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Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Titel: Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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macht ihn das misstrauisch. Dann stampft er mit dem Absatz laut auf den Boden, zieht die dicken Brauen zusammen, wirft einen scharfen Blick in die dampfende Küche, und schon gefriert allen das Lachen auf den Gesichtern.
    Aber Boss Guan kann seine Macht nicht lange auskosten. Gerade presst er zufrieden die Lippen zusammen und schaukelt wie ein Sklaventreiber auf den Beinen, da legen sich von hinten zwei kleine Hände auf seine Hüften und schieben ihn sanft aus der Küche. Ohne sich umzudrehen, weiß er, dass es seine Tochter ist, die ihn aus dem Raum schaffen will. Nur sie wagt es, ihn zu berühren. Dabei flüstert sie ihm etwas ins Ohr, das seinen Widerstand schmelzen lässt: »Papa, dumachst den Leuten ja Angst, wenn du hier herumstehst. Sie fühlen sich wie Mäuse beim Anblick des Katers, wenn du sie anschaust. Mach dir keine Sorgen. Wir arbeiten alle ganz fleißig.«
    Am Anfang hatte Boss Guan seiner Tochter nicht glauben wollen. Doch der tägliche Umsatz spricht für sie. Und am Ende siegt wie bei allen Männern die Faulheit: Warum soll er sich anstrengen, wenn die Tochter das Geld auch ohne ihn reinbringt? Er weiß, dass die ehrgeizige Mendy das Restaurant ohne Weiteres führen kann, wenn er jetzt nach China fliegt.
    Zwei Tage nach der Abreise des Vaters bestellt Mendy den jungen Tubai zu sich ins Büro. »Setz dich«, sagt sie leise und schiebt ihm acht Fünfzig-Euro-Scheine über den Tisch. »Das ist für dich.«
    Der junge Mann schaut sie erschrocken an. »Was soll ich dafür machen?«, fragt er unsicher.
    Mendy merkt, dass sie missverstanden wird, und wechselt zum normalen Ton: »Nichts Besonderes. Das Gleiche, was du immer machst.«
    »Aber warum gibst du mir so viel Geld?« Der junge Mann hat immer noch Angst. Die Geldscheine knistern in seinen Händen. Seine Nervosität ist nicht zu übersehen.
    »Ich weiß, mein Vater muss deinetwegen ein Risiko eingehen, weil du keine Arbeitserlaubnis hast. Deshalb kriegst du so wenig Lohn. Aber nach drei Jahren guter Arbeit und Loyalität sollst du jetzt besser bezahlt werden«, sagt die junge Frau. Dann wechselt sie wieder zum Flüsterton. »Ich bin hier allerdings nur vorläufig die Geschäftsführerin. Deshalb erzähl den anderen bitte nichts von der Lohnerhöhung. Ich weiß auch nicht, ob das so bleibt, aber solange ich die Chefin bin, brauchst du nicht mehr für einen Hungerlohn zu schuften.«
    »Aber du kannst mein Gehalt doch nicht einfach verdoppeln!«, sagt Tubai.
    »Doch, doch!«, sagt Mendy, wie um sich selbst zu bestätigen. »Ich bin sicher, das ist gut für die Strahlende Perle .«
    Tubai nickt, faltet die Scheine zusammen, steht auf und macht eine tiefe Verbeugung vor Mendy. »Sag mir, wenn du mich brauchst. Ich bin immer für dich da.«
    Das Zweite, was Mendy ändern will, ist die Speisekarte. Nach tagelanger Überlegung bestellt sie Koch Lin in ihr Büro und eröffnet vorsichtig das Gespräch: »Meister Lin, könntest du dir vorstellen, zusätzlich ein paar Gerichte anzubieten, die besonders frisch sind und ohne Glutamat gekocht werden?«
    »Meinst du eine Extrakarte für Spezialitäten? Wieso nicht?« Er macht eine lange Pause und wirft Mendy einen Blick zu, der keinen Zweifel daran lässt, dass er sie für ein Küken mit grünem Schnabel und gelben Flaumfedern hält. »Aber für mehr Arbeit muss es natürlich mehr Lohn geben. Als großzügige neue Chefin hast du bestimmt einen Vorschlag parat, was eine Lohnerhöhung für mich angeht. Oder nicht?«
    Mendy schaut auf. Dass Koch Lin auf dieses Gespräch mit ihr vorbereitet sein könnte, hat sie nicht gedacht. »Aber nein«, sagt sie. »Es geht nicht um irgendwelche aufwendigen Spezialitäten. Du sollst bloßweniger mit Sojasoße und Champignons aus der Dose arbeiten und dafür mehr frisches Gemüse anbieten.«
    »Wenn die Gerichte dieser und jener Forderung gerecht werden sollen, sind das natürlich Spezialitäten«, beharrt der Koch und wirft das Küchentuch, das er in der Hand hält, ungeduldig mal über die linke, mal über die rechte Schulter, als stünde er vor einem begriffsstutzigen Kind. »Ich habe dich schon verstanden. Sag nur einfach, wie viel Lohn du mir mehr zahlen willst!«
    »Dein Lohn … liegt im Vergleich zu anderen Chinarestaurants nicht zu niedrig«, ringt Mendy nach angemessenen Worten. »Ich denke, du solltest jetzt mal eine Tageskarte mit einfachen Gerichten erstellen. Dann sehen wir weiter.«
    »Ha, du bist ja noch geiziger als dein Vater!« Koch Lin schlägt sich mit dem

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