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Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Titel: Das Mädchen mit den Teufelsaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Seidenkleid und mit Samtband im Haar?»
    Rosamund, den Blick noch immer gesenkt, nickte.
    «Dann wär’s schade, den Falk zu enttäuschen, wenn er doch zu gern zum Tanz gehen mag. Sein Vater ist reich, hat ein Haus mehr als unserer. Für dich müssten Seidenkleid und Schuhe beschafft werden. Viel Geld für einen einzigen Tanz in den Mai. Sieh, Schwester, ich habe ein solches Kleid, und auch die Schuhe passen gut. Ich werde dich vertreten beim Falk. Wirst schon sehen, ich werde meine Sache gut machen.» Sie lachte, dass die Hufnägel klirrten, und die Mutter strahlte so breit übers schmale Gesicht, dass der Mund zwei Teile daraus machte. Sie schwenkte den Kochlöffel, drosch zuerst damit der Magd auf die Finger, weil die die Zwiebeln zu dick schnitt, dann zeigte sie auf das Urselchen. «Dein Einfall ist gut, mein Herzenskind. So gut, dass er von mir hätte sein können. Natürlich! Du gehst mit dem Falk. Lass dich ansehen!»
    Das Urselchen reckte die Brust und wiegte sich in den Hüften.
    Die Mutter nickte zufrieden. «Bei dir sprießt’s ja schon. Dauert nicht mehr lange, bis du reif bist. Wirst noch dieses Jahr vierzehn, kannst dich verloben im nächsten und heiraten, wenn du sechzehn bist. Den Vater würd’s freuen. Nur eine feine Erziehung brauchst du noch. Gleich nach Pfingsten gehst du zu den Weißfrauen ins Stift. Sie sollen dir beibringen, was noch fehlt zu einem ehrbaren und vornehmen Weibsbild.»
    «Dann ist es also abgemacht?», fragte das Urselchen und riss an den Hufnägeln auf ihrem Kopf. «Ich gehe, und die da bleibt hier?»
    «So ist’s gesprochen und verkündet.»
    Das Urselchen fiel seiner Mutter um den Hals und jubelte, und Lisbeth strich ihrem Kindlein zart über die Hufnägel.
    Rosamund schluckte und schlich davon. Vor der Werkstatt stand Falk und sah den Vögeln am Himmel nach. Rosamund packte ihn beim Arm, zog ihn in den Holzschuppen, der von der Küche aus nicht einsehbar war.
    «Wir können nicht zusammen zum Maitanz gehen, so gern ich es wollte.»
    Falk zog die Stirne kraus. «Warum nicht? Bin ich nicht gut genug für die Tochter des Zunftmeisters.»
    «Doch, bist du schon, aber die ältere Tochter des Zunftmeisters ist nicht gut genug für dich. Deshalb wirst du mit der jüngeren zum Tanze gehen, die hat auch ein Seidenkleid und Tanzschuhe.»
    Falk atmete hörbar ein und aus, zog die Stirne noch krauser. «Die Ursula, das Urselchen, wie alt ist die jetzt?»
    «Wird vierzehn noch in diesem Jahr.»
    Falk nickte. «Die Alten werden wissen, was gut ist für’s Geschäft. Und was gut ist für’s Geschäft, das ist auch gut für uns.»
    Rosamund ließ die Arme am Körper herabfallen, als wären es Stöcke. «Ich dachte, du magst mich.»
    «Das tue ich auch. Viel lieber mag ich dich als die Ursel, die immer so schrill aufquiekt und alles haben will,was sie sieht. Aber ich kann’s nicht bestimmen, und du eben auch nicht.»
    «Willst du gar nicht kämpfen um mich?»
    «Kämpfen?»
    «Ja, kämpfen. Mit dem Schwert dem Drachen das Haupt abschlagen, um die Prinzessin zu freien.»
    «Wer spricht denn so was?»
    Rosamunde schluckte und winkte ab. Da packte der Falk sie bei den Oberarmen und zwang sie zu sich herum. Er presste seine harten Lippen auf ihren weichen Mund, bis sie sich wehrte. Er ließ von ihr ab, fuhr sich mit dem Ärmel vom Kinn bis zur Nase. «So, jetzt habt ihr beide was von mir. Die eine einen Kuss, und die andere kriegt den Maientanz.»
    Rosamund riss sich los. «So geht das nicht, so macht man das nicht.»
    Falk sah ihr nach, das Maul offen. «Wie denn dann? Und was überhaupt?»
    «Die Liebe», rief Rosamund. «Die Liebe geht so nicht. Sie ist anders, eine Himmelsmacht nämlich», und schlug die Tür des Schuppens hinter sich zu. Sie eilte in den Garten, zum Kirschbaum hin, und schmiegte ihre Wange an die raue Rinde des Stammes. Von hier aus konnte sie das Urselchen aufgeregt plappern hören. Auch die Stimme der Mutter drang an ihr Ohr. Weiche Töne, die nichts mit denen gemein hatten, die sie zu hören bekam.
    Die Mutter war   … sie war   … Rosamund wollte das Wort nicht denken. In der Bibel stand geschrieben: Du sollst Vater und Mutter ehren, viertes Gebot. Aber sie konntenicht anders, faltete die Hände, sah zum Himmel, bat um Verzeihung und dachte dann: Die Mutter ist dumm. Und das Urselchen ebenso.
    Sie wollte Falk nicht wieder begegnen, also wartete sie im Garten, bis er nach Hause gegangen war. Dann würde sie wieder in die Werkstatt zurückkehren. Dort war sie zu

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