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Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Titel: Das Mädchen mit den Teufelsaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Hause, dort musste sie den Blick nicht senken, und niemand hatte Furcht vor ihr. Es war noch gar nicht lange her, dass Dietrich, der alte Geselle, dessen Bart schon grau geworden war, sie angeschaut und gesagt hatte: «Bist eine Frau geworden. Rotermund solltest du heißen.»
    Und der Vater sprach mit ihr wie mit seinesgleichen. «Was meinst du, sollte der Fries einen oberen Abschluss aus Efeublättern haben oder würdest du Weinlaub malen?»
    Und natürlich Falk, der sich mühte, gleichwohl die Träume seines Vaters nicht so recht erfüllen konnte. «Rosamund, nimm du den Pinsel und zeichne mir die Umrisse. Ich hab’s nicht so mit der italienischen Art.»
    Nur zum Essen und zum Schlafen ging sie hinüber ins Wohnhaus. Zur Mutter und zum Urselchen. Sie saß dicht beim Vater, und wenn sie sprach, dann mit ihm. Der Mutter antwortete sie nur. Und Urselchen bemerkte gar nicht, dass Rosamund ihr nichts zu sagen hatte. Aber nun ging das Urselchen mit Falk zum Tanz, und sie musste dableiben.
    Im Grunde war ihr der Maientanz gleichgültig; sie war zu gern in der Werkstatt, ersehnte kein anderes Leben. Aber einmal wollte auch sie raus, wollte wissen, ob es nochstimmte, dass die Leute vor ihr flohen, ihrem Blick auswichen, sich die Hand verstohlen abwischten, wenn sie sie aus Versehen berührt hatten. In der Werkstatt war sie ein Mensch, draußen ein Ding. Ähnlich den Leprösen, die mit dichtem Gewand, großer Kapuze und einem Glöckchen durch die Gassen gingen, damit ein jeder gleich hörte, dass sie Dinge waren, eklige Dinge, von Gott verlassen und keine richtigen Menschen mehr. Aber die Leprösen, die hatten einander. Und sie hatte keinen und fühlte sich doch den Menschen so verwandt.
    Es war dunkel geworden, in der Werkstatt verloschen die Lichter. Rosamund schloss die Augen, streckte die Hände aus und ging langsam, einen Fuß vor den anderen setzend, aus dem Garten und über den Hof. Sie stieß an einen Trog, den sie anderswo vermutet hatte, schleifte an einer Wand entlang, rutschte aus und stürzte, ehe sie, die Augen noch immer fest geschlossen und die Arme nach vorn gestreckt, endlich die Werkstatttür fand.
    Der Geruch der Farben drang in ihre Nase, und sie öffnete die Augen. Dankbar sollte ich sein, dass ich sehen kann, dachte sie. Ohne Augen, gleich welcher Farbe, kann man nicht malen.

Siebtes Kapitel
    «Oh, o weh, es brennt, es brennt!»
    «Zeig her.» Rosamund ließ den Stößel fallen und rannte zu Falk, nahm seine Hand in die ihre und tupfte vorsichtig das Blut von der Wunde. «Es ist nichts, nur ein Splitter.»
    Sie träufelte ein wenig Leinöl auf ein Tuch und benetzte damit die Wunde. «Gleich hört es auf zu brennen. Ich binde dir einen Leinenstreifen darum, dann kannst du weiterarbeiten.»
    Sie schnitt ein Stück Tuch ab. Falk stand mit verzerrtem Gesicht daneben, die Hand vorgestreckt, als böte er sie zum Kauf feil. Rosamund sah in seinen Handteller. Es geschah ganz wie von selbst. Immer, wenn sich ihr eine Hand entgegenstreckte, las sie darin, las, was in Tonias Buch darüber geschrieben stand. Meist waren es harmlose Dinge, aber jetzt, bei Falk, da stockte ihr der Atem. Sie ließ das Leinen fallen. «Zeig noch einmal her.»
    «Was ist? Ist es so schlimm? Habe ich eine Blutvergiftung?»
    Rosamund schüttelte den Kopf. «Nein, eine Vergiftung hast du nicht, aber achtgeben musst du auf dich.»
    «Warum das?»
    Rosamund zögerte, fuhr mit dem Finger leicht über eine Linie, die sich dicht neben der kleinen Wunde entlangzog. Oben, dort wo der Venusberg die Ruhmlinie berührte, war eine gewölbte senkrechte Linie. Sie wusste genau, dass diese Linie vor kurzem noch nicht da gewesen war. Und sie wusste auch, warum. Es war die Sturzlinie, die sich bildete, kurz bevor eine gefährliche Krankheit ausbrach oder der Zufluss ungesunder Kräfte bevorstand.
    Ganz blass war der Falk, und die Hand zitterte ihm.
    «Es ist nichts weiter. Du solltest einfach achtgeben, dass dir nichts geschieht. Meide die Kranken und auch sonst alles, was dir schaden könnte.»
    «Bin ich in Gefahr?»
    Rosamund sah in seinen flackernden Blick. «Nicht mehr als andere Menschen auch.»
    Sie band ihm das Tuch um die Hand, verdeckte die Linie und hoffte, dass sie so verschwand.
    Den ganzen Tag über hielt sie Falk im Blick, wartete hinter dem Hoftor, als er vom Pferdemetzger einen Eimer mit Pferdepisse holte, darin Bleitafeln tränkte und diese in der Mitte des Misthaufens vergrub, dort, wo es schön warm war. Ein paar Tage später stand

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