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Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman

Titel: Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Reichstag, Zeughaus und Gendarmenmarkt vorbeirollen, blickt Oswald vorwärts ins Dunkel und schnalzt mit der Zunge. »Warum hast du den Koch nicht rausgeschmissen? Der hat sich doch dir gegenüber unmöglich benommen. Ein deutscher Chef hätte den sofort gefeuert«, meint der Student. »Außerdem hat er geklaut, oder? Das rechtfertigt in Deutschland jede Entlassung. Auch wenn es nur um eine Bulette oder ein Brötchen geht.«
    Mendy wirft ihm einen überraschten Blick zu. Dassdieser sanfte Typ mit dem schulterlangen Haar so daherredet, verblüfft sie. »Was bringt das, wenn ich ihn feure?«, fragt sie und gibt sich gleich selbst die Antwort. »Koch Lin wäre als Dieb gebrandmarkt und bekäme keine Arbeit mehr in Berlin. Er wäre sein Leben lang verbittert und voller Hass und würde mir die Schuld daran geben. Nein, auf solche Feinde verzichte ich lieber.«
    »Wenn jemand geklaut hat und keine Arbeit mehr findet, dann ist das doch nicht dein Problem, sondern seins«, sagt Oswald und zuckt mit den Schultern.
    »Koch Lin hat jahrelang gute Arbeit für meinen Vater geleistet«, sagt Mendy. »Wenn man das Restaurant wie eine Familie betrachtet, dann gibt mein Vater dieser Familie das Dach, und Koch Lin ist eine Säule, die das Dach stützt. Ich glaube, erst seit er endlich geheiratet hat, ist er nicht mehr so zuverlässig wie früher. Die Familie hat eine Ehe mit einer Bauerntochter für ihn arrangiert, und er hat sie geschwängert. Seither ist er gierig nach Geld: Er will seine Frau hierherholen … Nein, ich bringe es nicht fertig, ihn rauszuschmeißen.«
    »Träumt ihr Chinesen immer nur vom Familienglück?«, sagt Oswald und schüttelt den Kopf. »Mendy, der Kerl ist kriminell und gewalttätig. Wenn du ihm gegenüber nachgibst, hilfst du ihm, vom kleinen zum großen Kriminellen zu werden. Dann wird er noch mehr Schaden anrichten.«
    Mendy saugt hörbar die Luft ein. Oswald hat ihre eigenen Zweifel zum Ausdruck gebracht. Aber sie weiß keinen anderen Ausweg. Sie kaut auf ihrer Unterlippe und hüllt sich in Schweigen.
    »Wenn jemand seinen Arbeitgeber bestiehlt, dann ist das Sache der Polizei und der Justiz. Ist ein Mensch kriminell, muss er bestraft werden, schon der abschreckenden Wirkung wegen.« Oswald hält am Straßenrand an. »Es ist noch nicht zu spät. Wollen wir nicht lieber zur Polizei fahren und Anzeige erstatten?«
    »Nein, das würde ihn ruinieren und seine Familie auch. Das kann ich nicht machen!«, ruft Mendy.
    »Wenn jemand stiehlt und seinen Arbeitgeber bedroht, ist Mitleid fehl am Platz. Ist dir das nicht klar?« Oswald wird ungeduldig.
    »Nein. Ein Restaurant kann sich keine Feinde leisten«, erwidert Mendy, sichtlich verkrampft.
    Oswald seufzt. »Du bist zu weich fürs Business. Du wirst dir selbst Leid zufügen.« Er schüttelt den Kopf und verstummt. Draußen hat es zu schneien begonnen. Die Flocken fallen auf die Windschutzscheibe und schmelzen.
    Mendy zieht die Nase hoch. Ihr ist zum Weinen zumute. »Kannst du mich nach Hause fahren?«
    »Wenn du willst.« Oswald legt den Gang ein und ordnet sich in den Verkehr ein. Erst jetzt fällt ihm ein, dass er heute Abend eigentlich über etwas ganz anderes reden wollte. Aber der Streit mit dem Koch hat ihn völlig aus dem Konzept gebracht. Jetzt glaubt er, der passende Zeitpunkt sei gekommen. »Lass uns über Musik reden.« Er macht ein geheimnisvolles Gesicht, um ihr Interesse zu wecken. »Du wirst bald ein Shootingstar. Weißt du das?«
    »Ich ein Shootingstar? Als unfähige Geschäftsführerin eines Chinarestaurants in der Berliner Zeitung ? Lieber nicht.« Mendy starrt in die Nacht hinaus.
    »Nein. Als Sängerin in unserer Band«, sagt Oswald mit leuchtenden Augen. »Wir machen eine neue CD, und du bist der Star.« Mindestens fünf Lieder solle sie singen.
    »Seit wann gehöre ich denn zu eurer Band?«
    »Seit du meinen Kuss erwidert hast«, sagt Oswald mit einem triumphierenden Grinsen.
    »Aha, also ein echter Knebelvertrag«, kontert Mendy und betrachtet Oswald von der Seite. »Du bist ein Träumer, weißt du das?« Irgendwie gefällt ihr Oswalds Hartnäckigkeit. Außerdem hat er es geschafft, sie von ihrer Sorge um das Restaurant abzulenken. »Sag mal, Oswald, wann wirst du eigentlich mit deinem Studium fertig? Die Geheimratsecken hast du ja schon.« Sie streicht ihm neckend das Haar aus der Stirn.
    »Ach, lass mich doch mit dem blöden Jura in Ruhe«, sagt er. »Wann wollen wir unsere Lieder üben? Morgen Abend?«
    »Nein«, sagt sie. »Solange

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