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Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Das Mädchen mit den Teufelsaugen

Titel: Das Mädchen mit den Teufelsaugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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hält», fasste Rosamund zusammen. «Und für passend hält jeder, was der Nachbar sagt.»
    «Ja, so ist es. Wir haben eine Zeit, in der der Teufel den ganzen Tag ums Höllenfeuer tanzt, weil die Menschheit so verwirrt ist. Die Italiener haben sich auf die Antike besonnen, haben das Alte zurückerobert, weil es an Neuem fehlt. Ich sagte schon, es ist eine unruhige, schwierige Zeit, in der täglich unsere Gewissheiten in Frage gestellt werden. Neue Länder werden entdeckt, die Erde ist keine Scheibe mehr, und wie es in der Hölle aussieht, ist ebenfalls ungewiss.»
    «Vielleicht ist es Gottes Wille, dass in eine solche Zeit keine Kinder geboren werden?» Rosamund schüttelte sich leicht.
    «Deswegen, meine Liebe, ist es so wichtig, dass wir wissen, was für uns gut und böse ist. Wichtig auch, dass wir Ruhe zeigen in der allgemeinen Verwirrung.»
    Als sich das Zimmer vollständig verdunkelt hatte, entzündete Rosamund eine Bienenwachskerze, kniete sich vor Matteo und sagte: «Ich möchte aus deiner Hand lesen. Bevor wir all das tun, was wir tun müssen, möchte ich wissen, was uns erwartet. Gib mir deine Hand. Zum ersten und zum letzten Mal.»
    Matteo zögerte. «Was ändert es, wenn ich weiß, was mir die Zukunft bringt?», fragte er. «Ich kann das Schicksal nicht beeinflussen.»
    Rosamund überging seine Frage. «Ich muss wissen, was kommt. Eine Sicherheit brauche ich. Ruhe werde ich nur erringen, wenn ich Vertrauen habe. Im Handlesen habe ich mich noch nie getäuscht.»
    Sie nahm Matteos linke Hand, zog sie in die Nähe derKerze, strich sanft über den Handteller, fuhr mit dem Finger einige Linien nach.
    Matteo hatte den Blick abgewandt. Er sah in die leise flackernde Kerzenflamme, als könne er dadurch seinem Schicksal entgehen.
    Seine Hand mit den schlanken beweglichen Fingern sah seltsam grau aus. Rosamund zog die Unterlippe zwischen die Zähne und betrachtete die Nägel. Am Ringfinger zeigten sich senkrechte Kerben, die sich über den gesamten Nagel zogen. Ein Zeichen für Rückenschmerzen und Verspannungen. Sie nickte, hatte oft genug selbst erlebt, wie sich Matteo nach langem Bücken mit einem Seufzer, die Hand fest ins Kreuz gedrückt, erhob. Dann drehte sie die Hand herum und suchte nach der Lebenslinie, die sich im weiten, ruhigen Bogen um den Venushügel schwang. Daneben lag die Schicksalslinie, sie kam ihr ein wenig blass vor, doch das mochte am Kerzenlicht liegen. Aber die Kopflinie   – Rosamund erstarrte. Sie schloss die Augen, fuhr mit der empfindlichen Spitze des Zeigefingers darüber und schreckte zurück, als sie eine senkrecht nach oben zeigende Einkerbung in Höhe des kleinen Fingers fand. Rosamund presste Matteos Hand zusammen, bis er leise aufbegehrte, doch es änderte sich nichts. Die senkrechte Kerbe blieb. Rosamund holte ganz tief Luft.
    «Ist irgendetwas?», fragte Matteo.
    Rosamund schüttelte den Kopf. «Nein, eigentlich nicht. Deine Lebenslinie ist kräftig, die Schicksalslinie zeigt nichts, das nicht normal wäre.»
    «Aber etwas ist doch. Ich höre es an deiner Stimme.» Matteo wand sich aus Rosamundes Griff, fasste mit einer Hand nach ihrem Kinn und drückte es hoch, sodass sie ihm in die Augen sehen musste. «Also sag es mir. Was hast du gelesen?»
    «Ich glaube, es ist nicht wichtig. Da ist nur eine Kerbe, eine winzig kleine Kerbe an einer Stelle, an der keine sein sollte.»
    «Für was steht die Kerbe? Für etwas Schlechtes, nicht wahr?»
    Rosamund erwiderte: «Die Kerbe bedeutet, dass du dir den rechten Arm oder gar die rechte Hand verletzen wirst.»
    Matteo lachte auf. «Ach Gott, wenn es weiter nichts ist! Wie oft hatte ich dort schon blaue Flecken oder Prellungen. Mach dir darum keine Gedanken. Ich bin ein Handwerker. Und solche verletzen sich immer mal wieder.»
    «Ja», sagte Rosamund und verschwieg, dass blaue Flecken und Prellungen nicht in der Hand eingezeichnet waren.

Sechsundzwanzigstes Kapitel
    Jeden Tag lief sie durch die Stadt. Angeblich, weil die frische Luft und die Bewegung einer Frau, die sich ein Kind wünschte, guttaten. Das zumindest, wusste Rosamund, hatte die Hebamme der Ursula geraten, die sich deshalb an das Gegenteil gehalten und sich so wenig wie möglich bewegt hatte.
    Mit Ursula hatte sie seit ihrer letzten Begegnung kein einziges Wort mehr gewechselt. Und so erfuhr Rosamund nur von den Nachbarn, dass die Ursel ein Mädchen geboren hatte. Winzig sei es, ganz leicht und schmal, als hätte es in seiner wuchtigen Mama zu wenig Platz gehabt. Eine

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