt den Teller nicht her. »Ich möchte nicht, dass die Polizei dich erwischt. Womöglich zeigt dieser verrückte Deutsche uns an, weil er denkt, hier würde von Kannibalen gekocht. Vielleicht gehst du lieber ein bisschen spazieren«, sagt sie leise. »Ich weiß, es ist draußen schon dunkel. Aber wenn tatsächlich die Polizei kommt, solltest du besser nicht hier sein.« Sie gibt ihm noch zehn Euro, damit er ins Kino gehen kann. Sie weiß, dass er gern Kung-Fu-Filme anschaut.
    Tubai ist an das Guerillaleben gewöhnt. Er geht in die Küche, steckt mit schnellen Bewegungen den Berg von Tellern in die Spülmaschine, dann nimmt er Jacke und Mütze und verschwindet durch die Hintertür.
    An Tubais Stelle muss Mendy jetzt in die Küche. Doch Koch Lin ist mit ihrer Arbeit nicht zufrieden. Sie sei zu langsam, behauptet er. Und das Gemüse müsse sie anders schneiden. Am Ende habe er wieder die doppelte Arbeit, bloß damit der Hasensohn Tubai stundenlang in den Puff gehen könne, schimpft er. Aber Mendy ignoriert ihn und arbeitet still und verbissenweiter.
    Vielleicht ist es ein Zufall, vielleicht auch nicht; denn eine halbe Stunde später schlendern tatsächlich zwei Polizisten in die Strahlende Perle herein. Es sind Herr Heck und Herr Tack, zwei alte Bekannte des Hauses. Während ihrer Streifenfahrt haben sie einen Anruf von der Zentrale erhalten. Sie wollen einen Blick in die Küche werfen, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist.
    Mendy erzählt ihnen von dem Vorfall mit dem Erpresser. »Aber als er den Teller mit der blutroten Soße gesehen hat, ist er weggerannt wie ein Mäuschen«,

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