Das Mädchen, der Koch und der Drache - Roman
krümmen.«
»Du wirst an der Nase herumgeführt und merkst es noch nicht mal. Wann wirst du endlich erwachsen?« Der Vater macht eine ungeduldige Handbewegung. »Halte ihn von uns fern. Ich möchte keinen zweiten Brand im Haus haben.«
»Aber, Papa …«
Ein scharfer Blick des Vaters lässt sie verstummen. Sie senkt den Kopf und denkt nach. Gestern konnte sie Oswald weder am Handy noch über das Festnetz erreichen. Hat es einen Zusammenstoß zwischen Oswald und ihrem Vater gegeben? »Hast du Oswald gestern gesehen?«
Als der Vater ihr keine Antwort gibt, sagt sie: »Er hat mit dem Brand überhaupt nichts zu tun.«
Der Vater nippt am Tee und schließt die Augen. Dass seine Tochter so naiv und leichtgläubig ist! Wann wird sie endlich genügend Misstrauen entwickeln, um eine erfolgreiche Geschäftsfrau zu werden? »Dein Oswald steckt mit deiner Busenfreundin Peipei unter einer Decke. Also hör auf, ihm nachzulaufen.«
Mendy sperrt Mund und Nase auf. Die Worte des Vaters schmerzen sie wie spitze Gallensteine. Oswald wartet doch auf ihre Liebe! Insgeheim hat sie schon Zukunftspläne geschmiedet und wartet nur auf den Tag, an dem sie sich ihm hingeben kann. Und jetzt erzählt ihr Vater, er wüsste etwas von Peipei und Oswald? Unsinn! Das kann doch nicht sein. Woher soll denn ihr Vater das wissen? Mendy will es nicht glauben. Sie krallt sich mit beiden Händen am Bettrand fest.
Als Yeye zurückkehrt, findet sie Vater und Tochter wortlos und stumm vor. Sie vermutet, dass ihre Stieftochter wieder einmal eine Lektion erhalten hat, was sie nicht besonders erstaunt. Aber was sie eben vom Arzt ihres Mannes gehört hat, liegt wie ein Felsbrocken auf ihrem Herzen, da kann sie sich um Mendys Stimmung nicht weiter kümmern.
Sie schlägt die Decke ein wenig zurück und fasst nach dem Fuß ihres Mannes. Als ihre kalten Finger die Sohle berühren, zuckt Boss Guan empört zurück. »Warte«, sagt sie und kitzelt ihn an den Zehen. Diesmal zeigt der Mann keinerlei Reaktion. Yeyes Gesicht wird aschfahl. Der Arzt hat ihr also die Wahrheit gesagt: Ihr Mann hat einen leichten Schlaganfall erlitten. Die Zehen am linken Fuß sind ohne Gefühl.
»Warst du gestern bei Chen Peipei?«, fragt die Ehefrau plötzlich voller Argwohn.
»Meinst du etwa, ich finde den Brandstifter, wenn ich zu Hause rumhocke?«, sagt Boss Guan kalt. »Kümmere dich um Michael und die Mieter. Zu mehr bist du sowieso nicht fähig.«
»Ohne mich bist du ein Wrack«, gibt Yeye mit unterdrückter Wut zurück, bohrt jedoch nicht weiter. Sie weiß, es hat keinen Sinn, ihren Mann auszufragen, wenn er nicht antworten will.
Als die beiden Frauen vor dem Krankenhaus stehen, sagt Yeye plötzlich: »Wir gehen jetzt zu dieser Hure Peipei. Sie hat deinem Vater ein Loch in den Kopf gehauen, das mit fünf Stichen genäht werden musste. Das werde ich ihr heimzahlen.«
Mendy ist sprachlos. Peipei und ihr Vater? Wie kann diese Frau nur so schamlos sein?! Mendy fühlt sich gedemütigt, und in diesem Zustand will sie die »Freundin« nicht sehen.
»Peipei ist bestimmt nicht zu Hause«, murmelt sie tonlos.
Aber Yeye hält ihr bloß das Handy hin. Mendy bleibt nichts anderes übrig, als Peipei anzurufen. Zum Glück ist die Freundin nicht zu erreichen. Weder unter der Festnetz- noch unter der Handynummer.
Yeye ist das egal. »Wenn sie noch einen Löffel Gewissen hat, wird sie nicht auf der Straße herumstolzieren, sondern sich in ihrer Wohnung verstecken«, sagt sie. »Wir fahren jetzt hin.«
»Ich fühle mich nicht wohl. Vielleicht fährst du lieber allein …«, murmelt Mendy. Sie hält die Hand vor die Brust, als müsste sie sich erbrechen.
»Wie bitte?«, sagt Yeye vorwurfsvoll. »Deine Freundin hat deinen Vater zum Krüppel geschlagen, und du willst dich drücken? Wie kannst du deinen Vater nur so im Stich lassen?! Nein, nein, Mendy, du kommstjetzt mit.«
Sie winkt nach einem Taxi, und zehn Minuten später stehen die beiden Frauen vor Peipeis Haus in der Turmstraße. Yeye hält die Hand ihrer Stieftochter fest, als wäre sie ein Schulmädchen, das nicht zum Zahnarzt will. Sie wartet geduldig, bis jemand aus der Haustür kommt, dann schiebt sie Mendy hinein.
Vor Peipeis Wohnung angekommen, drückt Yeye das Ohr an die Tür, um zu horchen. Mendy möchte am liebsten die Treppe wieder herunterrennen, so peinlich ist ihr das alles, doch Yeye hält sie fest und gibt ihr mit Gesten zu verstehen, dass sie keinen Lärm machen soll. Angestrengt horcht sie weiter. Als sie sich
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