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Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Titel: Das Mädchen mit den Teufelsaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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ihrem Schoß brannte nicht das Feuer der Sünde. Ihr Schoß war ruhig wie vorher. Sie leckte sich über die Lippen, schmeckte Staub und keinen Honig, der kleben blieb und sie für immer zur Hure machen würde, wenigstens in Gedanken. Die Mutter hatte gelogen, die Schwestern auch. Oder sie hatten es nicht besser gewusst.
    Beschwingt lief Rosamund nach Hause, stellte sich in den Türrahmen ihres Hauses, riss sich die Haube vom Kopf, schüttelte ihr Haar und kreuzte die Füße.
    Eine Nachbarin beugte sich aus dem Fenster. «Na, Rosamund, hast du nichts zu tun, dass du auf der Straßestehen und dem lieben Gott den Tag stehlen kannst?», rief sie und lachte dabei.
    «Einen Augenblick nur will ich hier stehen und die Sonne anschauen», erwiderte Rosamund.
    «Recht hast du! Genieße das Schöne, vom Schlechten haben wir alle genug!»
    Die Nachbarin hob die Hand zum Gruß und warf das Fenster zu. Ein Lehrjunge schusselte auf seinen Holzschuhen vorüber. Als er auf Rosamunds Höhe war, blieb er stehen, zog die Mütze vom Kopf und grüßte artig. Rosamund grüßte zurück. Der Lehrjunge lief oft hier vorüber; sie kannte ihn. Aber nie war er stehen geblieben und hatte sie gegrüßt.
    Vielleicht, dachte sie, lag es die ganze Zeit an mir. Was wäre geschehen, hätte man versucht, das Urselchen zu einer Heiligen zu machen? Gezetert hätte diese, gekeift und gespuckt. Und geblieben wäre sie die, die sie war. Das ist es, dachte Rosamund. Weil ich niemand war, konnte jeder aus mir machen, was er wollte. Sie hätte am liebsten aufgejauchzt, wollte in die Werkstatt und Matteo berichten, was sie verstanden hatte, doch da bildete sich am Ende der Gasse eine Menschentraube.
    Neugierig lief Rosamund hin und stellte sich zu den anderen Menschen. «Was ist passiert?», fragte sie.
    «Der Nachtwächter. Tollwütig ist er geworden», erwiderte eine neben ihr.
    «Ja», rief eine andere Frau, deren Körbe verrieten, dass sie gerade vom Markt zurückgekommen war. «Ins Narrenhaus hat man ihn sperren müssen. Gewütet hat er, dieganze Kate kurz und klein geschlagen und die Töpfe nach der Frau geworfen. Schaum ist ihm dabei aus dem Maul gequollen und Töne hat er ausgestoßen wie ein krankes Tier. Die Frau hat sich nicht zu helfen gewusst und hat die Büttel gerufen. Ja, und die haben ihn ins Narrenhaus gesperrt. Der Medicus musste kommen. Und der hat gemeint, die Tollwut sei es, denn mittlerweile hat der Nachtwächter gebellt wie ein Fuchs. Am Bein haben sie eine Bisswunde gefunden. Und jetzt sind die Stadtjäger unterwegs in der Bornheimer Heide, um nach dem tollwütigen Fuchs zu schauen. Aber gefunden haben sie ihn noch nicht, er scheint sich gut zu verstecken.»
    Ein Raunen ging durch die Menge. Einer wandte sich an Rosamund. «Kanntet Ihr ihn, den Nachtwächter?», fragte er.
    Rosamund erschrak. Was wollte der Mann damit sagen? Dass sie ihn verhext hatte? Sie schüttelte energisch den Kopf. «Nein, ich kannte ihn nicht. Nur gesehen habe ich ihn vom Fenster, wenn er abends mit seiner Fackel durch die Straßen ging und die Stunden ausrief. Es handelt sich doch um den, dem das blonde Haar an der Stirn schon ausgeht, oder?»
    «Ja, richtig, der ist es. Vier Kinder soll er haben, und das Kleinste noch in der Windel. Die arme Frau.»
    Die anderen Frauen nickten und seufzten. Da läuteten die Glocken der Nikolaikirche zur Mittagsstunde. Und plötzlich hatten sie es alle eilig, nach Hause und an die Töpfe zu kommen und den ihren die neuesten Nachrichten zu erzählen.
    Niemand warf Rosamund einen bösen Blick zu, keiner tuschelte oder zeigte mit dem Finger auf sie.
    Da wünschte sie allen einen guten Tag und ging zurück in ihr Haus.

Siebenundzwanzigstes Kapitel
    Matteo aß ohne Appetit.
    «Was ist mit dir? Hat dir die Geschichte vom Nachtwächter auf den Magen geschlagen?», wollte Rosamund wissen, und die Magd Ulla bekreuzigte sich rasch.
    Matteo schüttelte den Kopf. «In der Zunftstube war ich. Und Glück hatte ich, dass sie mich überhaupt eingelassen haben, da ich ja noch immer keiner von ihnen bin, Michael sei Dank.»
    «Was ist dort passiert?»
    Matteo machte eine wegwerfende Handbewegung. «Ach nichts. Einer war da, ein Meister aus der Nähe vom Friedberger Tor. Der wollte wissen, ob ich wahrhaftig das Buch vom Trithemius habe.»
    «Und was hast du geantwortet?»
    «Woher er denn weiß, dass ich es überhaupt habe. Und er hat gesagt, dass alle Welt davon spricht. Meinen Ring sollte ich ihm zeigen. Nur einen einzigen Blick wollte er darauf

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